Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 82


Die Enthauptung von Johannes dem Täufer. Augenzeugenbericht.

01] (Roban:) »Vor kurzem berichteten die Steuereinhebungsknechte a des Vierfürsten Herodes eben diesem Herodes die Gerüchte von Dir und Deinen Taten, erzählten ihm, wie Du sie beim Steuererpressen in die Flucht geschlagen habest, und wie sie Deiner Macht durchaus nichts anhaben konnten. Darauf berief Herodes sogleich seinen Wahrsager. Dieser aber, als erstens eine feine Kundschaft, und zweitens insgeheim ein Jünger des Johannes, der die Ermordung dieses Propheten dem Herodes nicht verzeihen konnte, fand hier Gelegenheit, eine erste Rache an Herodes zu nehmen, und erklärte ihm mit fester Miene und Rede: 'Das ist Johannes, der von den Toten auferstanden ist und wirket nun gegen Dich solche Taten!' (a Matthäus.14,01*; =Markus.06,14; = Lukas.09,07)

02] Darüber erschrak Herodes und kam bebend zu seinen Knechten zurück a und sagte zu ihnen: »Das ist nicht der Zimmermann Jesus, den ich kenne, da er vor noch kaum fünf Jahren mit seinem Vater Joseph bei mir einen neuen Thron angefertigt hat und bei dieser Arbeit als Kunstzimmermann, obschon er sonst als ein ganz einfältiger Mensch dastand, eine bedeutende Geschicklichkeit an den Tag legte, sondern das ist der von mir enthauptete Johannes, der von den Toten wieder auferstanden ist und nun als unverwüstlicher Geist gegen mich solche Taten verrichtet, die sonst kein Mensch verrichten kann. Daher sollet ihr wider ihn nichts mehr unternehmen; denn solches könnte euch und mir das größte Unheil bereiten!' (a Matthäus.14,02*; = Markus.06,14; = Lukas.09,07)

03] Auf diese Erklärung sollen die Knechte ganz große Augen gemacht haben und ganz verdutzt von dannen gegangen sein; denn sie wußten es bei sich, daß Du nicht Johannes seiest, - aber sie getrauten dem erregten Herodes keine Widerrede zu machen.

Bericht über das Ende von Johannes dem Täufer

04a] Wir fragten aber auf diese Erzählung des Obersten, was es denn mit der Ermordung des Johannes für eine Bewandtnis habe.

04b] a Denn wir wußten wohl, daß ihn Herodes ins Gefängnis geworfen hatte; aber daß er ihn auch ermorden ließ, davon wußten wir noch keine Silbe. Darauf erzählte uns der Oberste ganz kurz: Herodes war anfangs selbst - freilich ganz schwachweg nur - ein Anhänger Johannis und achtete ihn als einen besonderen Weisen; er nahm ihn daher an seinen Hof und wollte von ihm erlernen die geheime Weisheit. (a Matthäus.11,02; Matthäus.14,03*; = Markus.06,17; = Lukas.03,19-20; b Matthäus.11,02)

04c] Da er aber daneben die schlechte Liebe zur Herodias, die seines Bruders Philipp Weib war, nicht aufgeben wollte, so erregte sich Johannes und sprach in dem ernstesten Ton zum Herodes: a »Es ist nicht recht vor Gott und deinem Bruder, daß du sie hast! Denn es steht geschrieben: b 'Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib!'« (a Matthäus.14,04*;Markus.06,18; = Lukas.03,19; b 2. Mose.20,14;  )

04d] Da ergrimmte der stolze Herodes, ließ Johannes in ein Gefängnis werfen und a hätte ihn auch gleich mögen töten lassen, so er das Volk nicht gefürchtet hätte, das b den Johannes für einen Propheten hielt. (a Matthäus.14,05*; =Markus.06,19; Matthäus.21,26)

05a] a Es begab sich aber wenige Tage darauf, daß Herodes seinen Jahrestag hielt. An diesem Tage tanzte die schöne Tochter der Herodias vor ihm und seinen hohen Gästen, was Herodes überaus wohl gefiel. (a Matthäus.14,06*; =Markus.06,21-22)

05b] a  Er verhieß daher der schönen Tänzerin mit einem Eide, daß er ihr geben werde, was sie von ihm fordern möchte. b Die Tochter aber ging zuvor zu ihrer Mutter, die dem Johannes Rache geschworen hatte, weil er ihr den Herodes abwendig machen wollte; und die Mutter richtete daher ihre Tochter also zu, daß sie das Haupt Johannis verlangen solle. (a Matthäus.14,07*; =Markus.06,23; b Markus.06,24*)

