Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 6, Kapitel 50


Jesu Hilfe für reichen Fischzug. Die wohlschmeckenden Edelfische.

01] (Der Herr:) ”Aber nun wird es an der Zeit sein, daß wir uns zum Fischen fertig und bereit machen; denn nun ist eben die beste Zeit dazu.“

02] Sagte der Wirt: ”Weil Du, o Herr, es sagst, darum wird nun wohl die beste Zeit sein; aber sonst nach unserer Fischerregel wäre jetzt eigentlich die ungünstigste Zeit, weil die Fische nun gleich mit der Sonne untergehen und sonach auf der Oberfläche nicht viele Fische mehr vorhanden sind.“

03] Sagte Ich: ”Eben darum wollen wir jetzt uns an das Fischen machen, und es soll sich da zeigen, daß wir uns auf das Fischen auch besser verstehen denn die andern Fischer. Am Tage und auf windlosem Meere kann jedermann fischen; aber am Abende und bei sehr unruhigem Meere fischen kann außer Mir jetzt wohl gar kein Fischer mehr. Und so gehen wir und richten uns unser Fischzeug zu!“

04] Darauf verließen wir das Zimmer, nahmen das Fischzeug, das in mehreren großen Zugnetzen bestand, machten die Fischerboote los, bestiegen sie und fuhren bei drei Feldweges (Feldwegs = griech. Wegmaß von 192 m) weit vom Ufer.

05] Da sagte Ich: ”Nun werfet die Netze aus, spannet sie gut aus, und die Ruderer steuern gemach dem Ufer zu, und am Ufer wird sich zeigen, ob die untergehende Sonne uns zu unserer Arbeit ein Hindernis war!“

06] Solches geschah nach Meiner Anordnung, und als wir ans Ufer kamen, da waren die Netze so voll von den edelsten Fischen, daß sie beinahe zu reißen anfingen. Als die Fischer anfingen, die Fische aus den Netzen in die Fischbehälter zu klauben, da hatten sie nicht Raum genug, um alle aufzunehmen; beinahe ein gutes Dritteil mußte in den Netzen eingebündelt, also im Wasser zwischen den Booten hängend, verbleiben.

07] ”Nein“, sagte der Wirt, ”so ein Fang um diese Zeit gehört zu den unerhörtesten Dingen! O Meister, wenn Du mit noch zehnmal soviel Jüngern volle zehn Jahre in meinem Hause wohntest und lehrtest, so könnte ich Dir dadurch nicht vergüten diesen Gewinn, den Du mir heute durch diesen Fischzug bereitet hast! Siehe, mein großes und gut gebautes Haus samt den vielen und zweckmäßigen Wirtschaftsgebäuden und samt allem, was darin ist - auch mit allen Äckern, Wiesen, Waldungen, Hutweiden und Weinbergen -, hat lange nicht den Wert wie diese beinahe zahllos vielen und großen Edelfische, die sonst nur zur Winterszeit selten hie und da gefangen werden. Wenn man da nur etwa im glücklichsten Falle zehn fangen kann, so ist man ohnehin schon ein reicher Mann, denn Fische dieser Gattung werden fürs Stück um hundert Silbergroschen von den Römern und Griechen reißend aufgekauft, eingesalzen und an die Höfe der Könige sicher um dreihundert Silbergroschen verkauft. Wenn es Dir, o Meister, genehm wäre, so würde ich meine Knechte mit einigen Stücken in die Stadt zu den Römern und Griechen senden, und ihr werdet euch überzeugen, mit wieviel Geld beladen sie ehest heimkehren werden!“

08] Sagte Ich: ”Tue das immerhin; aber nur das sage allen deinen Leuten, daß sie Mich nicht ruchbar machen; denn da würden wir in kurzer Zeit alle die großen Römer und Griechen am Halse haben! Aber für unser Abendmahl werde auch mit diesen edelsten Fischen gesorgt, und du selbst mußt wacker mitessen; denn bis jetzt hast du von dem Wohlgeschmack dieser Art Fische nur reden hören, selbst jedoch nie einen verkostet. Wenn du nun erst selbst einen verkosten wirst, dann wirst du auch erst selbst erfahren, warum man diese Fische so teuer bezahlt. Und nun magst du deine Knechte mit den Fischen schon aussenden; aber sie sollen die aus den Netzen nehmen. Auch für uns sollen die aus den Netzen genommen werden; denen in den Behältern werde Ruhe gegeben!“

