Jakob Lorber: 'Bischof Martin - Die Entwicklung einer Seele im Jenseits'


186. Kapitel: Reine Freude von Kindern ist auch Freude des Himmelvaters. Ein heiliges Liebes- und Gottesgeheimnis. Von der kindlichen Einfalt.

Originaltext 1. Auflage 1896 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text u. Versnummerierung nach 3. Auflage 1960 Lorber-Verlag

01] Petrus und Martin kehren nun wieder zu Mir in das Sonnenhaus zurück, und der Martin will sogleich treuherzig zu erzählen beginnen, was nun draußen vor sich gegangen ist.

02] Aber Petrus sagt zu ihm so wie insgeheim: „Bruder, was willst du denn dem Herrn erzählen, als wüßte Er es etwa nicht, und das um eine Ewigkeit früher, als alles, was hier ist, diese Sonne und wir Beide als wirklich erschaffen da waren. Schau, schau! weißt du denn nicht, daß der Herr von Ewigkeit her allwissend ist?"

03] Martin schlägt sich auf die Stirne, und spricht nach einer Weile: „O Bruder, und Du besonders, o Herr, müßt mir schon vergeben, daß ich noch immer von Weile zu Weile in eine Art irdischer Dummheit verfalle.

04] Es ist wahr, ja nur zu wahr, daß Du, o Herr, allwissend bist und brauchst Dir wohl ewig nie von Jemanden etwas vorerzählen zu lassen, um dadurch zur Kenntniß von irgend einer Sache oder Handlung zu gelangen; aber es liegt dennoch in mir der freilich sicher nur irdisch dumme Trieb, Dir wie auf Erden irgend einem Freunde erzählen zu wollen, als wüßtest Du noch nicht darum; ich sehe es ein, daß solch ein Trieb sehr dumm ist.

05] Aber ich habe dabei doch auch die sichere Erwartung, daß Du, o Herr, mir solch eine irdisch angewohnte Dummheit gnädigst vergeben und nachsehen wirst. Denn in der Folge werde ich mich schon besser und fester zusammen nehmen, und solche Thorheiten nach allen meinen Kräften vermeiden."

06] Rede Ich: „No, no, Mein lieber Sohn Martin, es ist die Sache nicht gar so weit gefehlt, als du nun meinest, so man Mir etwas beschreibet oder erzählet; denn alle Kinder reden gerne, und mit Mir schon überaus gerne.

07] Würde Ich darum Mir von Meinen Kindlein nichts vorerzählen lassen, weil Ich allwissend bin, so würde zwischen Mir und euch Meinen Kindlein wohl ewig nie ein Wort gewechselt werden; aber weil Ich eben will, daß da Meine Kinder ewig nie um eine Freude verkümmert werden sollen, daher sollen sie Mir auch alles erzählen, was sie irgend wo und wann für Erfahrungen machen, was sie hören und zu sehen bekommen.

08] Denn Ich versichere euch bei der ewigen Treue und Liebe Meines Vaterherzens: Mir macht nur das Freude, was Meinen Kindlein Freude macht. Nicht Meine Gottheit, nicht Meine Weisheit und Allmacht, und so auch nicht Meine Allwissenheit, sondern allein die große Liebe zu Meinen wahren Kindern, die Mich lieben, wie ihr Alle, nun um Mich Versammelten, das macht die höchste Glückseligkeit Meines ganzen Wesens aus.

09] Glaubet es Mir, Ich war seliger am Kreuze endlos Male, als da Ich durch Mein allmächtiges Wort Himmel und Erde zu gestalten begann. Denn als Schöpfer stand Ich, ein unerbittlicher Richter, in der Mitte Meiner ewig unzugänglichen Gottheit! Aber am Kreuze hieng Ich als ein zugänglichster Vater voll der höchsten Liebe, umgeben von so manchen Kindlein schon, die in Mir den Vater zwar noch nicht völlig erkannt hatten, da ihnen der gekreuzigte Sohn, d. i. des Vaters Leib, im Wege stand, aber Mich dennoch aus allen ihren Kräften als den Sohn des allerhöchsten Vaters über alles liebten.

10] Wahrlich sage Ich euch, ein Herz, das Mich wahrhaft liebt, giebt Mir mehr als alle Himmel und Welten mit aller ihrer Herrlichkeit; ja, Ich will 99 Himmel verlassen und ein Herz suchen, das Mich lieben kann.

11] Wo aber ist die Mutter, die da hätte in ihrem Hause eine große Gesellschaft und Musik und ergötzlich Spiel aller Art, und hätte aber ein neugebornes Kind, und vernähme aber in der Mitte ihrer gastlichen Freude, daß das neugeborne Kind weine und in einer Erkrankungsgefahr stehe, daß sie da nicht sogleich dieselbige Gesellschaft verließe und eilete zu ihrem Kindlein?! Denn von der Gesellschaft erwartet sie wohl mit Recht Dank und Achtung, aber in der Brust ihres Kindes schlägt ein Herz, in dem Liebe zu ihrem Mutterherzen gesäet ist.

