Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 208


Die Sitten der Nubier und die Sitten der Weißen.

01] Wir standen nun endlich, als eben die schöne Morgensonne ihren natürlichen Lichtglanz wieder annahm, von unserem Tische auf und begaben uns schnell zu den Mohren hin. Als Ich hinkam, erhoben sich alle von ihrem langen Tische und machten vor Mir ihre ehrfurchtsvollste Verbeugung mit quer über ihre Brust gelegten Händen.

02] Und der Anführer sagte mit gut galiläisch-hebräischer Zunge: ”Herr, Herr, Herr! Nun ist kein Ungläubiger mehr unter uns! Jedes Wort aus Deinem heiligsten Munde wird für uns eine nie ermeßbar große Gnade Deiner wahrhaftigsten Freundlichkeit und Erbarmung sein für alle Zeiten der Zeiten, ja für die Ewigkeit!

03] So Du, ewig Heiligster, uns Schwarzhäute einer näheren Belehrung über uns und unsere Pflichten und dann auch über Dein Wesen für würdig hältst, so beglücke uns nur mit einigen Worten aus Deinem Munde, und wir werden uns dadurch für alle Zeiten der Zeiten auch noch in unseren spätesten Nachkommen für überglücklich fühlen, Dich als den Schöpfer und Herrn aller Sinnen- und Geisterwelt gesehen und gesprochen zu haben!

04] Jener Lichtglanz, den ich in meinen Gesichten schaute als eine ewige Lebensglorie um Dein heiliges Wesen, ist nun ersichtlich in Deiner großen Liebe, Freundlichkeit, und in Deiner Weisheit, die ihresgleichen nicht hat in der ganzen Unendlichkeit.

05] Wir sind nun als willige Lämmer, wenn auch mit schwarzer Wolle bewachsen; aber wie die schwarze Farbe sicher mehr Lichtes und der Wärme in sich aufnimmt als die weiße - darum wir auch weiße Kleider tragen, um die Überfülle des Lichtes und der Wärme von uns hintanzuhalten -, so glaube ich auch, dass wir Schwarzhäute auch das heilige Licht Deines Geistes tiefer und heftiger in unser Gemüt aufnehmen werden denn gar viele, deren Fleisch in eine weiße Haut gehüllt ist, aber ihr Gemüt des Geistes Licht ärger abstößt, denn unsere weißen Kleider das Naturlicht und dessen Wärme, wie wir solche Beispiele genug im großen Memphis angetroffen haben, die der Oberste 'bewegliche Lebensschatten' genannt hat. Diese leben gleich den Tagesfliegen, die der Morgen erschafft und der Abend wiederum tötet.

06] Wir haben zwar auch nichts, dessen wir uns vor Dir, o Herr, rühmen könnten; aber das wissen wir doch, dass wir nicht mehr als Menschen sind, und dass wir alle Werke eines und desselben Schöpfers sind und uns daher auch nie einbilden können, dass einer vor dem andern etwas voraus hat, als wäre er im Ernste irgendein herrschender Halbgott, wie wir solches bei den Weißen gesehen haben, wo sich einer als ein Herr dünkte und alle andern sich bis zur Erde vor ihm beugen mußten, und die es nicht taten, sogleich mit Ruten gezüchtigt wurden. Herr, diese Tugend der Weißen gefiel uns durchaus nicht, und es schaut in solcher Zucht sehr wenig von irgendeiner Weisheit heraus!

07] Wir schlagen unsere Kinder nie, auch kein Tier; aber wir haben Geduld und Ausharrung und üben unsere Kinder beständig in allem, was wir als gut, wahr und notwendig erkannt haben. Werden unsere Kinder dann groß, kräftig und verständig, so behandeln wir sie nicht mehr als unsere zeitlebigen Sklaven, sondern als unsere mit uns ganz ebenbürtigen Brüder und Menschen, die gleich uns Eltern mit allen Lebensrechten aus der Hand Gottes hervorgegangen sind. Und dennoch lieben uns unsere Kinder überaus, und nie versündigt sich irgend ein Sohn oder eine Tochter je gegen Vater und Mutter!

08] Bei den Weißen sahen wir die Kinder aus Furcht kriechen und gleich Hunden winseln vor dem strengen Angesichte ihrer Eltern! Man hätte da auf den Glauben kommen sollen, dass auf diese Weise Engel erzogen werden. Wie aber dann solche Kinder bei Gelegenheiten aus den Augen der Eltern gerieten, da waren sie ausgewechselt und hätten ganz bequem für Jünger der Teufel gehalten werden können, wie wir von derselben bösesten Anwesenheit in den argen Klüften der Erde vom Obersten in Memphis Kunde erhalten haben. - Für solch eine Zucht der Menschen möchten wir uns für ewige Zeiten bedanken!“



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