Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 184


Markus empfängt und begrüßt Cyrenius.

01] Als wir solche Worte kaum zu Ende geredet hatten, so vernahmen wir schon vom Buge herab eine Menge Menschenstimmen. Es war Cyrenius mit seinem ganzen Gefolge; und der von Mir in Nazareth in des Jairus neuer Gruft vom vollsten Tode Erweckte Knabe Josoe ritt neben dem Cyrenius auf einem kleinen Saumrosse, mit schönen römischen Kleidern angetan.

02] Als Cyrenius auf den ziemlich geräumigen Platz vor der Hütte kam, fragte er die beiden Söhne, ob dies die Behausung des alten Kriegers Markus wäre.

03] Und die Söhne sagten in tiefster Verbeugung: »Ja, mächtiger Herr und Gebieter!«

04] Bei dieser Gelegenheit tritt auch schon Markus in der echt römischen Gebeugtheit vor den Cyrenius hin und sagt: »Hoher Herr und Gebieter, nichts in der Welt hätte mich abhalten können, deinem allergnädigsten Rufe auf der Stelle des Augenblicks Folge zu leisten! Aber ich beherberge einen Gast nebst mehreren Seiner Jünger und Begleiter, der unfehlbar ein Gott sein muß, weil Er Dinge bloß durch Seinen Willen bewirkt, die noch nie ein Sterblicher auf dieser Erde gewirkt hat. Und siehe, diesen Gast aus den Himmeln konnte ich unmöglich verlassen, zumal Er mich mit Wohltaten überhäuft hat und meine Hütte nun keine ärmliche, sondern eine sehr reiche ist; denn ich besitze nun bei fünfzig Schläuche des allerbesten Weines und meine fünf großen Fischbehälter voll von den alleredelsten und besten Fischen! Ebenso strotzt meine Speisekammer von allerlei der besten Speisen, und Salz und Holz habe ich auch für mein Leben lang zur Übergenüge! Was sollte ich alter Mann nun noch mehreres suchen und verlangen wollen? Aber nicht nur ich, sondern auch meine acht Kinder sind bestens versorgt; denn ich habe heute schon bei vierhundert Groschen eingenommen, was bei mir schon sehr viel Geld haben heißt, und ich werde dabei sicher noch mehrere Hunderte von guten Groschen aus derselben Quelle lösen, wie ich die vierhundert heute ganz ehrlich und redlich gelöst habe.«

05] Sagt Cyrenius: »Das ist schon alles ganz gut, und es freut mich sicher mehr denn dich, daß ich dich, als einen meiner ältesten Kriegsgefährten, so ganz glücklich treffe; aber nun führe mich zu deinem Wundergaste hin! Dessentwegen bin ich vorzüglich zu dir aus der Stadt gekommen; denn nach des Boten Aussage vermute ich, daß dein Wundergast der göttliche Jesus aus Nazareth ist, dem ich ewig nie genug werde zu danken imstande sein für die endlos großen Wohltaten, die Er mir geistig und leiblich erwiesen hat. Führe mich darum nur gleich zu Ihm hin!«

06] Cyrenius hatte Mich darum nicht gleich entdeckt, weil Ich mit den Jüngern noch beim Tische saß, der unter der dichten Beschattung eines großen Kastanienbaumes stand, dessen dicht und dick belaubte Äste stellenweise bis zur Erde hinabhingen. Markus führte den Cyrenius samt dem Knaben Josoe sogleich unter den Kastanienbaum zu Mir.

07] Als Cyrenius Meiner ansichtig ward, kamen ihm gleich die Tränen in die Augen vor Freude, Mich wiederzusehen, und er sprach: »Ja, ja, Du bist es, wie ich mir's gedacht habe! Oh, wie endlos glücklich und selig bin ich nun abermals, daß mir die unbeschreibliche Gnade der Himmel zuteil ward, Dich, der Du allein mein alles bist, nach vielen verstrichenen Tagen wieder einmal zu sehen, zu sprechen und durch den Hauch Deines Mundes neu gesegnet und für ewig belebt zu werden! O Herr, Du mein über alles treu und wahrhaft geliebtester Jesus, Du ewiger Herr der ganzen Welt und aller Himmel! Ein wie großer Schuldner bin ich Dir doch, und zwar fürs erste für jede Lebensminute und fürs zweite für die übergroße Wohltat, die durch Deine nie ergründbare Weisheit in Kis mir zuteil ward, daß ich zu den geraubten Steuergeldern wieder gelangt bin! O Herr, wie oft an einem jeglichen Tage denke ich doch daran, aus welch einer schrecklichen Verlegenheit Du mich durch Deine Weisheit in Kis errettet hast! Und wenn ich so bei mir daran denke, da kommen mir stets des Dankgefühls Tränen in die Augen, und ich muß Dich dann weinend anbeten!«

08] Sage Ich: »Freund und Bruder, komm und setze dich an Meine Rechte, und dein Gefolge soll sich auch setzen zum andern Tische dort unter dem Feigenbaume! Es wird sogleich das Mittagsmahl aufgetragen werden, das Ich für dich und dein Gefolge schon zum voraus bestellt habe; denn Ich weiß es, daß ihr heute noch wenig zu eurer Stärkung zu euch genommen habt. - Was macht aber Mein Josoe, und wie verträgt er sich mit seinem zeitweilig zu ihm kommenden Engel?«


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