12] Ja, Ich sage es euch Allen: Auch diese Mutter würde 99 der glänzendsten Gesellschaften verlassen und eilen zu ihrem Kinde, der künftigen Liebe wegen, da ein kleines Fünklein wahrer Liebe höher stehet als tausend Welten voll des mächtigsten Wunderglanzes!

13] So aber schon eine irdische Mutter das thäte, um wie viel mehr Ich, Der Ich zu Meinen Kindern Alles bin in der Fülle als Vater und als Mutter. Als Vater in Meinem Herzen, und als eine Mutter in der Geduld, Sanftmuth und endlosen Güte.

14] Daher, ihr Meine geliebten Kindlein, scheuet euch ja nicht vor Mir, und redet und erzählet Mir, so ihr was höret oder sehet, und machet Luft der Liebe eures Herzens; denn Mich erfreuen Meine wundervollsten Erschaffungen erst dann, so sie euch erfreuen.

15] Oder weiß die Mutter etwa nicht darum, was ihr kleines Kindlein zu ihr lallend spricht? und doch macht ihr der erste Ruf: ‚Mutter' aus dem Munde ihres Lieblings tausend Mal mehr Freude, so undeutlich er auch ausgesprochen wird, als die gediegenste Rede eines Weisen.

16] Was sind die kühnsten Gedanken über Welten, Sonnen, Völker und Engel gegen den allein dem liebekeimenden Herzen des Kindes entsproßnen Ruf: ‚Liebe Mutter!' Eben also auch bei Mir. Was wohl gleicht dem an Größe, so ein Mich liebend Kindlein, kaum erwacht aus seinem nothwendig vorangehenden Gerichtsschlafe, frei und wahr: ‚Lieber Vater!' ruft.

17] Daher lasse auch du, Mein geliebter Sohn Martin, in der Zukunft dich nicht beirren im Drange deines Herzens, und eben also auch ihr Alle nicht, denn eure kindliche Einfalt steht bei Mir endlos höher, als die höchste Weisheit des tiefsinnigsten Cherubs; darum Ich auch schon solches auf der Erde da zu erkennen gab, als Ich zu Meinen Jüngern sprach: ‚Unter Allen, die vom Anfange der Welt bisher von Weibern geboren wurden, war keiner größer denn Johannes, das ist: der Täufer; aber in der Zukunft wird der Kleinste Meines Reiches (der Liebe) größer sein denn er!'

18] Nun aber haben unsere Wirthe auch die Tische voll besetzt, und der Weise naht sich, uns zum Mahle zu laden; daher wollen wir ihn auch gebührend anhören, wie er seine Einladung an uns wird ergehen lassen. Doch das merket euch, wie er es ordnen wird, so auch wollen wir an dem großen Tische Platz nehmen; also sei es, Meine Kindlein."

01] Petrus und Martin kehren nun wieder zu Mir in das Sonnenhaus zurück, und Martin will sogleich treuherzig zu erzählen beginnen, was nun draußen vor sich gegangen ist.

02] Aber Petrus sagt zu ihm wie insgeheim: »Bruder, was willst du denn dem Herrn erzählen, als wüßte Er nicht um eine Ewigkeit früher alles, was hier ist, diese Sonne und wir beide als wirklich Erschaffene! Weißt du denn nicht, daß der Herr von Ewigkeit her allwissend ist?«

03] Martin schlägt sich auf die Stirne und spricht: »O Bruder, und Du besonders, o Herr, müßt mir schon vergeben, daß ich noch immer zuweilen in eine Art irdische Dummheit verfalle!

04] Es ist ja nur zu wahr, daß Du, o Herr, allwissend bist und Dir wohl ewig nie etwas vorerzählen zu lassen brauchst, um zur Kenntnis von irgendeiner Sache oder Handlung zu gelangen. Aber es liegt dennoch in mir der freilich sicher irdisch dumme Trieb, Dir - wie auf Erden irgendeinem Freunde - erzählen zu wollen, als wüßtest Du noch nicht darum!

05] Aber ich habe dabei doch auch die sichere Erwartung, daß Du, o Herr, mir solch eine irdische Dummheit gnädigst nachsehen wirst! Denn in der Folge werde ich mich schon fester zusammennehmen und solche Torheiten nach allen Kräften vermeiden!«

06] Rede Ich: »Nun, Mein lieber Sohn Martin, es ist die Sache nicht gar so weit gefehlt, als du nun meinst, so man Mir etwas beschreibt oder erzählt. Denn alle Kinder reden gerne, und mit Mir schon überaus gerne.

07] Würde Ich darum Mir von Meinen Kindlein nichts vorerzählen lassen, weil Ich allwissend bin, so würde zwischen Mir und euch wohl ewig nie ein Wort gewechselt werden. Weil Ich aber eben will, daß Meine Kinder ewig nie um eine Freude verkümmert werden sollen, sollen sie Mir auch alles erzählen, was sie irgendwo und -wann für Erfahrungen machen.

