Jakob Lorber: 'Bischof Martin - Die Entwicklung einer Seele im Jenseits'


25. Kapitel: Verschönertes Gemach. Unterschied des Denkens diesseits und jensseits. Einführung in die Entsprechungswissenschaft. Martins Tathunger und Erkenntnismüdigkeit.

Originaltext 1. Auflage 1896 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text u. Versnummerierung nach 3. Auflage 1960 Lorber-Verlag

01] Wir kommen nun in unser Gemach, das zwar nicht im reichsten Glanze prunket, aber dessen ungeachtet überaus geschmackvoll eingerichtet ist.

02] Als der B. M. dieses Gemach betritt, da erstaunt er sehr über die unerwartete einfache Pracht desselben, und spricht (Martin): „Aber liebste Freunde und Brüder! wer hat denn während der kurzen Zeit unseres Ausbleibens dieses Gemach so gereinigt, und so überaus zierlich hergestellt; denn es war früher ja ordinärer als die gemeinste Bauernstube? Auch die Fenster kommen mir viel größer vor, und Tische und Stühle so rein und geschmackvoll! O sagt mir doch, wie das zugegangen ist?!"

03] Rede Ich: „Lieber Bruder, siehe, das ging ganz einfach und natürlich vor. Siehe, so Jemand auf der Welt seine Wohnung ausschmücken will, da faßt er einen Plan aus seinem Verstande, und läßt allerlei Handwerker und Künstler kommen, die da nach seinem gefaßten Plane ihm die Wohnung ausschmücken müssen.

04] Diese Ausschmückung geht auf der Erde aber darum länger her, weil dort die Trägheit der Materie, die erst bearbeitet werden muß, ein überaus hemmendes Medium ist; hier aber fällt dieses Hemmniß weg, und so wird der Plan des Verstandes auch sogleich als ein vollbrachtes Werk dargestellt; denn was hier ein vollkommener Geist denkt, und das Gedachte zugleich auch will, so ist es auch schon vollendet also da, wie es gedacht wurde.

05] Aber freilich wohl ist hier in der ewigen Geisterwelt das Denken ein ganz anderes, als auf der Welt; auf der Welt besteht das Denken aus Ideen und Bildern, welche den Dingen der Welt und ihren Bewegungen und Veränderungen entnommen sind; hier aber besteht das Denken aus den Fähigkeiten des Geistes, die aus Gott in ihn gelegt sind, so sie durch die Werkthätigkeit der Liebe zu Gott und zum Nächsten gewecket und mit dem Lichte aus Gott erleuchtet werden.

06] „Siehe, dieses Gemach besteht nun lediglich aus deiner nun schon frei werkthätigen Liebe zum Nächsten; aber es ist noch nur ganz einfach zierlich, weil in dir das Gotteslicht noch nicht die Wurzel gefaßt und tief in dein Leben getrieben hat; wird bei dir auch das der Fall sein, dann wirst du dir alles dessen vollbewußt sein, und dir über alles selbst die genügendste Rechenschaft geben können! Aber dazu gehört die rechte Erkenntniß Gottes, die dir arg mangelt; die du aber bald erreichen wirst, so du in der Liebe stets mehr wachsen wirst. Nun aber setzen wir uns an den Tisch, an dem schon eine gemessene Stärkung unser harret, es sei!"

07] B. Martin spricht: „Ja, ja, so ist es; es ist zwar hier alles wunderbar, ein wahres zauberisches sogenanntes ‚Tischl deck dich'; aber man muß sich hier an die Wunder schon eben also gewöhnen, als wie man sich auf der Erde an die Naturwunder gewöhnt hatte; die zwar auch noch heutigen Tages, wie man auf der Welt zu sagen pflegt, kein Mensch vollends begreift und einsieht; aber man macht sich daraus nichts, weil man sich all solches unbegreifliche Zeugs angewöhnt hatte; also wird es auch hier gehen!

08] Ich bin überhaupt aufs volle Einsehen der Wunder Gottes eben nicht zu sehr versessen, und so ist es schon zum Aushalten, wenn man auch nicht alles, was da zum Vorscheine kommt, auf den Grund des Grundes einsieht. Wenn ich nur fortwährend etwas zu thun bekomme, und dazu manchmal so eine kleine Rast und Stärkung, wie sie eben jetzt vor uns auf dem schönen Tische in der Bereitschaft liegt, und habe euch um mich, dann verlange ich mir für die ganze Ewigkeit nichts Besseres!

09] Gott erkenne ich nun so weit, daß Er richtig Einer ist, in irgend einem ewig unzugänglichen Lichte, in welchem Lichte Er ist heilig, überheilig, allmächtig und endlos weise; mehr von Ihm, dem Unendlichen, zu wissen und zu kennen, würde ich sogar für eine Todsünde halten; daher lassen wir das, was für uns zu endlos unerreichbar ist, und begnügen uns dankbarst mit dem, was uns Seine Güte allergnädigst zukommen läßt."

