Jakob Lorber: 'Robert Blum - Seine Erfahrungen und Führung im Jenseits'
Text nach Erstauflage 1898 (Faksimile Band 1), inhaltlich und stilistisch unverändert hier in neuer Rechtschreibung
(Am 31. Aug. 1849)
116. Kapitel: Entstellung der reinen Gotteslehre aufgrund der menschlichen Willensfreiheit. Katholische Glaubensgeschichte. Der Herr liebt Roms Lämmer. Das Ende Seiner Langmut.
01] Spricht der Redner: „Schätzbarster Freund, wir sehen nun wirklich ein, was an der Römischen Alleinseligmacherin ist, und dass die Gotteslehre Christi ganz wohl eine echte Gotteslehre sein kann, und auch sicher ist, obgleich sie von der allerborniertesten Sekte Roms auf das gräuelhafteste gemissbraucht wird. Aber nur das noch sehen wir Alle nicht ein, wie denn der Herr zulassen hat können, dass diese Kirche, die in der ersten Zeit doch so zu sagen ganz rein apostolisch gewesen sein solle, in diesen letzten Jahrhunderten bis unter den Hund herabgesunken ist, so dass sie nun ganz und gar nimmer zu der Einsicht gelangen kann, dass sie so ganz eigentlich nach dem reinen Sinne des Evangeliums gar keine Kirche mehr ist. Ihr lateinisches Geplärr, ihre Ohrenbeichte, ihr Messopfer, und ihr sonstiges heiliges Firlefanz und sinnlosestes Klinkl-Klankl, und besonders das allen gesunden Menschensinnen und aller Natur widerstrebende Zölibat sind ja doch Erscheinungen, über die sich in der Zeit schon sogar nur einigermaßen gebildetere Pudels zu mokieren anfangen, anderer über alle Begriffe dümmsten kirchlichen Gebräuche und Disziplinar-Geschichten nicht zu gedenken. Denn würde ein Mensch streng nach den römischen Gesetzen leben, so müsste er aber schon so ein dummes Luder sein, dass er dem ersten Narrenhause in Paris sicher keine Schande machen würde. Und siehe, solch eine großartigste Narrenkreierungsanstalt duldet der Herr, Dessen Lehre ein Zentralsonnenlicht den Menschen der Erde sein solle. Siehe, darin liegt der eigentliche Hund begraben, und das ist des Pudels ominöser Kern. Darüber, Freund, gebe uns noch ein mögliches Lichtlein!"
02] Spricht Bruno: „Liebe Freunde! das eigentliche Wie - und warum dieses der Herr zulassen kann, müsst ihr euch aus dem heiligsten Begriffe der notwendigsten Freiheit des menschlichen Willens erklären, ohne welche Freiheit der Mensch nicht Mensch, sondern ein bloßes Tier, oder ein possierlicher Automat wäre. Da aber der Mensch, um ein Mensch zu sein, einen vollkommen freien Willen haben muss, dem zufolge er tun kann, was er nur immer will, so ist es anderseits aber auch einleuchtend klar, dass es ihm auch in Hinsicht auf die noch so rein göttliche Lehre frei stehen muss, sie anzunehmen, oder nicht anzunehmen, oder als echt oder nicht echt anzuerkennen. Da aber dem Menschen solches zusteht, so ist es dann aber auch klar, dass sich mit der Zeit gar leicht aus der reinen Lehre Christi ein allerfinsterstes Papsttum hat herausbilden können.
03] Denn es haben sich ja doch schon zu den Zeiten der Apostel Negozianten (Geschäftsleute) mit der Wunderlehre Christi vorgefunden; ja Christus Selbst hatte einen, der Ihn verriet, bei Sich; wie sollen sich da in den späteren Zeiten nicht Negozianten in die Menge vorgefunden haben, da sie schon Erfahrungen vor sich hatten, nach denen die Lehre Christi als eine geduldige Kuh angesehen ward, die ohne viel Futter eine ungeheure Menge Milch gibt. Da aber gold- und geldsüchtige Menschen das nur zu gut eingesehen haben, so machten sie aus der Gotteslehre eine Verkaufsware, und handelten damit in allen Landen der Erde, und machten die besten Geschäfte. Das war schon die erste böse Tat; als aber die Kaufleute (römische Pfaffen aller Art) sahen, dass die Ware ihrer reinen geistigen Form nicht mehr gar zu gierig gekauft ward, besonders bei den Prunk und Zeremonie liebenden Asiaten, da richteten sie auch bald ihre Ware so ein, wie sie es glaubten, dass sie den Morgenländern am meisten zusagen dürfte, und seht, der neue Handel ging dann wieder gut von statten.
