Jakob Lorber: 'Bischof Martin - Die Entwicklung einer Seele im Jenseits'


147. Kapitel: Kritik der drei Schönen über die entbehrungsreiche Gotteskindschaft auf der Erde.

Originaltext 1. Auflage 1896 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text u. Versnummerierung nach 3. Auflage 1960 Lorber-Verlag

01] Bei dieser Beschreibung stehen die drei Sonnentöchter wieder auf und sagen: „O Du erhabenster Freund und Meister großer Weisheit! Wenn der große Gott Seine werdenden Kinder so behandelt, da schaffen wir von solch einer Kindschaft ewig nichts! Denn, wenn dann auch Einer vielleicht aus Tausenden durch ein ganz entsetzlich selbstverleugnendes Leben, mit der so hart und schwer errungenen Kindschaft, alle Fähigkeiten des Allerhöchsten überkommen hätte, so sind sie aber dennoch nichts gegen solche Leiden, und dreimal nichts, weil sie nur Jenem zu Theile werden können, der durch sein Leben am meisten alles erdenkliche Elend geduldigst ausgestanden hat.

02] Denn was nützet einem solchen Kinde wohl selbst die größtmöglichste Seligkeit, die ihm ein allerhöchster, allmächtigster Gottgeist nur immer bereiten kann? Wenn ihm die Erinnerung bleibt, was er einst darum hat ausstehen müssen, so muß sie ihm jede Seligkeit verbittern auf ewig, und das um so mehr, so er daneben gewahr werden muß, daß seine ebenbürtigen Brüder sicher zu tausenden allerelendst in irgend einem ewigen Straforte schmachten, während er vielleicht aus vielen Eonen der Einzige glücklich seine erschrecklichste Lebensaufgabe gelöset hat!

03] Erinnert er sich aber seines einstigen Elendes nicht, und kümmern ihn seine ewig unglücklichsten Brüder nimmer, darum er allein das nahe unerreichbare Glück hatte, ein Kind Gottes zu werden, da ist er um sein Leben betrogen, da er ohne Rückerinnerung doch unmöglich sagen kann, daß er ihm solch eine Glückseligkeit erworben habe; und kennt er die nimmer, die neben ihm elendst geworden sind, da ist bei uns ein Kind im Mutterleibe ja schon weiser und erleuchteter, denn so ein elendes Gotteskind, das von seiner Gotteskindschaft außer einer stumpfen Seligkeit sicher nichts, als blos nur den leersten und bedeutungslosesten Namen hat!

04] O, bei so bewandten Umständen - höre Du - wenn auch ein allererster Sohn Gottes, schaffen wir von der Gotteskindschaft nichts, und könnten wir auch Dir gleichgestellt werden, vorausgesetzt, daß Dich Deine Gotteskindschaft auch verhältnißmäßig große Vorleiden gekostet hatte!? - Wir begreifen aber da auch die Weisheit Gottes nicht, wie sie an solchen durchgemarterten Wesen ihre Lust haben kann! Wahrlich, solch ein Gott, und unser Gott, die müssen wenig von einander wissen!

05] Ihr dauert uns wirklich von ganzem Herzen; kommet mit uns! und bleibet bei uns, da solle es euch besser gehen, als bei euerem Gott, der nur Freude an den Elenden hat!

06] Wohl ist eure Liebe etwas Süßes, und ist zum Theile die Basis des Lebens; aber was nützt all diese Lebenssüßigkeit, so dabei der Geist ein ewig gebundener bleibt, und seine Bewegung so gut wie keine ist, da es ihm nur gegönnt ist, sich innerhalb der engstgezogenen Schranken einer bestimmtesten Ordnung zu bewegen!

07] Wir Menschen hier auf dieser großen Welt sind wahrhaft frei, und die alleinige Weisheit ist es, die uns frei macht, und unterthänig alle Dinge der Weisheit unserer Geister; da wir aber eben in und durch die Weisheit frei sind, und die Liebe blos nur als eine stumme vegetative Kraft betrachten, so giebt es bei uns aber keine Gebrechen, weder physisch, und noch weniger sittlich.

08] Wir sind vollkommen in der Gestalt, vollkommen im Denken, Begehren und Handeln; und nichts könnet ihr bei uns finden, weder in den Thälern, noch auf den Bergen, das da nur mit der geringsten Unvollkommenheit behaftet wäre;

09] Neid, Zorn, Ehrsucht, Geiz, Gailheit und Herrschsucht sind dieser Welt, soweit wir sie kennen, völlig fremd; denn die rechte Weisheit lehret uns in Allem gleiche Rechte und gleiche Vorzüge; denn wir Alle sind vollkommene Ebenmaße des allerhöchsten Geistes, und ehren diesen in uns gegenseitig durch die rechte Weisheit, die wir von Ihm haben! und sehet, das ist eine rechte, dieses Geistes würdige Ehrung.

10] Ihr aber meinet, durch die alleinige Liebe werdet ihr Ihn gewinnen, und werdet seine allmächtigen Kinder sein!? O ihr Elenden, o ihr Schwachen! meinet ihr, als vermeintliche Kinder, denn doch im Ernste - man darf nur so ein wenig juckenden Herzens dem höchsten Geiste kommen, und Ihm, gleich wie einem neugeborenen Kinde, nur einen süßlichen Saugzuzel antragen, um Ihn zu gewinnen!?

11] O da seid ihr Alle in einer sehr bedauerlichen Irre, und zeiget dadurch, daß euch als selbst schon vollkommenst sein wollenden oder sollenden Geistern der Begriff ‚Geist' vollkommen fremd ist; ihr kennet euch nicht, habt euch noch nie erkannt; wie wollet ihr dann erst den ewigen Urgeist aller Geister kennen, und am Ende gar Seine ausgezeichnetsten Kinder sein? Kommet zu uns in die Schule, da werdet ihr zuerst euch, und sodann erst den allerhöchsten Geist kennen lernen!

