Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 209. Kapitel: Jesus über den Ernährungsprozess des menschlichen Körpers.

01] (Jesus:) »Mein lieber Freund und Oberstadtrichter, Ich will dir auf deine Frage, die aus Deinem Munde ganz scharfsinnig gegeben wurde, auch eine helle und scharfsinnige Antwort erteilen.

02] Siehe, dem Anscheine nach hat es zwischen den von Mir ausgeübten Wundertaten wohl einen recht fühlbaren Unterschied, aber im Grunde des Grundes gar nicht. Siehe, alles, was du genießest und zur Stärkung und Belebung deines Leibes in deinen Magen aufnimmst, ist nicht gar so tot, wie Du es glaubst! Es hat drei Teile: erstens den materiellen, den du siehst und fühlst, und von dem du, so die Speise wohlbereitet ist, in deinem Munde einen Wohlgeschmack verspürst und zuvor schon auch mit deiner Nase den Wohlgeruch der Speise in dich einhauchst. Siehe, diese Stücke gehören zur Belebung deines Leibes!

03] Wenn zweitens die Speisen in den Magen gelangen, so werden sie dort gewisserart zum zweiten Male gekocht, und es entwickeln sich dabei zwei Hauptbestandteile, von denen der eine als der gröbere zur Ernährung des Leibes, seiner Glieder und Muskeln (dient, der andere) durch das Blut, das von diesen beiden Bestandteilen herrührt, überall hingeleitet wird, wo der Leib einer Nahrung und Stärkung bedarf.

04] Sind diese beiden Bestandteile in dem oberen Magen von dem, was du gegessen hast, gehörig ausgeschieden und in den Leib hinausgeleitet, so bekommst du Durst, und du nimmst Trank zu dir. Dadurch kommt die Speise in den unteren, kleineren Magen, der in zwölf Fächer abgeteilt ist. In diesem wird auf dem Wege eines eigenen Gärungsprozesses der ätherische Stoff aus den kleinen Zellen der zu dir genommenen Speisen abgesondert und dient zur Belebung der Nerven, daher du ihn auch den "Nervengeist" nennen kannst.

05] Das ganz außerordentlich fein Ätherische, das wir "Substanz" nennen wollen, wird durch die Milz auf einem ganz geheimen Wege ins Herz geleitet und geht vom Herzen aus als völlig geläutert in die Seele des Menschen über, und so zieht die Seele von jeder in dich aufgenommenen Nahrung auch das ihr Verwandte an sich und wird dadurch in allen ihren dem Leibe ganz ähnlichen Einzelbestandteilen genährt und gestärkt.

06] Das kannst du daraus recht leicht entnehmen, daß deine Reden und Urteile, wenn du hungrig und durstig bist, ein holperichtes und unzusammenhängendes Gedanken- und Ideengewebe sind; hast du aber zuvor eine reine und gute Kost und auch einen reinen und guten Wein genossen, so werden deine Reden und Urteile auch in kürzester Zeit einen ganz andern Charakter annehmen, und das bewirkt die Mitsättigung und - stärkung der Seele. Würdest du aber lange Zeit keine Speise und keinen Trank zu dir nehmen, so würde es dir mit deinem Denken, Reden und Urteilen bald sehr kümmerlich ergehen.

07] Haben die Speisen einmal das Wichtige an den Leib, an dessen Nerven und an dessen Seele abgegeben, so wird dann das eigentlich Unlautere der zu sich genommenen Belebungsmaterie durch die zwei natürlichen Gänge aus dem Leibe hinausgeschafft. Ist aber ein Mensch in jeder Hinsicht ein Schwelger geworden und hat sich seinen Bauch zu seinem Abgott gemacht, so kann die zu sich genommene Speise, wie auch der zu viele in den Magen hineingegossene Wein, in den beiden dir bekanntgegebenen Magen nicht völlig mehr abgesondert werden, und es gehen dadurch noch viele unausgeschiedene Leibes-, Nerven- und Seelenbelebungsteile in den großen Bauch, in die Gedärme und andernteils durch die Leber und Milz in den Urinsack über, bewirken daselbst abermals Gärungen, aus denen sich mit der Zeit für den Leib allerlei Krankheiten entwickeln und die Seele träge, stumpf und gefühllos machen.

08] Aus diesen bösen Stoffen geht aber dann oft noch ein anderes Übel hervor. Wenn nämlich die argen, noch ungegorenen Naturgeister aus dem Dunstkreise eines solchen Menschen gar wohl merken, daß sich in seinem Bauche und auch in seinem Unterleib schon eine Menge ihnen verwandter Naturgeister angesammelt haben, so dringen diese bald in den Leib solch eines Menschen und vereinigen sich mit ihnen gattungsähnlichen Geistern im Leibe.

09] Ist dieser Akt vor sich gegangen, so sieht es mit solch einem Menschen schon sehr übel aus. Es bemächtigen sich bald nicht nur seines Leibes eine Menge schwer- und unheilbarer Krankheiten, sondern auch seiner Seele, die dadurch, als in sich sehr geschwächt und träge gemacht, sich nimmer wehren kann, stets mehr und mehr in ihr sinnliches und leidendes Fleisch überzugehen.

10] Um das gänzliche Materiellwerden der Seele zu verhindern, ist und gibt es da kein anderes Mittel als die großen Krankheiten des Leibes selbst. Solch ein Mensch verliert dann alle Eßlust und sucht durch Arzneien den alten Unrat aus dem Leibe zu schaffen. Es gelingt hie und da wohl eine Art Heilung, aber niemals vollständig, und ein solcher Mensch darf sich nur ein wenig vergessen, so hat er schon wieder seine früheren Plagegeister belebt, und sein zweiter leidender Zustand ist dann gewöhnlich ärger als sein erster.

11] Aber es ist alles das nicht der einzige schlimme Zustand, welchen sich der Mensch durch seine Freß- und Saufgier zugezogen hat; es kommt noch ein dritter, viel ärgerer dazu, und der besteht in dem sogenannten Besessensein von einem oder mehreren wirklich bösen Geistern, die kürzer oder länger vorher in der Wirklichkeit im Leibe eines oder des andern Menschen ihre Lebensfreiheitsprobe durchgemacht haben.

12] Von diesem dritten Übel kann kein irdischer Arzt den Menschen mehr befreien, sondern allein Ich und der auch, der von Mir aus die Kraft und Macht überkommen hat.«



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