Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 37. Kapitel: Einblicke in die Gründe der Urschöpfung.

01] Sagte der Schriftgelehrte: »Aber wie werden die Teufel dessen inne? Können sie diese Erde und auch uns Menschen samt unserem Handeln sehen?«

02] Sagte Ich: »O ja, aber nur das, was da ist ihresgleichen. Ich sage es dir: Auch da versammeln sich schnell die bösen Geier, wo sich ein ihnen wohlschmeckendes Aas befindet.

03] Ich allein weiß es von Ewigkeit her, was dazu erforderlich ist, um einen Gedanken aus Mir zu einem freien Wesen, und das in der vollsten göttlichen Selbständigkeit, darzustellen; daher weiß Ich auch nur ganz allein, was dazu gehört, um dieses allerhöchste Werk vollkommen zu realisieren. Ob nun Tod, Gericht, Mensch oder Engel, das ist vor Meinen Augen bis zur Realisierung des Hauptzweckes Meiner Liebe und Weisheit ganz ein und dasselbe. Denn, wisse du, der Ewige hat immer Zeit genug dazu. David sagte zwar, daß tausend Jahre vor Gott kaum ein Tag seien. Ich aber sage dir, du nun Mein schriftgelehrter Freund: tausendmal tausend Jahre sind vor Mir kaum ein allerflüchtigster Augenblick!

04] Siehe, du bist nun da, und zahllose myriadenmal Myriaden Schöpfungen, wie nun diese es ist, liegen schon vollendet hinter uns, der natürlichen Zeitenfolge nach! Welche Beschwerde kannst du darum gegen Mich anbringen, daß Ich dich nun erst in dieser jüngsten Zeit habe ins Dasein treten lassen? Und welche Beschwerde werden dann erst die gegen Mich anstrengen können, die Ich erst nach vergangenen äonenmal Äonen langen Zeit- und Ewigkeitsfolgen ins Dasein rufen werde?

05] Ich bin ja doch der Herr Meiner ewigen Gedanken und Ideen und kann sie ins selbstbewußte freie Dasein rufen, wann Ich will! Denn Ich stehe ewig unter keinem Gesetz, weil Ich Selbst das Gesetz von Urewigkeit her bin, und Ich kann darum in der göttlich moralischen Angelegenheit auch ein Gesetz, was nur von Mir ausgehen kann und in Meinem Wollen liegt, ergehen lassen, wie und wann Ich aus Meiner Liebe und Meiner Weisheit heraus es will!

06] Wer außer Mir kann das voraussehen, und wer Mich dazu nötigen und bestimmen, als nur Ich Mich Selbst aus Meiner ewigen Ordnung heraus?

07] Mein ewig freiester Wille ist das Gesetz über Meine Gedanken und Ideen, die zwar von Ewigkeit in Mir ihr nur für Mich beschauliches Dasein haben; wenn es Mir aber nach Meiner Liebe wohlgefällig ist, sie in ein festes und selbständiges Dasein treten zu lassen, so bestimmt Meine Weisheit Meinen Willen zum Gesetz über Meine Gedanken und Ideen, und sie werden zu Realitäten wie außerhalb Meines Seins, und sie müssen dann also fortbestehen als äußere selbständige Realitäten, solange Meine Liebe und Weisheit Meinen Willen als das Gesetz aller Gesetze über sie gutachtlich und zweckdienlich waltend erhält.

08] Und siehe, also ist der Fortbestand auch der persönlichen Teufel ein Gesetz, das in sie gelegt ist nebst dem noch immer eigenen freien Willen! Solange sie selbst Mich nicht als Den anerkennen wollen, der Ich von Ewigkeit her war, noch bin und ewig sein werde, so lange auch wird Mein Mußgesetz nicht von ihnen weichen; denn zöge Ich Mein Mußgesetz hinweg, so hätte ihr Dasein für sich als ein selbständiges ein Ende.

09] Ob sich aus seinem freien Willen ein schon für sich bestehendes Wesen jetzt oder etwa erst gar nach einer für dich undenklich langen Zeit bessert und ins Reich der Wahrheit übergeht, das kann Mir wohl nur ein und dasselbe sein, und Ich werde darum Meine ewige Ordnung nicht um ein Haar ändern; wer es aber in sich anders haben will, der kann das auch, denn es sind ihm alle Mittel dazu gegeben.

