Jakob Lorber: 'Bischof Martin - Die Entwicklung einer Seele im Jenseits'


102. Kapitel: Borems gute Winke über den inneren Verkehr mit Jesus und über die Behandlung von stoischen Naturen.

Originaltext 1. Auflage 1896 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text u. Versnummerierung nach 3. Auflage 1960 Lorber-Verlag

01] Borem geht zu ihm und spricht: „Bruder Martin, wie geht es dir nun mit deinem Muthe? ist er dir schon zu kurz geworden, oder wird er dir erst zu kurz werden?!"

02] Spricht B. Martin: „Ah, geh', das ist ja gerade rein zum Durchgehen! Bei diesen Chinesen scheint wohl noch so manches der altasiatischen Poesie geblieben zu sein, und das ist aber auch alles, was sie von einer geistigen Bildung inne haben; in allem übrigen aber sind sie höchst sicher das dümmste Volk der ganzen Erde; Kaffern, Hottentotten, Madagaskaresen, Australier und Neuseeländer müssen gegen diese Glattköpfe ja wahre Platos und Sokratese sein?!

03] Stelle dir's vor! was meinst du lieber Bruder, für was mich nun diese Holde Pekings hält! ah, es ist wirklich lächerlich toll! hör! für nichts mehr und für nichts weniger, als platterdings für einen wirklichen Esel! weißt, nicht etwa nur, wie man zu sagen pflegt, für einen allegorischen, sondern ganz im vollsten Ernste für einen wirklichen Esel! Erlaube mir, Bruder! das ist denn doch etwas zu stark!?"

04] Spricht Borem: „Allerdings ist das etwas Starkes, einen Hausherrn, und das einen himmlischen Hausherrn für einen wirklichen Esel zu halten; aber da mache du dir nur gar nichts daraus; denn siehe, nur auf diese Art konntest du ihrer Anforderung an dich vollends los werden, und das hast du nur dem Herrn zu verdanken, der allein diese Sache also gewendet hat, zu deinem und der armen Chanchah Bestem; sei du daher nur ruhig, und stecke alles geduldig ein, was dir zu Theile ward; nach der rechten Weile wird sich schon Alles wieder ausgleichen!

05] Weißt du, mein liebster Bruder Martin, bilde du dir in der Zukunft auf deine Hausherrlichkeit nichts ein, so wirst du um's 100fache leichter fortkommen, und alles leicht ertragen! Auch mit dieser Chanchah wirst du leichter überorts kommen!"

06] Spricht B. Martin: „Ja, ja, du hast recht, ich sehe nun schon ein, daß ich da nimmer Hausherr sein solle, wo der Herr eingezogen ist; aber es pitzelt Einem, weißt du, manchmal noch äußerst gewaltig darnach, so ein Bischen was zu sein! Aber ich sehe es nun ganz rein ein, daß es das Allerbeste ist, gar nichts zu sein!

07] Wegen der dummen Beschimpfung von Seite dieser Chinesin aber bin ich nun schon wieder ganz in der vollsten Ordnung, d. h. ich habe ihrer Dummheit alles verziehen; aber daß ich wohl weiser Maßen mich mit ihr für die Zukunft eben nicht zu viel abgeben werde, dessen kannst du vollends versichert sein! denn da ich schon einmal als ein Esel deklarirt worden bin, so werde ich als solcher auch nicht zum zweiten Male aufs Eis gehen!"

08] Spricht Borem: „Bruder, du hast schon recht nun, aber rede nur nicht zu laut; denn die Chanchah giebt nun auf jede deiner Bewegungen und Mienen mit den schärfsten Augen Acht! weißt, es ist in ihr durchaus nichts Böses; aber dafür ein desto größerer Drang, über all das Heer der Mysterien ihres Landes hier im Geisterreiche ins Klare zu kommen, darum sie denn auch so zu sagen alles aufbietet, um hier wenigstens über den wichtigsten Punkt ihres Glaubens ins Klare zu kommen.

09] Denn wie diese Chinesin, also pflegen alle jene Menschen sich hier zu benehmen, in deren Lande auf der Erde oft die allerkrassesten und zahllosen Geheimnisse bezüglich des Hierseits zu Hause sind. Das ist an und für sich eine sicher sehr löbliche Eigenschaft dieser Menschen; aber man muß mit ihnen dennoch äußerst behutsam zu Werke gehen, gleich wie mit sehr ausgehungerten Menschen auf der Erde, denen man auch nicht gleich anfangs gestatten darf, sich aus einer vollsten Schüssel nach dem großen Appetite vollsatt zu essen, sondern erst nach und nach, weil sie sonst an ihrer Gesundheit einen großen Schaden erleiden würden!

