Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 174


Die natürliche Sonne.

01] (Jarah:) ”Siehe, die Sonne ist eben auch, dieser unserer Erde ähnlich, eine bewohnbare und auch vollauf bewohnte Welt; nur ist sie um tausendmal tausend Male größer denn diese unsere Erde, die, wie du siehst, doch auch nicht klein ist. Aber das Licht, das von jener großen Welt ausgeht, ist nicht die bewohnte Sonnenerde, sondern nur eine sie allenthalben umgebende Luft, deren glatteste Oberfläche fürs erste, in steter großer Reibung mit dem sie nach allen Richtungen umgebenden Äther, in einem fort eine unberechenbare Menge des stärksten Blitzlichtes erzeugt und fürs zweite auf solch einem ungeheuren Rundspiegel das Licht von Äonen Sonnen aufnimmt und wieder nach allen Richtungen hinaus zurücksendet.

02] Durch solches Leuchten dieser unserer Sonne wird diese Erde, wie noch viele andere Erden, die wir Planeten nennen, erleuchtet und erwärmt. Die Wärme kommt jedoch nicht mit dem Lichte aus der Sonne auf diese Erde an, sondern wird erst an Ort und Stelle durch das Licht erzeugt.

03] Das Licht kommt wohl weit her, aber die Wärme wird erst hier erzeugt, und zwar dadurch, dass durch das Licht die gewissen Naturgeister in der Luft, im Wasser und in der Erde in eine große Tätigkeit versetzt werden. Und eben diese Tätigkeit bringt erst das hervor, was wir als Wärme und, bei noch erhöhterer Tätigkeit der früher bezeichneten Geister, als Hitze fühlen und also benennen. Wie aber das Licht stets mehr und mehr ins Unendliche hin erhöht werden kann, ebenso kann dann auch die Wärme und die Hitze erhöht werden.

04] 'Aber', wirst du fragen, 'wer kann dann in der Sonne selbst bestehen? Denn weil dort das Licht am stärksten sein muß, so wird auch die Hitze nicht zurückbleiben!' Allein, es ist dem nicht also. Nach dem Innern des eigentlichen Sonnenweltkörpers dringt kaum der tausendmal tausendste Teil der ganzen Lichtkraft der Sonne, und es ist darum auf der Feste der Sonne um nicht vieles heller und wärmer denn hier auf unserer Erde, und die Geschöpfe Gottes können darum dort ebensogut bestehen und leben als auf dieser unserer Erde. Nur kann es dort keine Nacht geben, weil sich auf der Sonne alles im eigenen, unvertilgbaren Lichte befindet.

05] Von einer Nacht wissen demnach die Sonnenbewohner nichts, - können aber doch an ihrem ewigen Tage die Sterne und die samt unserer Erde die Sonne umkreisenden Planeten noch recht gut sehen. Das macht die die Sonnenerde 1200 Stunden nach allen Richtungen weithinaus umgebende, überaus reine Luft, die zwar von Zeit zu Zeit nach innen wohl von vielen und sehr dichten Wolken betrübt wird, aber darum auch wieder ganz wolkenlose Zeiten und Gegenden hat, wo die Außenwelten ganz gut gesehen und beobachtet werden können, um vieles besser als von irgendeinem andern Planeten.

06] Die Sonne dreht sich auch um ihre eigene Achse, aber nicht innerhalb von nahe fünfundzwanzig Stunden wie diese unsere Erde, sondern innerhalb von neunundzwanzig Tagen. Die Sonnenbewohner können darum innerhalb dieser Zeit den ganzen gestirnten Himmel zu Gesichte bekommen, besonders die Bewohner des Mittelgürtels, die nach meinem Gefühl wohl die weisesten und schönsten Menschen der Sonne sein dürften. Die Bewohner der andern Gürtel entsprechen mehr den verschiedenen Planeten.

07] Was aber die innere Einrichtung des ungeheuer großen Sonnenweltkörpers betrifft, so sagt mir mein Gefühl, dass da noch mehr Weltkörper gleich wie eine Hohlkugel in der andern stecken und voneinander in Abständen von zwei-, drei- bis viertausend Stunden getrennt sein können, was aber nicht als etwas Beständiges anzunehmen ist, weil sich diese inwendigen Sonnenkörper öfter sehr ausdehnen, ein anderes Mal wieder auf den Normalstand zusammenschrumpfen. Die Hohlräume sind entweder mit Wasser oder auch mit allerlei Luft ausgefüllt.

08] Wozu aber das alles so sein muß, weiß ich dir nicht zu sagen; denn darum weiß nur der hier neben mir nun sitzende Herr und Meister der Unendlichkeit. Willst du mehr erfahren, so mußt du dich schon an diesen Einzigen und Alleinigen wenden!“

09] Sagt Kornelius: ”Ich danke dir, du mein liebstes, allerfreundlichstes Kindlein, für solche deine mir nun gemachte Mitteilung, die ich vom Alpha bis Omega sogar mit meinem Verstande äußerst gläubig annehme; denn ich finde nichts Widersinniges darin. Aber wie weit muß hernach die Sonne von dieser Erde entfernt sein, da sie uns, trotzdem sie eine so ungeheuer große Welt ist, so klein vorkommen kann?“

10] Sagt die Jarah: ”Dafür gibt es auf dieser Erde keinen Maßstab für dermalen; die Ägypter aber hatten einen solchen, und die späten Nachkommen - in Europa aber und nicht in Asien - werden wieder einen Maßstab erfinden. Aber soviel kann ich dir dennoch sagen, dass ein Pfeil, der von der Erde mit aller Kraft nach der Sonne abgeschossen werden würde, im schnellsten Zuge bei zwanzig volle Erdenjahre zu tun hätte, bis er in der Sonne ankäme!

11] Nun kannst du selbst rechnen. Miß die Zeit, die ein abgeschossener Pfeil braucht, um tausend Mannsschritte weit zu kommen; du wirst es finden, dass der Pfeil bei aller seiner Schnelligkeit dennoch zwei Augenblicke Zeit benötigt, um tausend Mannsschritte zu durchfliegen. Eine Stunde Zeit aber erfordert 1800 solcher Doppelaugenblickszeitchen; ein Tag aber zählt 24 Stunden, und ein Jahr besteht aus 365 Tagen, was dir wohl bekannt sein wird. Weißt du nun das und kannst nur ein wenig rechnen, so wirst du es bald heraushaben, wie weit die Sonne von der Erde absteht! Mehr kann ich dir nicht sagen und kundgeben; denn wüßte ich's auch, so fehlt mir dennoch der Maßstab und die hinreichende Zahl! Stelle dir 40mal l000mal 1000 Stunden Feldweges vor, und du hast die Entfernung von der Erde bis zur Sonne so ziemlich genau heraus!“

12] Kornelius macht große Augen und sagt: ”Nein, das hätte ich in diesem Mägdlein nie gesucht; es rechnet mit den größten Zahlen von der Welt im Kopfe, wie unsereiner mit den kleinen Ziffern an den Fingern! Die ist ja weit übern Euklid, den größten Rechenmeister hinaus! Nein, so etwas ist mir noch nicht vorgekommen! Herr, nun sage Du mir, ob ich das nun alles also anzunehmen habe! Mir kommt es wenigstens vor, dass das Mägdlein den Nagel so ziemlich auf den Kopf getroffen hat!“



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