Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 191


Die beiden Abgeordneten der Reisenden im Verkehr mit Jesus.

01] Mit dem verläßt unser Markus die Reisenden und begibt sich ins Haus, um fürs Abendmahl Sorge und Anstalten zu treffen. Die Reisenden aber beraten nun unter sich, ob sie alle sich hin auf den Hügel begeben, oder ob sie nur ein paar aus ihrer Mitte abordnen sollen. Sie werden aber darüber bald einig, nur ein paar der Weisesten aus ihrer Mitte dahin abzuordnen. Der Abschluß geschieht, und die beiden begeben sich sogleich auf den Hügel.

02] Als sie bei uns anlangen, machen sie eine tiefste Verbeugung vor uns, und ihr erstes ist der da wiedergefundene Lotse, den sie sogleich um ihre Schuldigkeit freundlichst angehen.

03] Der Lotse aber beteuert und sagt: ”Ich bin nur ein Diener meines Herrn, von dem ich alles habe, was mir not tut; daher nehme ich denn auch von gar niemand eine Belohnung an, weil sie allein meinem Herrn gebührt!“

04] Fragen die Abgeordneten den Lotsen: ”Wo und wer ist denn hernach dein glücklicher Herr?“

05] Raphael zeigt mit seiner Rechten auf Mich und sagt: ”Der dort ist es, zu Dem geht und fragt Ihn, und Er wird es euch sagen, was ihr Ihm schuldig seid!“

06] Die beiden verneigen sich vor dem Engel und begeben sich darauf gleich zu Mir hin. Bei Mir angelangt, fallen sie nach persischer Sitte auf ihre Angesichter nieder und sagen, am Boden liegend: ”Herr, dessen strahlend Antlitz wir uns nicht anzuschauen getrauen! Du hast deinen äußerst geschickten und waghalsigen Lotsen in der größten Not zu uns entsandt, ohne den wir offenbar verloren gewesen wären! Wir aber sind keine Armen, die da nicht hätten, einen solchen Dienst nach Gebühr zu belohnen. Wir sind sehr reiche Menschen und verlangen von niemand einen Dienst umsonst, um so weniger diesen nie bezahlbaren. Was sind wir dir für unsere Rettung aus der höchsten Lebensgefahr schuldig?“

07] Sage Ich: ”Zuerst, dass ihr als Menschen euch erhebt und, wie es sich geziemt nach unserer Sitte, gerade und aufrecht vor uns steht; denn wir sind keine eitlen und überhochmütigen Großen des sklavischen Perserreiches. Sodann erst wollen wir miteinander wegen der Rettungsgebühr ein paar Wörtlein sprechen!“

08] Auf solche Meine Worte erheben sich die beiden und bitten Mich dankfreundlichst, ihnen den Rettungslohn zu bestimmen.

09] Ich aber sage: ”Ich weiß, von wannen ihr seid, und warum ihr hierherkommt. Ich weiß es, dass ihr an Gold, Silber und Edelsteinen reich seid wie wenige Juden im großen Jerusalem; Ich weiß es, dass ihr für diese eure Rettung so viel zahlen würdet, als ihr in dieser nun verheerten Stadt bei griechischen Kaufleuten ausstehen und somit zu fordern habt und schwerlich irgend etwas je mehr erhalten werdet!

10] Also, der Lohn, den Ich von euch fordern könnte, zumal ihr Perser und unsere Angehörigen seid, dürfte sich mit allem Fug und Recht ebenso massenhaft hoch belaufen wie euer sicherer Verlust hier bei diesen nun in den Waldhütten ihr Obdach suchenden griechischen Handelsleuten; was würdet ihr dann dabei gewinnen? Ihr würdet es dort aufheben und hier wieder fein niederlegen! Dann würdet ihr wieder nach Hause ziehen also wie ihr hierhergekommen seid!

11] Ich rechne aber für die Rettung nichts und gebe euch sogar die Versicherung, dass euch der Aufenthalt hier, sogar die Fahrt hierher und von da über Genezareth zurück, von wo aus ihr zu Schiffe hierherkamt, keinen Stater kosten soll! (Denn es war dies ein Schiff Ebahls, und es waren auch dessen Schiffsleute.) Seid ihr damit zufrieden?“

12] Sagen die beiden Abgeordneten: ”Herr, der du noch voll der blühendsten Jugendkraft, aber danebst auch voll von echt salomonischer Weisheit zu sein scheinst und auch aller Wahrheit nach bist, - das, was du nun als Preis für unsere Rettung ausgesprochen hast, wollten wir schon ohnehin zur einen Hälfte dem Tempel zu Jerusalem und zur andern Hälfte den armen Juden dieser Gegend zum Opfer bringen, so die Kaufleute dieses Ortes uns die nicht unbedeutende Summe hätten zu bezahlen vermocht.

