Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


15] Darum aber gabst du Mir den »Dorn«, weil du, dir unbewußt, solche Not in dir empfunden hast. Ich sage darum: unbewußt - weil dein »schlafender Einwohner« (der göttliche Geistfunke) dir solches, heimlich schleichend, in den Mund gespielt hat.

16] Was soll Ich aber aus der toten »Puppe« machen? - Ich sage euch zum voraus, es wird nicht viel Rares daraus zu machen sein. Das Beste, das sich daraus noch machen läßt, wäre ein kleiner Sarg, und so wollen wir denn auch dabei verbleiben.

17] Wozu ist wohl ein Sarg bestimmt? Nicht wahr, zu nichts, als nur zur Aufnahme eines Toten! - Und was geschieht mit dem Sarge samt dem Toten? - Er wird begraben in die Gräber der Verwesung.

18] Was würdest du, Geberin, denn wohl dazu sagen, wenn du Menschen sehen würdest, die statt des Kleides sich mit einem Sarge umhüllen möchten! Würdest du nicht, von Angst ergriffen, halbtot niedersinken zur Erde, besonders wenn dir zur Nachtzeit mit Särgen Bekleidete begegnen möchten? Ich sage dir aber, die mit solchen Särgen Bekleideten könnten, gleich dem Falter aus seiner Puppe, zum ewigen Leben erstehen. Aber es tragen die gegenwärtigen Modepuppen viel ärgere Särge um ihren Leib gehangen, aus welchem schwerlich je ein glänzender Falter zum ewigen Leben erstehen wird. Denn dieser Kleidersarg macht den Leib zu einem Modergrabe, in welchem das Leben von den Würmern der Eigenliebe, Eitelkeit, des Stolzes und der Hoffart bis auf den letzten Tropfen verzehrt wird.

19] Darum aber gabst du diese »Puppe« Mir, weil dein Inneres, das du noch nicht ahnest, von einer solchen Not bedrückt wird! - Daher kleide dich lieber mit dem Kleide der Demut, tiefer Bescheidenheit und großer, beharrlicher Empfänglichkeit für alles Liebegute und Glaubenswahre, so wird aus deiner »Puppe« einst auch ein herrlicher Falter zum Leben erstehen.

20] Nun hätten wir noch das »Vogelnest!« - Denkt euch, wozu das Vogelnest ist, wenn der Bewohner ausgeflogen ist und dasselbe allen Winden preisgegeben hat, weil er darinnen keine Sicherheit, keinen Schutz, keine Wärme und keine Nahrung mehr findet! - Ihr werdet sagen: »Es ist zu nichts mehr nütze!« - Und Ich sage: Ihr habt recht geantwortet! - Daher kann auch Ich für diesmal aus diesem Neste nichts mehr machen, gleich wie Ich aus einem Menschen nichts mehr machen kann, wenn er vermöge seiner Gewissenlosigkeit es so weit gebracht hat, daß Meine »Himmelsvögel«, welche gleichsam die Stimme des Gewissens im Menschen sind, aus dem inneren »Neste der Liebe«, welches im Herzen erbauet ward, ausgeflogen sind.



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