01] Bei dieser Beschreibung stehen die drei Sonnentöchter wieder auf und sagen: »O du erhabenster Freund und Meister großer Weisheit! Wenn der große Gott Seine werdenden Kinder so behandelt, da halten wir von solch einer Kindschaft ewig nichts! Denn wenn dann einer vielleicht aus Tausenden durch ein entsetzlich selbstverleugnendes Leben mit der so hart und schwer errungenen Kindschaft alle Fähigkeiten des Allerhöchsten erreicht hätte, so sind sie aber dennoch nichts gegen solche Leiden! Und dreimal nichts, weil sie nur jenem zuteile werden, der sein Leben hindurch am meisten alles erdenkliche Elend geduldig ausgestanden hat.


02] Was nützt einem solchen Kinde wohl selbst die größtmögliche Seligkeit, die ihm ein allmächtigster Gottgeist nur immer bereiten kann? Wenn ihm die Erinnerung bleibt, was er einst darum hat ausstehen müssen, so muß sie ihm jede Seligkeit auf ewig verbittern. Und das um so mehr, so er daneben gewahr werden muß, daß seine ebenbürtigen Brüder sicher zu Tausenden allerelendst in irgendeinem ewigen Straforte schmachten, während er vielleicht aus vielen Äonen als der einzige glücklich seine schreckliche Lebensaufgabe gelöst hat.


03] Erinnert er sich aber seines einstigen Elendes nicht und kümmern ihn seine unglücklichsten Brüder nimmer, weil er allein das nahezu unerreichbare Glück hatte, ein Kind Gottes zu werden, da ist er um sein Leben betrogen. Denn ohne Rückerinnerung kann er unmöglich sagen, daß er sich solch eine Glückseligkeit erworben habe. Kennt er jedoch die nimmer, die neben ihm elendst geworden sind, dann ist bei uns ein Kind im Mutterleibe ja schon weiser und erleuchteter denn so ein elendes Gotteskind, das von seiner Gotteskindschaft außer einer stumpfen Seligkeit sicher nichts als bloß einen leeren und bedeutungslosesten Namen hat!

04] Bei so bewandten Umständen - höre du, wenn auch ein allererster Sohn Gottes! - halten wir von der Gotteskindschaft nichts, könnten wir selbst dir gleichgestellt werden. Vorausgesetzt, daß dich deine Gotteskindschaft auch verhältnismäßig große Vorleiden gekostet hat! Wir begreifen da aber auch die Weisheit Gottes nicht, wie sie an solchen gemarterten Wesen ihre Lust haben kann? Wahrlich, solch ein Gott - und unser Gott, die müssen wenig voneinander wissen!

05] Ihr dauert uns wirklich von ganzem Herzen! Kommt mit uns und bleibt bei uns, da soll es euch besser gehen als bei eurem Gott, der nur Freude an den Elenden hat!

06] Wohl ist eure Liebe etwas Süßes und ist zum Teil die Basis des Lebens. Aber was nützt all diese Lebenssüßigkeit, so dabei der Geist ein ewig gebundener bleibt, und so seine Bewegung so gut wie keine ist, da es ihm nur gegönnt ist, sich innerhalb der engstgezogenen Schranken einer bestimmten Ordung zu bewegen?

07] Wir Menschen hier auf dieser großen Welt sind wahrhaft frei. Allein die Weisheit ist es, die uns frei macht und untertänig alle Dinge der Weisheit unserer Geister. Da wir aber eben durch Weisheit frei sind und die Liebe bloß nur als eine stumme, vegetative Kraft betrachten, so gibt es bei uns auch keine Gebrechen, weder physisch noch sittlich.

08] Wir sind vollkommen in der Gestalt, vollkommen im Denken, Begehren und Handeln. Nichts könnt ihr bei uns finden, weder in den Tälern noch auf den Bergen, das da nur mit der geringsten Unvollkommenheit behaftet wäre.

09] Neid, Zorn, Ehrsucht, Geiz, Geilheit und Herrschsucht sind dieser Welt - soweit wir sie kennen - völlig fremd; denn die rechte Weisheit lehrt uns in allem gleiche Rechte und gleiche Vorzüge. Denn wir alle sind vollkommene Ebenmaße des allerhöchsten Geistes und ehren diesen in uns gegenseitig durch die rechte Weisheit, die wir von Ihm haben. Und seht, das ist eine rechte, dieses Geistes würdige Ehrung!

10] Ihr aber meint, durch die Liebe allein werdet ihr Ihn gewinnen und werdet Seine allmächtigen Kinder sein? O ihr Elenden, o ihr Schwachen, meint ihr als vermeintliche Kinder im Ernste, man dürfe nur so ein wenig juckenden Herzens dem höchsten Geiste kommen und Ihm gleich einem neugeborenen Kinde nur einen süßlichen Saugzuzel antragen, um Ihn zu gewinnen?!

11] Oh, da seid ihr alle in sehr bedauerlicher Irre und zeigt dadurch, daß euch als selbst schon vollkommen sein wollenden oder sollenden Geistern der Begriff 'Geist' vollkommen fremd ist! Ihr kennt euch nicht, habt euch - noch nie erkannt, - wie wollt ihr dann erst den ewigen Urgeist aller Geister kennen und am Ende gar Seine ausgezeichnetsten Kinder sein? Kommt zu uns in die Schule, da werdet ihr zuerst euch und dann erst den allerhöchsten Geist kennenlernen!«

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