Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 63


Hebrams Rede zeigt den Irrtum Risas.

01] Sagt Hebram: ”Freund, so wie du nun die Sache ganz vernünftig dargestellt hast, habe ich sie schon öfters darstellen gehört; aber hierher taugt dieses nicht, denn da sitzt mehr als ein gewöhnlicher, mit allen persischen und ägyptischen Zauberkünsten unterspickter Magier!

02] Denke du nur an die Reden Mathaels und an die Taten, Lehren und Reden des großen Meisters selbst, und es muß dir einleuchtend werden, dass du mit aller deiner noch so gesund scheinenden Vernunft dennoch auf dem Holzwege bist!

03] Ich kenne mich in der Magie auch ein wenig aus und kenne die verschiedenen Arten der persischen und ägyptischen Magie; aber das zu bewerkstelligen, was hier schon alles bewerkstelligt worden ist, und die Lehren alle, die wir hier schon vernommen haben, deuten offenbar auf einen höheren Ursprung hin, als wir ihn uns nun vorzustellen imstande sind.

04] Jener Jüngling dort bei den zwölfen hat einen Stein vor unsern Augen auf dem Tische in Staub verwandelt, setzte den Staub wieder zu dem vorigen Steine zusammen und machte ihn endlich ganz verschwinden. Und wie er ehedem eben aus einem Steine Brot machte, darauf einen Fisch, der noch zu sehen ist, und am Ende noch einen kompletten Esel in optima forma (in bester Form) hervorbrachte, Freund, das sind Erscheinungen ganz anderer Art, als wir einige schale und nichtssagende Wunderchen von einigen persischen Magiern in Damaskus gesehen haben! Wer dort nur ein wenig übers >Eins und Eins< hinaus zählen konnte, war gar leicht imstande, den Betrug mit Händen zu greifen und sich eine Erklärung in optima forma (in bester Form) zu schaffen; wer aber kann sich eine andere Erklärung schaffen, als welche uns Mathael gegeben hat von der alleinigen Macht und Kraft des Grundlebens in und aus Gott?!

05] Du tust demnach hier sehr unrecht, wenn du das, was hier ist, in die bekannte Kategorie des leidigen Betruges schiebst, wie du eben auch sehr unrecht tust, so du Moses und alle andern Propheten in die gleiche Kategorie steckst; denn Mathael hat uns doch hinreichend gezeigt, was da steckt hinter dem großen Befreier unseres Volkes aus dem harten Joche der Ägypter.

06] Moses war eine so außerordentliche geistige Größe vor Gott und den Menschen, dass die Erde bis auf diese Zeiten nichts Größeres aufzuweisen hat. Hier aber, Freund, sitzt in menschlicher Gestalt eben Der, vor dessen heiligstem Angesichte sich der große Moses sein Angesicht verhüllte; daher ist es im höchsten Grade unklug von dir, hier von Ihm zu reden wie von einem natürlichen Menschen!

07] Zähle die Gäste, die hier gespeist werden dreimal des Tages mit den besten und edelsten Fischen, die keine Gräten haben, mit Brot, Wein und allerlei Obst, mit Honig, Milch, Käse und Butter! Bedenke aber auch zugleich, dass unser Gastwirt im Grunde ein mehr armer als wohlhabender Mensch ist! Bei drei Joch (1 Joch .österreichisch]= 57,5 Ar = 5750 qm) ist sein Grund groß, hat nur wenig Äcker, und diese sind, wie zu sehen, sehr steinig. Die Fischerei ist noch das beste; aber was kann sie bezwecken für so viele Gäste? Wir werden unser nun in allem bei vierhundert Mann sein, und alles ist vollauf gesättigt, dazu noch die vielen Lasttiere der Römer und Griechen, und keines leidet irgendeine Not. Gehe aber in die Speisekammer unseres Gastwirtes, und du wirst sie vollgestopft finden mit allerlei Früchten und mit einer Masse des allerbesten Brotes, und der tiefe Felskeller ist voll Weines, so dass wir mit demselben in einem Jahre nicht fertig würden, so wir ihm auch noch so zusetzten! Frage aber dann den treubiedern und wahrheitsliebenden Gastwirt, wie er zu all dem gekommen ist, und er wird dir nichts antworten als: 'Allein durch Wunder über Wunder von seiten des großen Heilandes aus Nazareth!'

