Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 14


Jesu telepathischer Kontakt mit den Jüngern. Beweis von Jesu göttl. Allmacht durch Materialisations- und Dematerialisationswunder.

01] Es trat aber nun der Grieche Philopold aus Kana in Samaria zu Mir und sagte: »Herr, über drei Tage bin ich nun schon bei Dir und konnte noch keinen Augenblick gewinnen, um mit Dir über das zu sprechen, wie ich auf Dein Geheiß alles nach Deinem Willen in die Ordnung gebracht habe, und wie nun durch meine Predigt, die ich ihnen nach Deinem Abgange von Kana gehalten habe, alle zum Glauben an Dich übergegangen sind. Jetzt scheinst Du Muße zu haben; so wolle denn doch auch mich ein wenig anhören!«

02] Sage Ich: »Mein sehr schätzbarer Freund Philopold! Kannst du wohl annehmen, daß Ich dich nicht schon lange um dies oder jenes, Kana betreffend, gefragt hätte, so Ich nicht genau wüßte, wie die Sachen stehen? - Da siehe an Meine Brüder alle! Wieviel rede Ich denn mit ihnen? Viele Tage kein Wort äußerlich, aber desto öfter innerlich geistig durch ihr Herz; und sieh, es steht keiner auf, daß er Mich fragte: 'Herr, warum redest Du mit mir denn nicht?' Ich sage dir, wie Ich schon lange zu allen gesagt habe: Ich nehme nicht Jünger an deshalb, daß Ich mit ihnen plaudern solle für nichts und wieder nichts, sondern daß sie hören Meine Lehre und Zeugen seien von Meinen Taten! Denn was sie wissen, das alles weiß Ich schon lange vorher, und was sie besonders wissen wollen, verkündige Ich ihnen im Augenblicke der Notwendigkeit durch ihr Herz. Und wenn so, da frage dich selbst, wozu es da für Meine eingeweihten Jünger noch einer täglichen äußeren Beredung bedürfen sollte! Du aber bist nun auch Mein Jünger und mußt dir darum solche Einrichtung in Meiner Schule schon gefallen lassen.

03] Mit andern Menschen aber, die nicht Meine nächsten Jünger sind, muß Ich freilich äußerlich Worte wechseln; denn diese würden Mich in ihrem sehr weltlichen Herzen nicht vernehmen und noch weniger verstehen. Ich rede aber dennoch auch mit Meinen Jüngern, wenn es Zeit und Umstände verlangen, äußerlich; aber da geschieht solches nicht der Jünger wegen, sondern derer wegen, die keine Jünger sind! - Sage Mir, ob du solches begriffen hast!«

04] Sagt Philopold: »Ja, Herr, nun ist mir Deine Gnade so klar wie die Sonne eines hellsten Mittags, und ich danke Dir für solche Deine allerlieb-freundlichste Aufklärung! Aber, Herr, wenn ich nun diese überherrliche, schönste Sarah betrachte, die sich mit ihrer außerordentlichen Schönheit mit jedem Engel im Himmel messen könnte, so kommt es mir beinahe unmöglich vor, daß sie im Grabe je eine Sekunde soll gelegen sein! Denn solch eine Lebensfrische ist mir noch nie untergekommen! Und doch ist es wahr, daß Du sie zweimal vom Tode erweckt hast! Nun drängt es mich gar gewaltig im Herzen, von Dir zu erfahren, wie Dir solches zu bewirken möglich sein kann!«

05] Sage Ich halblaut zu ihm: »Ich meine, du hast es doch zu Kana hinreichend erfahren, wer Ich bin!? Weißt du aber das, da fragt es sich doch sehr gewaltig, wie du darum fragen kannst, wie Ich einen toten Menschen wieder beleben könnte! Sind denn nicht Sonne, Mond und alle Sterne, so wie diese Erde, aus Mir hervorgegangen, und habe nicht Ich diese Erde bevölkert mit zahllosen lebendigen Geschöpfen? So Ich ihnen aber im Anfange Dasein und ein selbständiges Leben geben konnte, wie sollte Mir das nun mit einem Mägdlein unmöglich sein, was Mir mit zahllosen Wesen von Ewigkeit zu Ewigkeit möglich ist? Wenn du aber solches weißt und bist darüber sogar von einem Engel belehret worden, wie magst du dann noch fragen?