10] Rede Ich: „Gut, gut, mein lieber Bruder, setzen wir uns zum Brode, und du Petr. hole dort aus der Kammer auch den mit Wein gefüllten Becher."

01] Wir kommen nun in unser Gemach, das zwar nicht im reichsten Glanze prunkt, dessenungeachtet aber überaus geschmackvoll eingerichtet ist.

02] Als Bischof Martin dieses Gemach betritt, erstaunt er sehr über die unerwartete einfache Pracht desselben und spricht: »Aber liebste Freunde und Brüder, wer hat denn während der kurzen Zeit unseres Ausbleibens dieses Gemach gereinigt und so überaus zierlich hergestellt? Denn es war früher ja ordinärer als die gemeinste Bauernstube. Auch die Fenster kommen mir viel größer vor und Tische und Stühle so rein und geschmackvoll! O sagt mir doch, wie das zugegangen ist!«

03] Rede Ich: »Lieber Bruder, das ging ganz einfach und natürlich vor. Siehe, so jemand auf der Welt seine Wohnung ausschmücken will, faßt er einen Plan aus seinem Verstande und läßt allerlei Handwerker und Künstler kommen, die nach seinem Plane die Wohnung schmücken müssen.

04] Diese Ausschmückung geht auf der Erde aber darum länger her, weil dort die Trägheit der Materie, die erst bearbeitet werden muß, ein überaus hemmendes Medium ist. Hier aber fällt dieses Hemmnis weg, und so wird der Plan des Verstandes auch sogleich als ein vollbrachtes Werk dargestellt. Denn was hier ein vollkommener Geist denkt und das Gedachte zugleich will, ist auch schon vollendet so da, wie es gedacht wurde.

05] Freilich ist hier in der ewigen Geisterwelt das Denken ein ganz anderes als auf der Welt. Auf der Welt besteht das Denken aus Ideen und Bildern, welche den Dingen der Welt und ihren Bewegungen und Veränderungen entnommen sind. Hier aber besteht das Denken aus den Fähigkeiten des Geistes, die aus Gott in ihn gelegt sind, so sie durch die Werktätigkeit der Liebe zu Gott und zum Nächsten geweckt und mit dem Lichte aus Gott erleuchtet werden.

06] Siehe, dieses Gemach besteht nun lediglich aus deiner nun schon frei werktätigen Liebe zum Nächsten. Aber es ist noch ganz einfach zierlich, weil in dir das Gotteslicht noch nicht Wurzel gefaßt und tief in dein Leben getrieben hat. Wird bei dir auch das der Fall sein, dann wirst du dir dessen voll bewußt sein und dir über alles selbst die genügendste Rechenschaft geben können. Aber dazu gehört die rechte Erkenntnis Gottes, die dir noch mangelt, die du aber bald erreichen wirst, so du in der Liebe stets mehr wachsen wirst. Nun aber setzen wir uns an den Tisch, an dem schon eine gemessene Stärkung unser harrt. Es sei!«

07] Bischof Martin spricht: »Ja, ja, so ist es! Es ist zwar hier alles wunderbar, ein wahres zauberisches 'Tischlein-deck-dich'. Aber man muß sich hier an die Wunder ebenso gewöhnen wie auf der Erde an die Naturwunder, die zwar auch noch heute kein Mensch völlig begreift und einsieht, aber man macht sich daraus nichts, weil man sich an all solches unbegreifliche Zeug gewöhnt hat. Also wird es auch hier gehen.


08] Ich bin überhaupt aufs volle Einsehen der Wunder Gottes eben nicht allzu versessen. Und so ist es schon zum Aushalten, wenn man auch nicht alles, was da zum Vorscheine kommt, auf den Grund des Grundes einsieht. Wenn ich nur fortwährend etwas zu tun bekomme und dazu manchmal so ein kleine Rast und Stärkung, wie sie eben jetzt vor uns auf dem schönen Tische in Bereitschaft liegt, und habe euch um mich, dann verlange ich mir für die ganze Ewigkeit nichts Besseres!

09] Gott erkenne ich nun so weit, daß Er richtig Einer ist in irgendeinem ewig unzugänglichen Lichte, darin Er ist heilig, überheilig, allmächtig und endlos weise. Mehr von Ihm, dem Unendlichen, zu wissen und zu kennen würde ich sogar für eine Todsünde halten. Daher lassen wir das, was für uns endlos unerreichbar ist und begnügen uns dankbarst mit dem, was uns Seine Güte allergnädigst zukommen läßt!«

10] Rede Ich: »Gut, gut, mein lieber Bruder, setzen wir uns zum Brote und du, Petrus, hole dort aus der Kammer auch den mit Wein gefüllten Becher!«

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