10] Da Ich euch nun aber auch die Wohnörtlichkeiten der argen und bösen Seelen, die die eigentlichen persönlichen Teufel sind, angezeigt habe, so meidet, wenn ihr euch noch irgend schwach fühlet, dieselben; denn an solchen Orten droht dem Schwachen noch immer Gefahr! Wer sich aber als ein noch Schwacher in eine Gefahr begibt, der kommt auch leicht in der Gefahr um, oder er kommt zum wenigsten nicht leicht ganz ohne Schaden davon.

11] Lasst euch denn auch nicht gelüsten nach all dem unlauteren und unreifen Zeug dieser Welt, dieweil ihr als nun schon auf der letzten Stufe der inneren Lebensvollendung stehende Menschen das alles hinter euch habt! Trachtet nur stets nach vorwärts und nicht mehr nach dem unreifen Rückwärts, so werdet ihr leicht und bald am wahren Lebensziel stehen, und es wird euch dann nicht mehr gelüsten, auch nur Blicke nach dem unreifen Rückwärts zu machen! - Habt ihr alle das nun auch verstanden?«

12] Sagte der Schriftgelehrte: »Herr und Meister, auch das ist uns nun klargeworden, und wir wissen nun, wie wir auch in dieser Beziehung daran sind; aber es gibt unter den Menschen doch so manche Erscheinungen, mit denen man doch noch nicht so recht im klaren ist. So zum Beispiel kenne ich selbst im Judenlande mehrere alte Burgen und von den Menschen vielleicht schon einige Jahrhunderte nicht mehr bewohnte alte Häuser. In denen spukt es oft so entsetzlich, daß sich kein sonst noch so beherzter Mensch ihnen nur von weitem zu nahen getraut, und wehe dem, der etwa wie zufällig oder auch des leidigen Sachverhaltes unkundig, solchen Orten in die Nähe kommt! Denn ein solcher Mensch wird sehr übel bedient, und noch um vieles übler der, welcher gar mutwilligerweise sich an einen solchen Ort hinbegeben möchte. Nun, solche eben nicht selten vorkommenden Orte sind schon gar viele Jahre lang weder von einem noch dem andern groben Sünder betreten worden, und man darf sie dennoch nicht betreten. Was ist hernach das?«

13] Sagte Ich: »O Mein Freund, da steckt nicht immer das dahinter, was du meinst, sondern zumeist etwas ganz anderes. Laß du solche berüchtigten Burgen und alten Meierhöfe nur von einer mutigen Kriegerschar umringen, und Ich stehe dir dafür, daß sich bei solch einer Gelegenheit deine sonst so gefährlichen Erscheinungen derart zurückziehen werden, daß kein Krieger von ihrem allfälligen Dasein auch nur das Allergeringste merken wird!

14] Es gibt wohl hie und da schon auch solche Örtlichkeiten, in denen sich Seelen von schon lange verstorbenen Menschen aufhalten und sich dann und wann den vorüberziehenden Menschen auf eine oder die andere Art bemerkbar machen. Das sind Seelen, die bei ihren Leibeslebzeiten zu mächtig in ihren irdischen Besitz verliebt waren und, um ihn zu vermehren, auch so manche große Ungerechtigkeit begangen haben. Solche auch höchst materiell gewordenen Seelen halten sich dann auch nach dem Abfalle des Leibes in jenen Örtlichkeiten auf, die ihnen bei ihren Leibeslebzeiten über alles lieb und teuer waren, und das oft so lange, bis von ihrem meist so teuren Besitz jede Daseinsspur verweht worden ist. Dann erst fangen sie an, jenseits mehr und mehr darum in sich zu gehen, weil sie in sich selbst zu gewahren anfangen, daß aller irdische und zeitliche Besitz ein eitler und leerer Wahn ist und war.

15] Doch solche Seelen können nie in eine gar zu fühlbare Bosheit ausarten, und ihr höchst beschränktes und machtloses Dasein kann keinem Menschen auch nur einen moralischen Schaden zufügen, im Gegenteil wirkt ihr Sich-dann-und-wann-Kundgeben oft ganz gut auf den Unglauben so manches Weltmenschen ein, der dann gläubig wird und sein Weltleben ändert, weil er nach dem Tode des Leibes ein Fortbestehen der Menschenseelen erfährt, das ihm eben nicht von einer guten und seligen Art zu sein scheint.«



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