13] Aber da sie so ein hartes Los getroffen hat, so macht uns dieser Verlust nicht ein Geringstes, und wir sind bereit, ihnen mit einer zweimal so großen Summe behilflich zu sein ohne Entgelt und ohne Zinsen, dir aber danebst noch für unsere Rettung die ausgesprochenen zehntausend Pfunde als Lohn mit dem freudigsten Herzen von der Welt zu opfern! Denn siehe, Herr dieser Gegend, wir sind sehr reich; auf hunderttausend Kamelen könnten wir unsere Erdschätze nicht hierherschaffen, und trüge auch ein jedes eine Last von viertausend Pfunden. (Ein persisches Pfund wäre gegenwärtig gleich 5 bis 6 Lot; J. Lorber.) Dazu besitzen wir viel Ländereien und viele und große Herden. Daher macht uns das nun soviel wie gar nichts; verlange du von uns, was du willst, und wir werden uns nur freuen, deinem Willen und Ausspruche gemäß zu handeln! Denn zehnmal soviel dürften wir wohl in den Städten Judäas noch ausständig haben! Wir geben dir dann sogleich bares Geld oder die sichersten Anweisungen.

14] Was dir, o Herr dieser Gegend, genehmer ist, das wollen wir tun; denn geizig und knickerig waren wir nie! Wir wissen ja, dass Reichtum sich gleichfort in der Hand des Allmächtigen befindet, der ihn einem Menschen über Nacht geben und in einer nächsten wieder nehmen kann! Wir sind dessen Sachwalter nur; der ganz alleinige Herr darüber ist der Herr, Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs!

15] Du kannst hieraus schon entnehmen, mit welcherlei Menschen du hier in uns zu tun hast; daher gebiete nur, und wir werden tun nach deinem sicher weisen Ausspruche!“

16] Sage Ich: ”Was Ich einmal ausgesprochen habe, bei dem bleibt es! Denn Ich kenne euch und alle eure Verhältnisse, und ihr tut genug, so ihr Meinem Verlangen nachkommt; wollt ihr aber irgend wahrhaft Armen mehr tun, so wird euch niemand etwas Hinderliches in den Weg legen. Aber es ist hier etwas zu bekommen, das endlos mehr wert ist denn alle eure nahe unermeßbaren Erdschätze! - Doch davon später ein Weiteres!“

17] Sagen die beiden Abgeordneten: ”Du scheinst ein sonderbarer Weiser zu sein! Die Schätze dieser Erde scheinen dich nicht zu rühren; auch von einer vielleicht übertriebenen Wohltätigkeit scheinst du eben kein besonderer Freund zu sein! Geistesschätze gelten bei dir sicher mehr denn alles Gold der Erde! Hast auch ganz vollkommen recht in aller solcher Hinsicht; denn des Geistes Schätze dauern ewig, während die irdischen für jeden Menschen nur bis zum Grabe andauern, und dann ist es gar mit ihnen für den, der von dieser Erde hinweggenommen wurde!

18] Ja, du weiser Herr, gib du uns die Schätze der Weisheit, - die werden uns lieber sein denn all unser Gold, unsere Edelsteine und schweren Silbermassen! - Aber nun wollen wir gehen und unsere Brüder von all dem getreu und genau benachrichtigen!“

19] Sage Ich: ”Ja, ja, geht, sagt das alles euren Brüdern, und kommt wieder mit den Brüdern; denn ihr seid eurer in allem ja nur zwanzig an der Zahl, ohne die Schiffer, und habt leicht Raum allhier!“

20] ”Jawohl!“, sagen die frohen Abgeordneten, ”Raum haben wir wohl; aber es fragt sich nur, ob du auch die Güte haben wirst, uns irgend etwas Weises mitzugeben. Denn bei uns in Persien wird die echte Weisheit immer seltener, und an ihrer Stelle macht sich die Zauberkunst der heidnischen Priester immer breiter und breiter und wird wohl noch ehestens aller Weisheit selbst der dort lebenden Juden ein Ende machen, - besonders wenn die herrsch- und habgierigen Priester und Götzendiener vom Könige aus eine Gewalt überkommen, was sehr zu befürchten ist, da sie dem Könige über alle Maßen zusetzen und ihm Tag und Nacht in den Ohren liegen.

21] Wir haben ihnen bisher noch die Stange gehalten durch unsern großen Reichtum; aber diese bösen Menschen verstehen es auch, sich unermeßliche Schätze zu erbeuten, und greifen dem verschwenderischen Könige bei jeder Gelegenheit unter die Arme. Und so wird es wohl geschehen, dass sie der Toleranz des sonst gutherzigen Königs einen Garaus machen werden. - Aber davon nachher ein mehreres; jetzt heißt es die sehnsüchtigen Brüder unterrichten von all dem hier Vernommenen!“ - Mit diesen Worten verneigen sie sich und eilen zu ihren Brüdern. Allda angelangt, geben sie getreust von allem Vernommenen Nachricht und besprechen sich nun über manches mit ihren Gefährten und Gefährtinnen.



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 3  |   Werke Lorbers