10] Es ist allerdings wahr und löblich, daß diese auf der Erde in großer Finsternis gehaltenen Menschen einen nun hier unmäßigen Hunger und Durst nach der endlichen Enthüllung ihrer zahllosen Geheimnisse haben; aber alle diese zahllosen Geheimnisse, durch die eben dieser Menschen Phantasie und Dichtergabe im höchsten Grade genährt ward, sind bei eben auch diesen Menschen mit solchen Bildern und Ideen ausgestattet, daß sie zur inneren Schöpfung geworden sind, und gewisserart nahe vollends ihr gesamtes Wesen ausmachen.

11] Würde man ihnen nun hier gleich mit dem reinsten Lichte kommen, da würde sie dieses völlig vernichten, da es ihr eigenes Wesen so gut wie völlig auflösen möchte; daher muß man mit ihnen nahe also verfahren, als mit einem alten, sehr schadhaften Hause, wo man auch nur theilweise mit den Ausbesserungen zu Werke gehen muß, wenn man das Haus nicht mit einem zu allgemein kräftigen Angriffe vollends zerstören will; so aber ein Haus zerstört ist, da ließe sich freilich wohl ein neues in gleicher Form erbauen, mit ganz neuen Bestandtheilen; aber mit einem Menschen geht es nicht also; denn da müssen alle seine Bestandtheile verbleiben, ansonst er vollends aufhört, ein und derselbe Mensch zu sein!

12] Ich hoffe, du hast mich nun verstanden, und so sei nun nur auf deiner Hut, und rede und thue besonders mit diesen Chinesen nichts, als was der Herr mir und dir anzeigen wird, so wird alles in der besten Ordnung gehen; auch mußt du den Herrn wie auch mich vor diesen Menschen ja nichts laut fragen, sondern blos nur im Herzen, und es wird dir dann schon auch ins Herz die Antwort gelegt werden, gleich wie mir, der ich auch fortwährend den Herrn frage, was hier und da zu thun ist, und der Herr mir dann auch augenblicklich anzeigt, was ich zu thun und nöthigenfalls auch laut zu reden habe!

13] Gebe nun nur Acht, die Chinesin naht sich dir; denke nicht, was du reden möchtest; sondern frage nur im Herzen sogleich den Herrn, und Er wird es dir sogleich ins Herz legen, was du zu reden hast. Nun weißt du alles, handle also darnach, so wird alles gut gehen, aber beleidigen darf es dich in keinem Falle, so du von der Chanchah noch einige Male als ein wirklicher Esel begrüßt werden wirst!"

01] Borem tritt zu ihm und spricht: »Bruder Martin, wie geht es dir nun mit deinem Mute? Ist er dir schon zu kurz geworden, oder wird er dir erst zu kurz werden?«

02] Spricht Bischof Martin: »Ach, geh, das ist ja rein zum Durchgehen! Bei diesen Chinesen scheint wohl noch so manches der altasiatischen Poesie geblieben zu sein, das ist aber auch alles, was sie von einer geistigen Bildung innehaben. In allem übrigen aber sind sie höchst sicher das dümmste Volk der ganzen Erde. Kaffern, Hottentotten, Madagaskaresen, Australier und Neuseeländer müssen gegen diese Glattköpfe ja wahre Platos und Sokratesse sein!

03] Stelle dir vor - was meinst du, lieber Bruder, wofür mich nun diese Holde Pekings hält? Ach, es ist wirklich lächerlich toll! Höre, für nichts mehr und weniger als platterdings für einen wirklichen Esel! Nicht etwa nur für einen allegorischen, sondern ganz im vollsten Ernste für einen wirklichen Esel! Erlaube mir, Bruder, das ist denn doch etwas zu stark!«

04] Spricht Borem: »Allerdings ist das etwas Starkes, einen Hausherrn - und sogar einen himmlichesn Hausherrn für einen wirklichen Esel zu halten! Aber da mache du dir nur gar nichts daraus. Denn nur auf diese Art konntest du ihre Anforderung an dich vollends loswerden. Und das hast du nur dem Herrn zu verdanken, der allein diese Sache so gewendet hat zu deinem und der armen Chanchah Bestem. Sei du daher nur ruhig und stecke alles geduldig ein, was dir zuteil ward; nach der rechten Weile wird sich schon alles wieder ausgleichen.


