Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 183. Kapitel: Belehrungen durch Raphael.

01] Auf des Raphaels frühere und auf diese Meine Belehrung trat eine Ruhe ein; denn alle dachten über das Gesehene und Vernommene nach und prägten es so tief als möglich ihrem Gedächtnisse und ganzen Gemüte ein.

02] Raphael aber besprach sich wieder mit Philopold und Kisjona über die Urzeit der Erde und über die Veränderungen derselben; denn Philopold war ein guter Erderforscher und hatte aus seinen Beobachtungen schon recht vieles aufgezeichnet und seine Urteile darüber gemacht, und ebenso unser Kisjona. Darum interessierten sich denn auch beide sehr für das, was ihnen Raphael darüber mit großer Klarheit und Leichtigkeit eröffnete.

03] Meine Jünger, die derlei schon zu öfteren Malen in großer Klarheit vernommen hatten, gaben freilich wohl eben nicht so sehr acht darauf und besprachen sich darum mehr über das, was sie von Raphael über das Wesenhafte des Reiches Gottes und über den Grund der Verschlimmerung der Menschen auf dieser Erde aus Meinem Munde vernommen hatten. Aber alle die andern, die davon, was Raphael dem Philopold und dem Kisjona erklärte, noch nie etwas Ausführliches und Gründliches vernommen hatten, hörten dem Raphael mit der größten Aufmerksamkeit zu und verwunderten sich über Meine Macht und Weisheit, der Ich solches alles also in der höchsten Ordnung eingerichtet habe.

04] Besonders interessierte das den Arzt aus Melite (heutiges Malta), denn er hatte sich seine Kenntnisse zumeist in Athen, auch in Alexandrien in Ägypten und zu Syrakus auf Sizilien erworben und hatte sich in seiner Jugend viel mit dem Erforschen der Erde und ihrer Kräfte abgegeben. Er hatte zu dem Behufe denn das Ägypten bis zu den Wasserfällen durchreist, ebenso ganz Griechenland, die Gegenden am Pontus und auch am Kaspischen Meere, ebenso auch einen bedeutenden Teil von Arabien und die Küsten Asiens am Mittelmeere, und hätte darum gern mit Raphael in dieser Hinsicht zu reden angefangen; aber da Raphael über alles so im Vorbeigehen sprach, da konnte unser Arzt nicht zu Worte kommen und horchte darum lieber still auf die Erklärungen Raphaels und machte für sich seine Bemerkungen.

05] Als aber Raphael von den feuerspeienden Bergen zu reden begann, da konnte sich unser Arzt nicht mehr enthalten, Raphael zu bitten, ob er ihm nicht gestatten möchte, ihn um dies und jenes zu fragen.

06] Raphael aber sagte: »Horche du, Freund, nur auf das, was ich alles in Kürze darüber sagen werde, und du wirst auch deine gemachten, dir bis jetzt unerklärlichen Erfahrungen ganz wohl erklärt vernehmen und sie auch verstehen!

07] Denn euren Ätna und euren Vesuv kenne ich von ihrem innersten Ursprung an, so wie ich auch deine Gedanken und Fragen schon lange eher genauest kenne, als du sie noch gedacht hast; denn des Herrn Geist und Leben, das mein Alles ist, ist auch in mir allwissend und vollmächtig.«

08] Als der Arzt solches von Raphael vernommen hatte, stellte er sich vollkommen zufrieden und horchte auf die weiteren Erklärungen des Engels mit der gespanntesten Aufmerksamkeit.

09] Die Erklärungen aber dauerten über zwei volle Stunden, und alle, die sie mit der rechten Aufmerksamkeit angehört hatten, haben in der kurzen Zeit über das Wesen und über die Beschaffenheit der Erde mehr kennengelernt, als das einem noch so eifrigen Jünger je in einer Hochschule zu Athen oder zu Alexandrien, oder in Syrakus in hundert Jahren möglich gewesen wäre.

10] Als Raphael aber solche seine Vorträge beendet hatte, wobei auch das Verhältnis der Erde und des Mondes zur Sonne, die da vorkommenden Erscheinungen, sowie die andern Planeten und Fixsterne den aufmerksamen Jüngern erklärte, da sagte der Römer zu Mir: »O Herr und Meister, jetzt ist mir wieder ein neues Licht aufgegangen! Unsere höchst unrichtigen und grundfalschen Begriffe von unserer Erde, vom Monde, von der Sonne, von den Planeten, Kometen, Fixsternen und all den andern Erscheinungen am Himmel haben die Menschen ja in den tiefsten, blindesten und sinnlosesten Aberglauben stürzen müssen! Wer hätte sie je von diesem befreien können, so nicht Du Selbst mit Deinen Dienern aus den Himmeln zu uns herabgekommen wärst und uns den wahren und wundervollsten Sachverhalt dieser Deiner großen Dinge gezeigt hättest? Haben denn die Menschen in der Urzeit von all dem nichts gewußt? Und haben sie davon etwas gewußt, so fragt es sich, wie möglich sie von einer so lichtvollen Wahrheit in den allerdicksten und dümmsten Aberglauben haben verfallen können.«



Home  |    Index Band 9  |   Werke Lorbers