08] Wenn aber also, wem kann es da noch einfallen zu behaupten, dass dies alles ein Betrug sei, den die Mächtigen der Erde irgend ausgeheckt haben, um dadurch die blinde und dumme Volksmenge zu täuschen und sie sich ergebener und zinspflichtiger zu machen?! Ich sage es dir: Hier ist mehr, als was der Verstand aller Weisen der Erde je fassen wird; hier waltet Gottes Kraft, wie sie schon dann und wann auf der Erde gewaltet hat und noch fürder walten wird! Wenn solches auch deine gesund sein wollende Vernunft nicht begreift, so ist es aber dennoch also, wie ich es dir nun gesagt habe; gehe aber hin und überzeuge dich von allem selbst, und rede dann, ob es da mit natürlichen Dingen zugeht!“

09] Sagt Risa: ”Ja, ja, wenn also, dann freilich bin ich wohl genötigt, von meinen Behauptungen gar vieles zurückzunehmen, und will sonach auch dem Moses und den andern Propheten ihren göttlichen Wert durchaus nicht streitig machen; aber dies eine bleibt dennoch wahr, dass sich am Ende keine Lehre, und wäre sie auch noch so göttlichen Ursprungs, in ihrer Reinheit auch nur ein paar Jahrhunderte hält!

10] Moses war noch am Berge und vernahm dort die Anordnungen Jehovas, und das Volk im Tale tanzte um ein goldenes Kalb; welch ein ganz anderes Gesicht aber bekam Mosis Lehre schon, als an die Stelle der Richter ein König Saul trat, und wie anders wieder fing das alles schon unter David an auszusehen, und wie verändert erst unter Salomo und dessen Nachfolgern?!

11] Es fiel stets etwas Reines und Göttliches hinweg und ward durch weltliche Menschensatzungen ersetzt, so dass effektiv bis auf uns herab nunmehr bloß die Namen gekommen sind, sonst aber ist der ganze Moses nahe verschwunden; nur das ist noch beibehalten worden, was den Tempeldienern noch einen gewissen göttlichen Nimbus gibt. Das Pönitentiale (Strafrichterliche) haben sie beibehalten, um dadurch die arme Menschheit aus einer gewissen göttlich autorisierten Rechthaberei so recht teuflisch quälen zu können; aber das eigentlich Göttliche ist schon lange völlig ausgemerzt worden; wegen der zehn Gebote Gottes läßt man sich kein graues und härenes Bußkleid mehr machen. Der Ehebruch bei angesehenen Leuten, die sehr reich sind, wird noch als etwas angesehen, weil sich dergleichen Menschen durch vieles Geld von der Steinigung loskaufen müssen. Sie bekommen dann nur ein sogenanntes verfluchtes Wasser zu trinken, das ihnen keine Bäuche zerbersten macht; denn derlei Sünder sind ja für die vielen Bedürfnisse des Tempels noch zu öftern Malen gut zu gebrauchen! Wenn aber die hohen Diener des Tempels Ehebruch begehen, so kräht danach ohnehin nie irgendein Hahn; nur wenn ein armer Teufel irgendwann einen Ehebruch beginge, der wird dann freilich noch ganz gehörig gesteinigt.

12] Nun aber lesen wir, mit welch einem unerhörten Aufwande der göttlichen Macht und Kraft die zehn Gebote den Menschen von Gott unter alle Enden der Erde erbeben machenden Blitzen und Donnern gegeben wurden, und wie solch ein göttlicher Schreckensernst sich darauf mehrere Jahrhunderte hindurch noch zu öftern Malen in allerlei Orten wiederholt hat. Wie oft ist dies Volk von Gott laut den Schriften der großen und kleinen Propheten gewarnt worden! Was nützte jedoch alles das für diese Zeit? Wie wir nun stehen, das wissen wir, und mehr brauche ich dir nicht zu sagen! Wahrlich, so es irgendeine Hölle gibt, so kann es darin unmöglich noch schlechter aussehen!

13] Wenn aber sein sollende rein göttliche Offenbarungen nur solche Früchte zum traurigsten Vorschein bringen, wie wir sie nun unter den Pharisäern sehen; da frage ich denn doch jeden im Gehirne Gesunden, ob es da am Ende schwer wird, allen Glauben an eine wie immer geartete göttliche Offenbarung und Vorsehung an den Nagel zu hängen!?

14] Was du hier von dem großen Heilande gesagt hast, ist alles richtig und wahr, und es mag seine Lehre auch mit einem besseren Erfolge gekrönt werden als alle Gotteslehren bis auf uns herab; aber ich möchte nach nur einem halben Jahrtausende mit meinem jetzigen Bewußtsein Zeuge sein und sehen, welch ein Gesicht dann diese neue Lehre im allgemeinen machen wird, vorausgesetzt, dass ihre tatsächliche Beachtung auch also wie alle die früheren dem freien Willen der Menschen anheimgestellt wird!

15] Nur einen Vorsteher an die Spitze im Anfange, und in tausend Jahren wird es wimmeln von solchen Vorständen, die bei dem Vortrage dieser reinen Lehre ihren Bauch nicht vergessen werden! - Sage mir, ob ich mit meiner Ansicht so ganz auf dem Holzwege bin, wie du ehedem gemeint hast!“



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