Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 116


Das Wesen und Treiben der Naturgeister.

01] Jarah aber sagt: ”Wer hätte denn je in diesen luftigen Männlein so viel Weisheit gesucht?! Aber im Grunde bin ich doch froh, dass sie wieder abgezogen sind; denn sie hätten uns mit der Zeit noch ganz kurios warm gemacht, obwohl sie für sich ganz kalter Natur zu sein scheinen. Von einer Liebe scheint in ihnen nicht viel zu wohnen; aber sie wissen sehr wohl das Wahre vom Falschen zu unterscheiden. Was wird denn hernach aus diesen Wesen, wenn sie den Weg des Fleisches gar nicht durchmachen wollen?“

02] Sage Ich: ”Sie werden ihn schon einmal durchmachen; aber es wird noch lange hergehen, bis sie sich dazu entschließen werden. Die Lichtblauen am ehesten, die andern aber noch lange nicht!

03] Denn die Seelen, die so aus der Natur dieser Erde hervorgegangen sind und täglich hervorgehen, entschließen sich äußerst schwer dazu; nur viele Erfahrungen und viele Erkenntnisse und daraus hervorgehende beste Hoffnungen sind es, die sie dazu bewegen, wenn sie zu der sichern Erkenntnis kommen, dass sie durch den Fleischweg nie etwas verlieren, sondern nur gewinnen können, indem sie im schlimmsten Falle das wieder werden können, was sie nun sind.

04] Diese Naturseelen halten sich zumeist gern in Bergen auf, gehen aber auch in die Wohnungen ganz einfacher, armer, schlichter Menschen und tun ihnen Gutes; nur dürfen sie nicht beleidigt werden. In diesem Falle ist mit ihnen nicht gut Mahlzeit halten.

05] Sie besuchen heimlich auch Schulen und lernen vieles von den Menschen. Den Bergleuten zeigen sie nicht selten die besten und reichsten Metallager. Auf den Alpen dienen sie den Hirten und den Weidetieren; nur dürfen sie nicht beleidigt werden.

06] Es gibt noch etliche solcher Naturseelen auf dieser Erde, die nahe ein fünffaches Alter Methusalems erreicht und den Weg des Fleisches noch nicht betreten haben. Alles wäre ihnen sonst recht, - nur der Verlust der Rückerinnerung hält sie am meisten zurück, weil sie dies als eine Art Tod ihres gegenwärtigen Seins ansehen.

07] Nun aber wisst ihr auch, was es da mit diesen Wesen für eine Bewandtnis hat. Gebet nun aufs Weitere acht, was da kommen wird!“

08] Sagt hier einmal auch unser alter Kisjonah aus Kis: ”O Herr, als Du vor etlichen Wochen in meinem Hause Dich gnädigst aufgehalten hast, was Großes und Erhabenes habe ich da alles gesehen und gehört! Aber was nun während ein paar Tagen meines Hierseins alles geschehen ist, und gehört und gesehen ward, davon hat in ganz Galiläa wohl niemand irgendeinen noch so leisen Traum gehabt! Herr, vergib, dass ich es gewagt habe, mit meinem plumpen Munde Dich nur in irgend etwas zu unterbrechen! Denn man sollte hier eigentlich selbst nie ein Wort reden, sondern allein hören und schauen; und versteht man irgend etwas nicht ganz auf der Stelle, so gedulde man sich nur ein wenig, und es kommt bald die Erklärung von selbst! - Ich habe schon ausgeredet!“

09] Sage Ich: ”Oh, rede und frage du, Mein liebster Freund Kisjonah, nur immerhin und -zu, denn Deines Mundes Rede klingt überaus wohl in Meines Herzens Ohren; denn der Demut Stimme Klang ist Mir bei weitem die allerschönste Harmonie.

10] Du hast auch gestern am Tage vernommen den herrlichen Ton, den Mein Engel Raphael hervorbrachte; wie himmlisch herrlich sich aber auch jener Ton hat vernehmen lassen, so klingt Meinem Ohre der reinste Klang der wahren Demut noch ums unvergleichbare herrlicher!

11] Du bist auch ein rechter Mann nach Meinem Herzen, und Ich werde die Wintertage in deinem Hause zubringen, und da wird sich noch so manche Gelegenheit finden, dich und dein ganzes Haus über so manches aufzuhellen. Sei du darum immerhin guten Mutes, und schaue dir nun alles gut an, die Erklärungen werden nicht hinterm Wege verbleiben!“

12] Sagt Kisjonah: ”O Herr, dieser zu großen Gnade bin ich zwar wohl nicht im geringsten wert, aber solch ein Winter wird für mich wohl eine allerseligste Zeit sein! Oh, welche Freuden werden daselbst in meinem Hause vor sich gehen! Aber nun wohl kein Wort mehr über meine Lippen!“

13] Sagt Cyrenius: ”Da werde auch ich von Zeit zu Zeit ein Bewohner deines Hauses werden und alles beitragen, um die ganze Gegend, das heißt die Armen, so gut als tunlich zu versorgen!“

14] Sagt Kisjonah: ”Hoher Gebieter, das wird von dir sehr schön sein, und mir wird es zu einer großen Freude sein! Aber ich bitte, nur jetzt nicht viel reden dazwischen; denn an uns schweben in einem fort Wunder über Wunder vorüber, und wir betrachten sie mit einer viel zu geringen Aufmerksamkeit!“



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