Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 106


Helena fragt nach der Schule des Mathael.

01] Sagt Helena: ”O du allerliebster Mathael! So klar und einleuchtend ist mir auf dieser Erde noch nie irgend etwas durch pure Worte gemacht worden! Ich war infolge deiner lebendigen Darstellungsweise gerade wie selbst bei all dem Tun und Handeln der alten Ägypter ganz mithandelnd gegenwärtig und sah die armdickste Wahrheit vor meinen Augen ordentlich niederhageln.

02] Aber nur das einzige sage du mir nun noch: auf welche Weise oder in welcher Schule du hinter alles gar so tüchtig gekommen bist! Denn bei allen Himmeln, so etwas kann man denn doch wohl nicht sich aus den Ärmeln beuteln, wie aus einem Sacke etliche darin verborgene Weizenkörner! Wie also lerntest du das alles gar so gründlich kennen?“

03] Sagt Mathael: ”O Helena! Gestern war ich noch um mehrere tausend Male blinder und unwissender denn einer deiner letzten und dümmsten Diener und war dazu noch derart krank, dass mich von solcher nie erhörter Krankheit nur Gott allein heilen konnte; keiner menschlichen Kunst wäre solch eine Heilung je möglich gewesen!

04] Aber nachdem ich geheilt worden bin, bekam ich nicht nur alle meine Leibeskräfte fast augenblicklich wieder, sondern der Herr Himmels und der Erde erweckte unter einem auch meinen Geist in meiner sehr betrübten Seele. Und siehe, dieser Geist lehret mich nun alle Dinge in ihrem Grunde kennen, die da waren und jetzt sind, und schon so manches, das erst werden wird!

05] Sieh, alles das ist sonach eine pure Gnadengabe des Herrn, dem allein du und ihr alle Lob, Ehre, Dank, Liebe und Preis schuldet, und ich habe so etwas nie vorher irgendwo in einer allfälligen Schule gelernt!

06] Der Herr allein ist darum mein alles, meine Schule und alle meine Weisheit; was ich weiß und kann, das weiß und kann ich nur vom Herrn!

07] Und ich sage es euch: Der um irgend etwas, sei es, was es nur immer wolle, nicht von da aus weiß, der weiß nichts; denn es ist da all sein Wissen ein eitles, völlig nichtiges und unbrauchbares Stückwerk!

08] Befleißiget ihr euch daher alle der einzigen Schule des Herrn, der nun in aller Seiner göttlichen Fülle unter uns körperlich wandelt, so werdet ihr in Ewigkeit keiner andern Schule bedürfen! - Verstehest du, holdeste Helena, solches?“

09] Sagt Helena: ”O ja, ich verstehe dich wohl; aber wie kann ein schwacher sterblicher Mensch, wie zum Beispiel ich und mein Vater, in die Schule Gottes gelangen?“

10] Sagt Mathael, ganz wie erregt: ”O Helena! Du Holdeste des ganzen großen Pontus, wie kommst denn du nun zu solch einer blind-dummen Frage? Du mußt es mir schon vergeben, so ich dir auf solche deine gar nicht im geringsten überdachte Frage eine recht derbe Antwort gebe! Du und dein Vater seid ja nun schon in solcher Schule; wie möglich kannst du da fragen, wie und wann du in solch eine Schule gelangen werdest? Ja, siehst du denn das nun noch nicht ein, indem doch gerade euretwegen der Herr hier solche gar große Zeichen gewirkt hat?!“

11] Sagt die Helena etwas verlegen: ”Aber ich bitte dich, liebster Mathael, werde du mir darob nur nicht grämlich! Ich sehe meine Dummheit nun wohl ein und werde dir mit solch einer Frage sicher nimmer wieder kommen; du aber habe nur Geduld mit uns und bedenke stets, dass da mit einem Hiebe noch nie ein großer Baum zum Fallen gebracht worden ist! Nach und nach wird sich schon alles noch machen! Ist auch mein Vater alt, so bin doch ich noch jung. Und sieh, ich bin kein schwer lenksames Mädchen; das bezeugten alle meine Lehrer, und mein Vater weiß es auch! Oh, ich werde dir, du liebster Mathael, sicher keine Schande machen; aber nur manches Mal darf es dir um ein wenig mehr Geduld denn jetzt nicht leid sein! Ich bitte dich darum!“

12] Sagt Mathael, ganz von der großen Sanftmut der Helena eingenommen: ”O holdest sanfte Helena, nimmer wirst du mich noch einmal um Geduld zu bitten vonnöten haben! Ich meine es nie unlieb, wenn ich auch manchmal ein wenig ernst aussehe, und durch ein ernsteres Wort will ich jemand nur noch schneller zum Ziele bringen, als solches mit ganz gelinden Worten geschehen kann. Aber ich sehe, dass du in deinem Gemüte sanfter bist als die zahmste Taube, und so hat es bei dir auch fürder nicht not, dich mit ernst tönenden Worten zu wecken.“

13] Sagt Helena: ”Habe darum dennoch keine Rücksicht mit mir! Kannst du mich mit ernsten Worten irgend schneller weiterbringen, da sei du nur immerhin so ernst wie der große Pontus, wenn seine bergehohen Wogen mit den Orkanen in einen tobendsten Kampf treten; kannst du mich und meinen Vater aber mit sanften Worten und Lehren ebensoweit bringen in einer gleichen Zeit, so wird mir das um vieles lieber sein. - Aber nun doch wieder von etwas anderem! Eine ganz kurze Frage noch, und ich habe dann auf eine geraume Zeit zur Genüge zu denken!

14] Sage du mir noch, wer denn da alle die vielen andern Sternbilder benamset hat und auf was für Veranlassungen!“



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 3  |   Werke Lorbers