08] Denn Ich versichere euch bei der ewigen Treue und Liebe Meines Vaterherzens: Mir macht nur das Freude, was Meinen Kindlein Freude macht. Nicht Meine Gottheit, nicht Meine Weisheit und Allmacht, auch nicht Meine Allwissenheit, sondern allein die große Liebe zu Meinen wahren Kindern, die Mich lieben, wie ihr alle nun um Mich Versammelten macht die höchste Glückseligkeit Meines ganzen Wesens aus.

09] Glaubt Mir, Ich war endlos seliger am Kreuz, als da Ich durch Mein allmächtigstes Wort Himmel und Erde zu gestalten begann! Denn als Schöpfer stand Ich als ein unerbittlicher Richter in der Mitte Meiner ewig unzugänglichen Gottheit. Am Kreuze aber hing Ich als ein zugänglichster Vater voll der höchsten Liebe, umgeben von so manchen Kindlein schon die in Mir den Vater zwar noch nicht völlig erkannt hatten, da ihnen der gekreuzigte Sohn, d. i. des Vaters Leib, im Wege stand, aber Mich dennoch aus allen Kräften als den Sohn des allerhöchsten Vaters über alles liebten.

10] Wahrlich, sage Ich euch, ein Herz, das Mich wahrhaft liebt, gibt Mir mehr als alle Himmel und Welten mit aller ihrer Herrlichkeit. Ja, Ich will 99 Himmel verlassen und ein Herz suchen, das Mich lieben kann!

11] Wo aber ist die Mutter, die da hätte in ihrem Hause eine große Gesellschaft und Musik und Spiel aller Art, hätte dabei aber ein neugeborenes Kind und vernähme in der Mitte ihrer gastlichen Freude, daß das neugeborene Kind weine und in Erkrankungsgefahr stehe, die nicht sogleich diese Gesellschaft verließe und eilte zu ihrem Kindlein? Denn von der Gesellschaft erwartet sie wohl mit Recht Dank und Achtung, aber in der Brust ihres Kindes schlägt ein Herz, in dem Liebe zu ihrem Mutterherzen gesät ist.

12] Ich sage es euch allen: Auch diese Mutter würde 99 der glänzendsten Gesellschaften verlassen und eilen zu ihrem Kinde der künftigen Liebe wegen, da ein kleines Fünklein wahrer Liebe höher steht als tausend Welten voll des mächtigsten Wunderglanzes!

13] So aber schon eine irdische Mutter das täte, um wieviel mehr Ich, der Ich zu Meinen Kindern alles bin in der Fülle als Vater und als Mutter: als Vater in Meinem Herzen und als eine Mutter in der Geduld, Sanftmut und endlosen Güte.

14] Daher scheut euch, Meine geliebten Kindlein, nicht vor Mir, und redet und erzählt Mir, was ihr hört oder seht! Macht Luft der Liebe eures Herzens, denn Mich erfreuen Meine wundervollsten Erschaffungen erst dann, so sie euch erfreuen!

15] Oder weiß die Mutter etwa nicht darum, was ihr kleines Kindlein zu ihr lallend spricht? Und doch macht ihr der erste Ruf 'Mutter' aus dem Munde ihres Lieblings tausendmal mehr Freude, so undeutlich er auch ausgesprochen wird, als die gediegenste Rede eines Weisen.

16] Was sind die kühnsten Gedanken über Welten, Sonnen, Völker und Engel gegen den allein dem liebekeimenden Herzen des Kindes entsprossenen Ruf 'Liebe Mutter!'? - Ebenso auch bei Mir. Was wohl gleicht dem an Größe, so ein Mich liebend Kindlein, kaum erwacht aus seinem notwendig vorangehenden Gerichtsschlafe, frei und wahr 'Lieber Vater' ruft!

17] Daher laß auch du, Mein lieber Sohn Martin, in der Zukunft dich nicht beirren im Drange deines Herzens, und ebenso auch ihr alle nicht. Eure kindliche Einfalt steht bei Mir endlos höher als die höchste Weisheit des tiefsinnigsten Cherubs. Darum gab Ich solches schon auf der Erde zu erkennen, als Ich zu Meinen Jüngern sprach: 'Unter allen, die vom Anfange der Welt bisher von Weibern geboren wurden, war keiner größer denn Johannes, der Täufer. Aber in Zukunft wird der Kleinste Meines Reiches der Liebe größer sein denn er!'

18] Nun aber haben unsere Wirte die Tische voll besetzt und der Weise naht sich, uns zum Mahle zu laden. Daher wollen wir ihn auch gebührend anhören, wie er seine Einladung an uns wird ergehen lassen! Doch das merkt euch: Wie er es ordnen wird, so wollen wir auch an dem großen Tische Platz nehmen. Also sei es, Meine Kindlein!«

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