Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 206. Kapitel: Beratung der Herodianer.

01] Auf diese Rede des Obersten ermannten sich die zehn und versprachen unter einem festen Eide, den Rat auf das genaueste zu befolgen, obschon sie sich solcher Sünden, welche von den hundertdreißig begangen worden seien, nicht bewußt fühlten, da sie auch in dieser Sphäre dem Herodes nicht zu dienen hatten, indem sie stets nur als Burg- und Palastwachen verwendet worden seien, was der Oberste, der Hauptmann und auch die andern Vorgesetzten sicher auch wohl wissen würden.«

02] Der Oberste sagte: »Das wissen wir wohl; aber ein jeder Mensch, der einmal einem Herodes dient, ist ein großer Sünder gleich mir. Will er der Gnade des Allerhöchsten, Allwissenden und Allmächtigen teilhaftig werden, so muß er sich von seinen vielen Sünden dadurch völlig reinigen, daß er sie erstens als Sünden gegen den göttlichen Willen erkennt, zweitens sie wahrhaft verabscheut und bereut und drittens sie niemals wieder begeht und den ernstlichsten Willen und Vorsatz faßt, das an den Menschen begangene Unrecht nach Möglichkeit wieder gutzumachen.

03] Ich für mich werde das sicher tun, und ich wünsche und rate, daß es ein jeder von uns wohl beherzigen und tun soll; denn der große Herr und Meister hat uns hier eine übergroße Gnade und Erbarmung schon dadurch erwiesen, daß Er uns erstens nicht gleich den andern hat zugrunde gehen lassen in den empörten Wogen des Sees, und zweitens, daß Er uns hier nicht von den strengen Römern hat gefangennehmen und vor ein Gericht auf Leben und Tod stellen lassen, sondern uns eine übergroße Freundlichkeit angedeihen ließ und uns solche sicher für fernerhin nicht vorenthalten wird, so wir alle das tun, was ich nun nach meiner Ansicht euch angeraten habe.«

04] Auf diese abermals gute Anrede des Obersten hoben alle ihre Hände auf und schwuren, seine Worte wohl zu beherzigen und danach zu handeln. Und der Oberste war damit zufrieden.

05] Der Hauptmann aber machte darauf dennoch folgende Bemerkung, sagend: »Freund, du hast im Verlaufe deiner guten und wahrheitsvollen Anrede an die zehn Kriegsknechte auch diese Bemerkung gemacht, daß ein jeder, der dem Herodes dient, schon an und für sich ein Sünder ist. Und das ist auch vollwahr; denn er will vor Gott und allen Menschen nur Ungerechtes über Ungerechtes. Wer demnach ihm durch seinen ihm mit Eid angelobten treuen Dienst hilft, seine Ungerechtigkeit bei den armen Menschen in Vollzug zu bringen, der sündigt allzeit, sooft er den Willen des gewissenlosesten Wollüstlings in Vollzug bringt. So wir noch fernerhin im Dienste des Herodes verbleiben, da wird es wohl sehr schwer sein, sich vom Sündigen fernzuhalten.

06] Meine Meinung wäre demnach diese: So wir einmal den Herodes auf die besprochene Weise werden mürbe und zu starken Vergütungen gebracht haben, da lassen auch wir uns entschädigen und treten dann aus seinen Diensten; denn, wie gesagt, ihm noch fortdienen, hieße auch noch ferner fortsündigen wollen. Habe ich recht oder nicht?«

07] Sagte der Oberste: »Da hast du vollkommen recht, und so wir von ihm werden das erreicht haben, dann werden wir auch das sogleich in Ausführung bringen! Doch darüber werden wir vom Herrn schon morgen auch sicher nähere Weisungen erhalten, und ich bin nun der Meinung, da es schon sicher gen Mitternacht an der Zeit gekommen ist und wir auch sehr müde geworden sind, so sollten wir uns nun im Namen des Herrn und Meisters, der uns so viele Gnade erwiesen hat, zur notwendigen Ruhe unseres Leibes begeben!«

08] Damit waren alle einverstanden, und besonders die Kriegsknechte, die während des Sturmes ihre Kräfte tüchtig erschöpft hatten.

09] Der Hauptmann aber sagte darauf noch zum Obersten, und so auch zu allen Anwesenden: »Hört, bevor wir uns noch der vollen Leibesruhe überlassen, ist es hier und dann auch allerorts, wo wir uns immer befinden werden, Sitte, Dem, den wir als den Herrn und Meister wohl erkannt haben, in unserem Herzen einen wahren Dank auszusprechen für die übergroße Gnade und Erbarmung, die Er uns hier anstatt einer gerechten Strafe im reichsten Maße hat angedeihen lassen; und so denn sagen wir: O Herr und Meister, der Du erfüllt bist mit der Fülle der göttlichen Liebe, Weisheit, Kraft und Macht! Wir danken Dir für Deine große Huld und Gnade, die Du uns großen Sündern hier anstatt der verdienten Strafe hast angedeihen lassen, und bitten Dich aber auch für alle Folge, daß Du uns mit Deiner Gnade, Liebe und Erbarmung nicht verlassen möchtest; denn von nun an wollen auch wir ganz Dir angehören! Oh, nimm Du, lieber großer Herr und Meister, dem alle Geister, Kräfte und Elemente gehorchen, auch uns zu Untertanen des Reiches auf, das Du nun sicher für ewig auf dieser Erde unter den blinden Menschen gründest, und lasse in der Folge auch keine zu großen Versuchungen über uns kommen, sondern stärke uns mit Deiner Gnade und Erbarmung! Dir allein alle unsere Liebe, Ehre und alles Lob! Dich preise alles, was da ist, lebt und atmet! Dein Name sei geheiligt in uns!«

10] Als der Hauptmann diesen Dank und die Bitte ausgesprochen hatte, da belobte ihn der Oberste gar sehr darob und imgleichen auch alle andern, und sie übergaben sich dann der Nachtruhe. Dasselbe taten auch wir im Herrenhause und schliefen wohl bis zum vollen Morgen.



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