Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


280. Kapitel: Der Zulauf von Wunderneugierigen. Das verzogene, unartige Nachbarkind wird von Jesus bestraft. Der Oberrichter kommt Joseph zu richten, wird jedoch vom Kindlein bedroht und kehrt plötzlich um. (14.08.1844)

01] Es sind aber bei dieser Gelegenheit auch nach dem Wege noch mehrere Juden an die Stelle, da dieses Wunder geschah, gekommen,

02] und sie fragten gar neugierig den Joseph, was dahier geschehen sei.

03] Es waren aber dazu auch die nahe wohnenden Eltern eines gewissen sehr zanksüchtigen Knaben gekommen, der da als das einzige Kind von seinen Eltern sehr verzärtelt war.

04] Das Knäblein Jesus hatte diesem siebenjährigen Knaben schon oft seine Zanklust verwiesen, -

05] allein das half eben nicht viel; denn sooft sich eine neue Gelegenheit darbot, da zankte er sogleich wieder und zerstörte sogleich ein Spielzeug.

06] Dieser Knabe, der sich auch diesmal unter der Gesellschaft der Kinder befand, ward gleich nach dieser Wundertat aufgeregt, nahm einen Weidenzweig und sprach:

07] »Das zahlt sich aus, so diese Lehmsperlinge davongeflogen sind;

08] ich werde sogleich mit diesem Zweige auch das Wasser davonfliegen machen!«

09] Nach diesen Worten fing der Knabe, der da Annas hieß, das Wasser in den Grübchen zu peitschen an und aus den Grübchen zu treiben.

10] Da brach dem Gottkinde die Geduld, und Es sprach in einem sehr ernsten Tone:

11] »O du mutwilliger, törichter, böser Mensch! Du, ein kaum überfleischter Teufel, willst zerstören, was Ich gebaut habe?!

12] O du Elender, den Ich mit dem leisesten Hauch vernichten kann, du willst Mich ärgern und allezeit trotzen?!

13] Siehe, auf daß dir dein Unsinn und deine Bosheit klar werde, so verdorre auf drei Jahre, gleich dem Zweige mit dem du Mein Wasser getrieben hast!«

14] Auf dieses Wort des Gottkindes sank der arge Knabe sobald zusammen und verdorrte so sehr, daß an ihm nichts als Haut und Bein zu sehen war

15] und ward so schwach, daß er nimmer stehen und noch weniger gehen konnte.

16] Da nahmen die Eltern traurigen Herzens ihr verdorrtes Kind und trugen es weinend in ihr Haus.

17] Bald darauf kamen sie zu Joseph ins Haus und belangten ihn darauf solcher Tat seines Kindleins wegen beim Oberrichter

18] und das darum, weil Joseph ihnen nicht zuließ, sein Gottkind zu strafen dieser Tat willen.

19] Als der Oberrichter herbeikam, da lief ihm das Kindlein entgegen und fragte ihn:

20] »Warum kommst du hierher? Willst du Mich richten?«

21] Und der Oberrichter sprach: »Dich nicht, aber deinen Vater!«

22] Und das Kindlein sprach: »Kehre schnell um, sonst wird dein Gericht über dich fallen!«

23] Darob aber erschrak der Oberrichter so sehr, daß er plötzlich umkehrte und dann von dieser Sache nichts mehr hören wollte.

24] Und das war das zweite Wunder, das das Kindlein gewirkt hatte zu gleicher Zeit.



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