Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 123. Kapitel: Geschichtliche Bemerkungen Jesu über das Haus Davids.

01] Darauf durchwanderten wir alle Gemächer, die mit allerlei Kostbarkeiten geschmückt waren.

02] Als wir darauf wieder in unseren Speisesaal kamen und uns zu dem Tische, der noch mit allerlei Speisen und Getränken wohl besetzt war, setzten und einer und der andere auch noch etwas aß und trank, da sagten die Römer: »Fürwahr, das ist ein wahres Königshaus und zeugt von der einstigen Größe des Judenvolkes! Nur eines wundert uns, und das besteht geschichtlich darin, wie dieses Haus in der Zeit der Herrschaft Babylons, die doch lange nach dem Könige David durch volle vierzig Jahre dauerte, verschont worden ist! Denn wie man es liest, so hat der König Babylons, als er dieses Land erobert und Jerusalem und den Tempel zerstört hatte, sich auch aller Schätze dieses Landes bemächtigt und sie nach Babylon geschleppt. Hatte er da keine Kenntnis von den großen Schätzen dieses merkwürdigen alten Königshauses?«

03] Sagte der Wirt: Nach der Chronik dieses Hauses haben die Babylonier dieses Haus verschont! Denn erstens trieben sie ihr Wesen doch hauptsächlich nur in und um Jerusalem in den gewissen zehn Städten, auch in Samaria und auch in Galiläa. Diese damals noch sehr armselig aussehende Gegend um Bethlehem schonten sie mehr und nahmen ein mäßiges Lösegeld; die Bewohner aber führten sie nicht in die Gefangenschaft, sondern verlangten von ihnen nur die Untertänigkeit, die volle Anerkennung der Herrlichkeit Babylons und die jährliche Zahlung des Tributs. Wer sich willig dazu bekannte und ihnen das Verlangte an dem festgesetzten Termine abgab, der hatte dann Ruhe; aber wo die Babylonier auf einen hartnäckigen Widerstand kamen, da wurde freilich alles niedergemacht, und Häuser und Städte wurden geplündert und verwüstet. Dies war aber in Bethlehem nicht der Fall, und so steht das alte Bethlehem noch, wie es in den Zeiten Davids erbaut worden ist, und also auch dieses Haus. Zudem hatte diese Gegend, die noch stets Gott dem Herrn am getreuesten geblieben ist, Gott auch nicht so hart heimsuchen lassen wie das stolze alte Jerusalem und auch die zehn reichen Handelsstädte, die viel Goldes und Silbers besaßen. Das scheint nach meiner Ansicht denn auch der Grund zu sein, aus dem sich die Babylonier hier milder benommen haben denn in den anderen Städten und Orten.«

04] Sagte Agrikola: »Ja, ja, es wird sich das schon also verhalten; denn so die Babylonier Herren dieses großen Judenreiches geworden sind, da durften sie es ja vernünftigermaßen nicht von allen Arbeitskräften entblößen. Hätten sie das getan und das Land menschenleer gemacht, von wem hätten sie sich den Tribut können bezahlen lassen? Daß sie aber die Menge der damals Vorzüglichsten als Geiseln nach Babylon in die Gefangenschaft werden geschleppt haben, das ist ganz sicher und wahr, und so kann dieser Ort und diese Gegend, wo sich das Volk ruhig und ohne Widerstand ergab, auch mehr verschont worden sein. Wir Römer, die wir als Krieger und Eroberer mit den Eroberten auch sicher nicht zu barmherzig umgehen, tun das auch und erweisen uns gegen ein Volk oder gegen eine Stadt oder Gemeinde, die sich uns frei und freundlich ergibt, nie als Feinde, sondern sogleich als Freunde.«

05] Hierauf bat der Wirt die Römer, daß sie daheim von dem, was sie hier gesehen haben, keinen Verrat machen möchten.

06] Sagte Agrikola: »Sorge du dich nicht darum, denn uns Römern ist das Eigentumsrecht heilig, und unsere Gesetze hängen die Diebe, Räuber, Mörder und Verräter ans Kreuz! Habe du darum ganz sorglos, was du hast, und sei gegen die Armen nach deinem Vermögen wohltätig, wie es dir der Herr und Meister angeraten hat, so wirst du Ruhe haben, denn auch wir Römer glauben an den Herrn und an die Erfüllung Seiner Verheißungen.«

07] Nach diesen Worten des Römers erhoben wir uns vom Tische, begaben uns wieder ins Freie und fingen an, Anstalten zum Rückzuge nach Bethanien zu ordnen (treffen), von denen aber freilich der Wirt nichts wissen wollte. Da wir aber doch darauf bestanden, so bat er uns, doch noch wenigstens eine Stunde bei ihm zu verbleiben. Das taten wir denn auch, besprachen uns noch über manches und traten dann, vom Wirte begleitet, den Rückweg an. Der Wirt, sein Weib, seine Kinder und auch seine Mutter samt dem geheilten Knechte aber dankten Mir noch vor der Abreise auf das innigste und baten Mich, daß Ich ihrer nicht vergessen möchte, wenn sie wieder elend würden. Ich versicherte sie dessen, gab ihnen Meinen Segen und entließ sie dann bis auf den Wirt, der, wie schon bemerkt, uns bis nach Bethanien begleitete.



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