Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 148. Kapitel: Jesus über die Ursachen der Krankheit des Wirtssohnes.

01] (Jesus:) »Lies den Samuel und das Buch der Richter, und du wirst es finden, wie sehr Ich das Judenvolk auf das augenscheinlichste und eindringlichste vor einem Könige gewarnt habe! Was haben aber am Ende alle Meine vielen Warnungen gefruchtet? Ich sage es dir: Gar nichts! Das Volk wollte einmal einen König, und es ward ihm denn auch einer gegeben als eine gerechte Strafe für seinen unverbesserlichen Starrsinn.

02] Könntest du Mir da auch den Verwurf machen, als hätte Ich dem Volke nicht helfen wollen und habe es lieber zum Falle kommen lassen? Das wirst du nun wohl einsehen, daß das von Mir aus niemals der Fall war und sein konnte. Dem selbst Wollenden geschieht kein Unrecht, und wer auf Meine vielen Mahnungen nicht achtet und nur den Gelüsten der Welt und seines Fleisches frönt, da kann Ich wahrlich nicht dafür, so er sich und auch seine Nebenmenschen ins Verderben stürzt, so diese seinem Beispiel folgen.

03] Bin Ich nun nicht Selbst persönlich in dieser Welt, lehre die blinden Menschen und wirke Zeichen, die außer Mir niemandem möglich sind? Gehe aber hin nach Jerusalem und in viele andere Städte, sowohl in Judäa als auch in Galiläa, und frage die Großjuden, was sie von Mir halten!

04] Siehe, fangen und töten wollen sie Mich, weil Ich ihnen ihre vielen und allergröbsten und größten Sünden vorhalte! Sie wollen ihren Weltsinn nicht fahren lassen und ihre Weltehre und unbegrenztes Wohlleben.

05] Sage, bin Ich da schuld, daß diese Großjuden unverbesserlich sind? Du meinst freilich, daß Ich sie alle in einem Augenblick verderben und vernichten könnte. Das könnte Ich wohl; aber auch die Abtrünnigen sind Meine Kinder, und Meine Liebe hat Geduld mit ihnen und wartet gleichfort, ob sich von ihnen am Ende doch noch einer und der andere zu Mir zurückwende.

06] So wirst du nun wohl einsehen, daß Ich, als die höchste Liebe und Geduld, solches nicht tue, auf daß sich am Ende, wenn das große Strafgericht über ihn kommen wird, niemand damit entschuldigen kann, als hätte Ich ihm zu wenig Liebe und Geduld erwiesen.

07] Ich sage es dir: So Jerusalem gleichfort in seinem Argen verharrt und darin, statt abzunehmen, nur zunimmt, so werden von nun an keine vollen fünfzig Jahre vergehen, und es wird ihm und dem ganzen Lande noch um vieles ärger ergehen, als es einst Sodom und Gomorra ergangen ist.«

08] Sagte der Wirt: »O Herr und Meister, nun sehe ich es ganz klar ein, daß Du allein höchst weise bist und in allem recht hast; die Menschen sind allzeit selbst schuld an allen Übeln, von denen sie körperlich und seelisch heimgesucht werden.

09] Doch wer war denn daran schuld, daß dieser mein Sohn, der stets von der frühesten Jugend an mein allergeratenster und frömmster war, blind und lahm geworden ist?«

10] Sagte Ich: »Siehe, Freund, da wirkten drei Hauptumstände zusammen! Der erste Umstand war deine zu große Vorliebe für ihn. So er nur ein wenig von irgendeinem kleinen Kopfübel bedroht war, so mußten gleich alle die bekannten Ärzte zu ihm kommen, um ihn zu heilen. Diese haben ihm durch ihre stärksten Mittel einen ziemlich heftigen Kopfkatarrh in die Augen getrieben, und der Sohn ward blind.

11] Zweiter Umstand: Als der Sohn blind geworden war, da wollten die Ärzte ihn wieder sehend machen, gebrauchten innerlich und äußerlich starke, aber ganz verkehrte Mittel, und dein Sohn ward dadurch denn auch bald am ganzen Leibe lahm.

12] Dritter Umstand: Ich wußte wohl auch darum und ließ es zu, daß dir solches begegne, und zwar aus dem (folgenden) Grunde: Zum ersten hast du dann auch deinen andern Kindern eine größere Liebe bezeigt und hast sie alle besser zu erziehen angefangen. Zum zweiten hast du angefangen einzusehen, daß ein rechter Jude auch bei den leiblichen Übeln stets mehr auf Gott denn auf die zumeist blinden und unwissenden Weltärzte (sein Vertrauen) setzen solle; denn wo kein Arzt mehr helfen kann, da kann noch Gott allein gar wohl helfen. Und zum dritten ließ Ich das auch darum zu, weil Ich wohl wußte, daß Ich zu dir kommen werde, um dir in der Heilung deines Sohnes ein Zeichen zu geben, daß Ich der Herr bin und Mir nichts unmöglich ist.

13] Aus dem wirst du nun wohl einsehen, was da alles schuld war, daß dein Sohn auf eine Zeitlang blind und lahm geworden ist.

14] Es gibt zwar wohl noch einen dir für jetzt noch völlig unbegreiflichen, geheimen, innern, geistigen Grund, der dir aber erst im andern Leben klar werden wird. Das magst du aber nun aus Meinem Munde für dich und deinen Sohn vernehmen, daß weder du selbst, noch dieser dein Sohn der Seele nach von dieser Erde, sondern von oben her, das heißt von einer andern im endlos weiten Himmelsraume, abstammt. Denn alles, was sich dir am weiten und tiefen Himmel als ein bleibendes Gestirn zeigt, ist Weltkörper über Weltkörper, und keiner ist ohne euch ähnliche vernünftige Menschenwesen; doch Meine Kinder trägt nur diese Erde.

15] Doch frage Mich darüber um nichts Weiteres mehr. So du im Geiste vollendet sein wirst, wird sich deine innere Sehe auch in diesem zu einer größeren Klarheit erheben.«



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