05] Weißt du, liebster Bruder Martin, bilde dir in Zukunft auf deine Hausherrlichkeit nichts ein, so wirst du ums Hundertfache leichter fortkommen und alles leicht ertragen. Auch mit dieser Chanchah wirst du leichter überorts kommen.«

06] Spricht Bischof Martin: »Ja, du hast recht! Ich sehe nun ein, daß ich da nimmer Hausherr sein sollte, wo der Herr eingezogen ist. Aber es kitzelt einen manchmal noch gewaltig danach, so ein bißchen was zu sein! Ich sehe es nun ganz ein, es ist das Allerbeste, gar nichts zu sein!

07] Wegen der dummen Beschimpfung von Seite dieser Chinesin aber bin ich nun schon wieder in vollster Ordnung, d. h. ich habe ihrer Dummheit alles verziehen. Aber daß ich weisermaßen mich mit ihr für die Zukunft eben nicht zu viel abgeben werde, dessen kannst du völlig versichert sein. Denn da ich schon einmal als ein Esel deklariert wurde, werde ich als solcher auch nicht zum zweiten Male aufs Eis gehen!«

08] Spricht Borem: »Bruder, du hast schon recht, aber rede nur nicht zu laut. Denn die Chanchah gibt nun auf jede deiner Bewegungen und Mienen mit den schärfsten Augen acht. Weißt, es ist in ihr durchaus nichts Böses, aber dafür ein desto größerer Drang, über das Heer von Mysterien ihres Landes hier im Geisterreiche ins klare zu kommen. Darum bietet sie denn auch alles auf, um hier wenigstens über den wichtigsten Punkt ihres Glaubens ins klare zu kommen.

09] Wie diese Chinesin, so pflegen sich alle jene Menschen hier zu benehmen, in deren Lande auf der Erde oft die krassesten und zahllosen Geheimnisse bezüglich des Hierseits zu Hause sind. Das ist an und für sich eine sicher sehr löbliche Eigenschaft dieser Menschen. Aber man muß mit ihnen dennoch äußerst behutsam zu Werke gehen. Sie gleichen sehr ausgehungerten Menschen auf der Erde, denen man auch nicht gleich anfangs gestatten darf, sich aus einer Schüssel nach dem großen Appetit vollsatt zu essen, sondern erst nach und nach, weil sie sonst an ihrer Gesundheit großen Schaden erleiden würden.

10] Es ist allerdings wahr und löblich, daß diese auf der Erde in großer Finsternis gehaltenen Menschen einen nun hier unmäßigen Hunger und Durst nach endlicher Enthüllung ihrer zahllosen Geheimnisse haben. Aber alle diese Geheimnisse, durch die eben dieser Menschen Phantasie und Dichtergabe im höchsten Grade genährt ward, sind bei ihnen mit solchen Bildern und Ideen ausgestattet, daß sie zur inneren Schöpfung geworden sind und nahezu völlig ihr gesamtes Wesen ausmachen.

11] Würde man ihnen hier gleich mit dem reinsten Lichte kommen, würde sie dieses völlig vernichten, da es ihr eigenes Wesen so gut wie völlig auflösen möchte. Daher muß man mit ihnen beinahe so verfahren wie mit einem alten, schadhaften Hause, wo man auch nur teilweise mit Ausbesserungen zu Werke gehen muß, will man das Haus nicht mit einem zu allgemein kräftigen Angriffe vollends zerstören. So aber ein Haus zerstört ist, ließe sich freilich ein neues in gleicher Form erbauen mit ganz neuen Bestandteilen. Aber mit einem Menschen geht es nicht: da müssen alle seine Bestandteile verbleiben, ansonsten er vollends aufhört, ein und derselbe Mensch zu sein.

12] Ich hoffe, du hast mich nun verstanden, und so sei nun nur auf deiner Hut. Rede und tue besonders mit diesen Chinesen nichts, als was der Herr mir und dir anzeigen wird, so wird alles in der besten Ordnung gehen. Auch mußt du den Herrn wie auch mich vor diesen Menschen nichts laut fragen, sondern bloß nur im Herzen. Es wird dir dann schon ins Herz die Antwort gelegt werden gleichwie mir. Auch ich frage fortwährend den Herrn, was hier und da zu tun ist. Und der Herr zeigt mir dann auch augenblicklich an, was ich zu tun und nötigenfalls auch laut zu reden habe!

13] Gib nun nur acht, die Chinesin naht sich dir. Denke nicht, was du reden möchtest, sondern frage nur im Herzen sogleich den Herrn, und Er wird es dir sogleich ins Herz legen, was du zu reden hast! Nun weißt du alles; handle darnach, so wird alles gut gehen. Aber beleidigen darf es dich in keinem Falle, so du von der Chanchah noch einige Male als ein wirklicher Esel begrüßt werden wirst!«

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