09] Da ging der Wirt, machte die Sache mit den vielen Knechten ab, und bei fünfzig an der Zahl nahm ein jeder zwei Fische, da er einen dritten nicht mehr zu tragen imstande gewesen wäre, und trug sie gemeinschaftlich in die Stadt. Die Knechte begaben sich schnell zu den Römern und Griechen, und als diese der bekannten Edelfische ansichtig wurden, da entstand eine förmliche Verkaufsversteigerung derart, daß ein Fisch von nur 40 -50 Pfund Gewicht um zweihundert Silbergroschen aufgekauft wurde.

10] Es fragten wohl die Römer und Griechen, wie etliche reiche Juden, wie sie denn in dieser für derlei Edelfische ganz ungewöhnlichen Zeit zu ihnen gekommen seien.

11] Aber die Knechte sagten, sie seien durch einen fremden Fischer auf ein Geheimnis gekommen, derlei Fische auch außer der Winterszeit zu bekommen, und die Fische seien die sichersten Zeugen, daß sich das Geheimnis bewähre. Da wurden sie nicht weiter befragt und brachten dem Wirte bald eine große Menge Geldes als Erlös für die Fische, so daß er kaum Behälter zur Genüge fand, um all das Geld unterzubringen und zu verwahren.

12] Mittlerweile wurde auch unser Nachtmahl fertig, und wir setzten uns zum großen Tische.

13] Als die Judgriechen der wohl zubereiteten Fische ansichtig wurden, sagten sie: ”Von dieser edelsten Gattung haben wir nur einmal einen zu verkosten bekommen, und jetzt liegt eine solche Menge vor uns! Oh, das ist des Guten wahrlich zu viel! O Meister, das ist auch Dein Fleisch und Blut nach der guten Erklärung des Wirtes; denn ohne Dein Wort und ohne Deinen Willen wären wir zu solch einer Mahlzeit wohl nimmer gekommen! Ja, da sieht man es klar, was alles die Liebe, Weisheit und Allmacht Gottes vermag! O wie gar nichts ist doch der Mensch gegen Dich, o Herr und Meister!“

14] Sagte Ich: ”Es ist dem nicht gerade also; denn es ist dies ja eben der Wille des Vaters, daß ein jeder Mensch also vollkommen werden soll, wie Er Selbst im Himmel vollkommen ist. Und die Zeit wird es zeigen, daß Meine wahren Jünger noch Größeres tun werden, als wie Ich nun tue! Aber die Zeit ist noch nicht da, wird aber nicht gar lange mehr auf sich warten lassen. - Nun aber lassen wir das und essen und trinken nach Lust und Not!

15] Solange die Hochzeitsleute den Bräutigam unter sich haben, sollen sie keine Not leiden; denn sie werden, so der Bräutigam aufgefahren sein wird dahin, von wo Er gekommen ist, der Not noch genug zu erleiden bekommen. Der wahre Bräutigam aber bin Ich, und die an Mich glauben, sind die wahren Bräute und Hochzeitsleute zugleich. Darum nun nur heiteren und fröhlichen Mutes!“

16] Darauf griffen alle wacker zu und aßen und tranken mit großer Lust und wurden dabei voll guter und heiterer Dinge.

17] Ein Judgrieche sagte beim Genusse des Fisches: ”Zu Kis beim Kisjonah haben wir auch Edelfische gegessen, die sehr gut waren; aber sie stehen in gar keinem Vergleiche mit diesen Fischen, und es ist doch hier auch dasselbe Meer und Wasser?!“

18] Sagte Ich: ”Das sicher, - aber nicht derselbe Grund! Diese Art Fische sind selten und kommen natürlich nur in dieser Gegend vor. Aber sie sind zumeist nur im tiefen Grunde zu Hause, wo sie denn auch ihre Nahrung finden, die in einer Art unterseeischer Pflanzen besteht. Die Pflanzen aber kommen nur hier vor, und zwar in einer Strecke von tausend Acker Landes; dann ist der Grund des Meeres weithin taub, und diese Fische kommen dort nicht vor. - Aber nun nur gegessen und getrunken!“



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