04] Aus dieser Handelsepoche datiert sich aber auch hauptsächlich zuerst die freche und willkürliche Beschnatzung und Beschneidung der Reinlehre Christi, die Erfindung des Fegefeuers, der Ablässe, der Bruderschaften u. d. m. - Auch die famosen, und den verschmitzten Kaufleuten Roms gar sehr viel tragenden Kreuzzüge gehören dieser zweiten Epoche an. - In der noch etwas späteren Zeit, als die Menschen ein wenig einzusehen begonnen haben, zu wessen Nutz und Besten die Kreuzzüge Roms so eifrig und unter ungeheueren Ablässen gepriesen und mit aller Energie betrieben wurden, hat man dann dieser zu grellen Betrügerei dennoch Einhalt tun müssen, um sich vor aller Welt nicht gar zu bloß zu stellen; denn man ist sehr überrascht dahinter gekommen, dass die Kaufleute Roms mit den Sarazenen in der innigsten Geschäftsverbindung standen, und diesen allzeit treulichst kund gaben, wann sie wieder von einem fetten Kreuzzuge würden besucht werden, von welcher Seite er kommen wird, und wie stark er sein wird; wo es dann den wohlunterrichteten Sarazenen freilich stets ein Leichtes sein musste, die blinden Kreuzritter auf das Zweckmäßigste zu empfangen!
05] Als so die Menschen hinter diese Betrügereien kamen, was die fleißig beichthörenden Pfaffen nur zu bald erfuhren, da warf man sich auf die Mystik, eigentlich Eskamotie (Schwarzkunst), errichtete Wallfahrtsorte mit Mirakelbildern, hüllte sich ganz ins Latein ein, produzierte wundertätige Reliquien, und baute große Tempel mit viel Wunderaltären, goss große Glocken, u. dergl. m. Damit handelte man bis zur Stunde; aber da in der Zeit die Menschen den Pfaffen denn doch schon wieder, und das stärker denn je, über den Kopf zu wachsen anfangen, und sogar vor dem beheiliggeisteten Manne - - keinen Respekt mehr haben, so geht nun diesen Kaufleutchen der Faden aus, und sie wissen nun nicht, wie sie die Sache anstellen sollen, um ihrer sehr verlegenen Ware einen ergiebigen Absatz zu verschaffen. -
06] Aber Freunde, diesmal wird sich's nicht mehr tun. Die Bibeln sind nebst andern hellen Schriften zu sehr unter's Volk gekommen, und diese Kaufleute haben zu offenbar gezeigt, dass sie für Alles zu haben sind um Geld, und so hat sich sogar Maria, die lange ihre Hauptstütze war, samt ihrem hölzernen Christuslein bei ihnen zu empfehlen angefangen, was für diese Kaufleute ein außerordentliches malum Omen ist. Es wird ihnen nun bald nichts mehr übrig bleiben, als ihre in den Geschäftsbüchern treu aufgezeichnete Chronik skandalös. Denn ich möchte beinahe um meine ganze Seligkeit wetten, dass sie in Bälde gerade vor den Völkern nicht viel anders dastehen werden, als wie eine sich stets sittlich und fromm gebärdende Tochter vor ihren ehrlichen Eltern und andern Anverwandten, so sie von ihnen in der Unzuchtsstube einer schändlichen Kupplerin als eine feile Dirne ertappt wird. - Oder sie, die Kaufleute, werden müssen stark handeln lassen; was aber auch ein Argumentum gegen sie sein wird, eins so schreiend wie das andere.
07] Und so wird der Herr Seine Lehre reinigen zur rechten Zeit, auf eine Art, die aller Welt wie ein Blitz in die Augen springen wird. Im Ganzen aber schadet es gerade Niemanden, wenn Er der Römerin secundum ad nominem angehört; denn ich kann euch Alle versichern, dass der Herr die römischen Lämmer sehr lieb hat (siehe in Nr. 33), was denn auch ein Hauptgrund ist, warum Er diesen Taubenkrämern und Geldwechslern nicht schon lange ihre schnöden Buden umgeworfen, und die Krämer mit Stricken aus dem Tempel getrieben hat. Aber was bisher noch nicht in aller Eklatanz geschah, das steht nun vor der Türe, darum alle Ehre Ihm allein, der die Seinen stets so sanft mild leitet, wie eine Henne ihre Küchlein. Ich meine nun, dass ihr nun bezüglich der Römerin vollends im Klaren sein dürftet, und so wendet euch denn nun allein an Jesus Christus, auf dass euch Allen ein volles Licht für ewig werden möchte."
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