  • Matthäus.14,08] a Und wie sie zuvor von ihrer Mutter zugerichtet war, sprach sie: »Gib mir her auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers!« (a jl.ev02.082,06a*)

06a] a Da ging die Tochter hin und sprach zu Herodes: 'Gib mir das Haupt Johannis auf einer goldenen Schüssel!' (a Matthäus.14,08*; Markus.06,25)

06b] a Da ward der König denn doch traurig, zwar nicht so sehr des Johannes, als vielmehr des Volkes wegen, das er fürchtete, daß es an ihm Rache nähme. Doch des Eides willen und derer, die mit ihm zu Tische saßen, befahl er seinen Knechten, das Verlangte der Tochter zu geben. (a Matthäus.14,09*; Markus.06,26)

06c] a Und die Knechte gingen hin, enthaupteten Johannes im Gefängnisse, nachdem sie zuvor unter einem Vorwande etliche seiner Jünger von ihm entfernten, (a Matthäus.14,10*; =Markus.06,27)

06d] a und trugen dann sein Haupt auf einer Schüssel in den Speisesaal, um es der Tochter zu übergeben; und diese übergab es darauf ihrer argen Mutter. (a Matthäus.14,11*; Markus.06,28)

07] a Darauf kamen wieder seine Jünger und trafen zu ihrem größten Schrecken und Leidwesen den Leichnam Johannis. Sie aber nahmen den Leichnam, trugen ihn hinaus und begruben ihn im Angesichte von vielen Tausenden, die da weinten und den Herodes und dessen ganzes Haus mit zahllosen Flüchen belasteten. Die Herodias aber soll beim Anblick des Hauptes Johannis augenblicklich unter gräßlichen Verzerrungen ihres Gesichtes tot zu Boden gesunken sein und ihre Tochter ein paar Augenblicke darauf; und Herodes und alle seine Gäste flohen voll Entsetzen aus dem Saale. (a Matthäus.14,12*; =Markus.06,29)

08] Herr, das ist wörtlich die überaus traurige Geschichte Johannes des Täufers am Flusse Jordan unweit der Wüste zu Bethabara, allwo dieser Fluß in den See fällt, denselben durchströmt und sich endlich dem Toten Meere zuwendet. - Was sagst Du nun dazu? Ist es denn wohl möglich, daß Menschen gar so zu Teufeln werden können, und zwar zu einer Zeit, wo Du, dem Himmel und Erde gehorchen, Selbst als Mensch auf der Erde wandelst? Hast Du denn keine Blitze und keine Donner mehr?«

09] Treten darauf Cyrenius und Kornelius zu Mir und sagen ganz ergrimmt: »Herr, da ist Gefahr im Verzuge! Hier können wir nicht mehr auf Deine zu große Geduld und Langmut harren; da heißt es: augenblicklich Hand ans Werk legen! In längstens zehn Tagen muß die ganze Höllenbrut samt Jerusalem und Tempel von der Erde vertilgt sein!«

10] Sage Ich: »Siehe her, diese beiden Jünglinge genügen, in einem Augenblick auszuführen, was aller römischen Macht in hundert Jahren nicht gelänge! Wenn solches alles nicht geschehen müßte der Ordnung Gottes wegen, glaubet es, Mir wäre es ein leichtes, alles dieses zu vernichten im schnellsten Augenblick! Aber es muß solch Äußerstes geschehen der Gestaltung eines neuen Himmels und einer neuen Erde halber.

11] Sehet aber nun, daß ihr von hier kommet, denn dieser neue Oberste ist ein böser Mensch und der Satan zeigt ihm tausend Wege, auf denen er euch allerweidlichst schaden könnte; darum sehet, weiterzukommen!

12] Auch Ich werde heute Mich von hier begeben und nicht so bald wieder in diese Gegend kommen; denn einem wütigen Hunde muß man ausweichen! Das ist einer, der viel Gold und Silber hat, ansonst er sich diese Amtsstelle nicht hätte erkaufen können; und mit viel Gold und Silber kann man in der Welt bei den Weltmenschen viel ausrichten, und wer sich dazu noch eine solche Stelle aus purer Gewinn- und Herrschsucht kauft - wie dieser da es getan hat -, dem ist durchaus nicht zu trauen. Darum machet euch nun alle auf und begebet euch von hier, und du, Roban, kehre auch wieder heim; denn bis jetzt bist du noch nicht vermißt worden!«

13] Sagt Roban: »Wenn ich aber Deinetwegen befragt werde, was soll ich antworten?«

14] Sage Ich: »Das wird dir ins Herz und in den Mund gelegt werden!«


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