06] Siehe, ein jeder Stein sogar, an dem du dich mit deinem Fuße gar gewaltig anstoßen kannst, wird nur durch Meinen Willen erhalten; ließe Ich ihn einen Augenblick aus Meinem alles schaffenden und erhaltenden Willen, so träte er auch im selben Augenblick völlig aus dem Dasein.

07] Du kannst zwar den Stein zerstoßen, kannst ihn mit starkem Feuer sogar gänzlich in eine Luftart auflösen, wie solches lehrt die geheime Apothekerkunst; aber das alles kann mit dem Steine und mit jeder andern Materie nur geschehen, weil Ich solches zum Nutzen und Frommen der Menschen zulasse. Ließe Ich es nicht zu, so könntest du auch den kleinsten Stein ebensowenig von der Stelle heben wie einen Berg. Du kannst einen Stein auch in die Höhe werfen, und er wird je nach dem Maße deiner Kraft und Wurfgeschicklichkeit eine ganz ansehnliche Höhe hinauffliegen; aber wenn er eine gewisse, der Wurfkraft angemessene Höhe erreicht hat, so wird er dann alsbald wieder zur Erde herabfallen. Und siehe, das ist alles Mein Wille und Meine Zulassung bis auf einen gewissen Grad, wo es heißt: 'Bis hierher nur und nicht weiter!'

08] Ein Steinwurf zeigt dir ganz handgreiflich, wie weit des Menschen Kraft und Wille reicht. Einige Augenblicke Zeit, - und der schwache Wille des Menschen wird von dem Meinen ergriffen und zurückgetrieben zu der von Mir von Ewigkeit her bestimmten Ordnung, die bis auf ein Sonnenstäubchen Gewicht abgewogen ist durch die ganze ewige Unendlichkeit! Wenn aber solches alles rein nur von Meinem Willen und von Meiner Zulassung abhängt, wie sollte es Mir dann etwa nicht möglich sein, ein verstorbenes Mägdlein wieder beleben zu können?

09] Gehe aber hinaus und bringe Mir ein Stück Holz und einen Stein, und Ich will dir zeigen, wie Mir alle Dinge möglich sind durch die Kraft des Vaters in Mir!"

10] Philopold bringt sogleich einen Stein und ein ganz morsches Stück Holz. Und Ich sage zu ihm, immer halblaut redend: »Siehe, Ich hebe den Stein und stelle ihn in die freie Luft, und sieh, er fällt nicht! Versuche du ihn aber aus dieser Lage zu schieben!« - Philopold versucht es; aber der Stein läßt sich nicht um ein Haar verrücken.

11] Ich aber sage: »Nun aber werde Ich es zulassen, daß du den Stein nach Belieben wirst verrücken können; aber so du ihn freilassen wirst, da wird er alsbald wieder diese Stelle einnehmen und wird sich nach einigen Schwingungen oder plötzlich an dieser gegebenen Stelle festhalten!«

12] Sagt Philopold: »Herr, diese Probe unterlasse; denn mir genügt Dein heilig Wort!«

13] Sage Ich: »Nun gut; Ich will aber nun, daß dieser Stein zunichte werde und dies Holz grüne und zum Vorscheine bringe Blätter, Blüte und Frucht nach seiner Art!« - Der Stein wird darauf unsichtbar, und das alte Holz wird frisch, grünt, treibt alsbald Blätter, Blüten und am Ende die reife Frucht, und zwar etliche Feigen, da das Holz einst einem Feigenbaume angehört hatte.

14] Alles wird nun auf Mich und den Philopold aufmerksam; denn die meisten Jünger haben schon geschlummert. Jairus und dessen Weib aber konnten sich an ihrer Tochter nicht satt kosen. Ich und Philopold aber haben unsere Experimente auf einem abseitigen kleinen Tische unter einer schon etwas schwachen Lampenbeleuchtung vorgenommen und wurden daher von Hunderten nicht bemerkt; aber als sich Philopold etwas stark zu verwundern begann, da wurde freilich bald eine Menge darauf aufmerksam. Aber Ich empfahl ihnen Ruhe, und alles ward wieder ruhig.

15] Ich aber befahl wieder dem Steine, daß er sei, - und er lag wieder auf dem Tische - und ließ aber den Feigenast mit den Früchten, die am Morgen Meine Sarah mit großer Lust verzehrte.«

16] Ich fragte aber dann den Philopold, ob er nun im klaren sei. Und er verneigte sich tiefst und sagte: »Herr, nun bin ich ganz zu Hause!«

17] Und Ich sagte: »Gut, und so begeben wir uns zur Ruhe!«


Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 2   |   Werke Lorbers