Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 198. Kapitel: Der Untergang der herodianischen Häscher.

01] Nach solchem Unterricht kehrte Raphael wieder zu uns zurück, und nun kam es zur Erklärung des noch fortwährenden Sturmes.

02] In Tiberias hielten sich viele Herodianer auf, die den Auftrag hatten, auf Mich und Meine Jünger zu fahnden, so sie irgend Meinen Aufenthalt erführen, und diesen erfuhren sie durch jene heimgekehrten Schiffer, die um die Mittagszeit die Joppeer zu Markus gebracht hatten. Sie hatten darum mehrere Schiffe bemannt und sie gen Abend von Tiberias zu Markus abfahren lassen, um Meiner habhaft zu werden. Es hat aber das Galiläische Meer von der mehr heidnischen denn jüdischen Stadt Tiberias bis an den Ort des Markus sehr steile und felsige Ufer, und man hat zwischen den beiden obbenannten Orten, die doch ziemlich weit voneinander entfernt sind, zur Not kaum drei Plätze, an denen die Fischer mit ihren Booten landen können.

03] Daß es den etlichen größeren Schiffen, die mit Herodianern gegen Abend von Tiberias ausgefahren waren, um Meiner habhaft zu werden, bei dem Sturme schlecht erging, kann sich ein jeder leicht von selbst denken; denn gleich bei ihrer Abfahrt von Tiberias ging ein äußerst heftiger Nordwestwind und trieb die Schiffe mit unwiderstehlicher Gewalt an die Ostküste hin, wo sie beim gewaltigen Anprall schon ziemlich beschädigt wurden.

04] Die Schiffer hatten nun zu tun, um einige zerbrochene Ruder in einen doch halbwegs brauchbaren Zustand zu setzen, erklärten aber den Herodianern zugleich, in dieser Nacht - so der Wind nicht umschlüge oder sich gänzlich lege, - dieses Ufer um keinen Preis mehr zu verlassen.

05] So aber die Herodianer selbst ihr Leben wagen wollten, da sollten sie selbst drei der besten Schiffe besteigen, die Ruder selbst in die Hand nehmen und versuchen, ans jenseitige Ufer dem Bade, das sich gut bei drei Stunden Entfernung bei gutem Winde befindet, zuzusteuern. Dazu aber zeigten die Herodianer eben auch keine Lust.

06] Als aber bald darauf der Nordwest- in den Ostwind umschlug, da sagten die Herodianer: »Nun, ihr mutlosen Schiffer, der Wind hat sich günstig gewendet! Getraut ihr euch auch jetzt nicht, dem jenseitigen Ufer zuzusteuern?«

07] Sagten die Schiffer: »Am Tage, wo man die Gefahren sieht, wäre mit diesem Winde leicht nach dem Bade am jenseitigen Ufer zu steuern; aber in der Nacht ist das trotz der günstigen Wendung des Windes ein Wagstück, und man kann da sehr arg mitgenommen werden. Zudem ist dem Ostwind, so er am Abend ersteht, nicht zu trauen, ob er nicht in einen Orkan übergeht; und dann wehe dem, der sich bei seinem Walten auf dem Wasser befindet!«

08] Die Schiffer befestigten ein paar Schiffe für sich am Ufer und sagten zu den Herodianern: »Da stehen die andern und besseren Schiffe zu eurer Benutzung! Fahret nur selbst, wohin ihr Mut und Lust habt; wir greifen in dieser Nacht an kein Ruder mehr! Die euch hier abgetretenen Schiffe sind ein Eigentum der Stadt; so sie mit euch zugrunde gehen, so mag sie Herodes den Bürgern vergüten. Diese zwei Schiffe aber sind unser Eigentum, und wir werden sie keiner weiteren Gefahr aussetzen, und uns selbst noch weniger.

09] Zudem wissen wir von allen Seiten her, daß noch alle, die nach dem Nazaräer gefahndet haben, schlecht zu Teile (sehr zu Schaden) gekommen sind, und wer weiß es, ob er, der im Bunde mit allen geheimen Mächten und Kräften stehen soll, nicht genau schon um euer Vorhaben weiß und uns den Weg nach dem Bade, wo er sich nun nach der Meinung derer, die wir heute nach dem Bade gebracht haben, etwa Aufhalten dürfte - was da sein, aber auch nicht sein kann -, schon ganz vollkommen vereitelt hat, was wir euch schon auch in Tiberias bemerkt haben, und ihr uns darum verlachtet. Und nun stehen wir da und können nicht weiter!«

10] Darauf sagte ein Oberster der Herodianer: »Lassen wir doch diese beiden Feiglinge hier sitzen! Es ist eine mondhelle Nacht, und der Wind ist günstig; bei seiner Kraft sind wir in einer Stunde am jenseitigen Ufer, und wir werden im Badeort bald erfahren, wo sich der Nazaräer mit seinen Anhängern aufhält.«

11] Hierauf bestiegen sie die fünf Schiffe, die ein Eigentum der Stadt waren, und griffen ganz kräftig an die Ruder. Als sie aus dem Moosicht (Sumpf), in das freie und offene Meer gelangten, da ging der schon früher heftig wehende Ostwind sogleich in den stärksten Orkan über; dieser wühlte das Wasser bald zu berghohen Wegen auf.

12] Da sagten am sicheren Ufer die Schiffer: »Oh, da müßte es wunderbar zugehen, so nur eines dieser fünf Schiffe das jenseitige Ufer erreichen wird. Recht geschieht den Narren, wenn sie alle zugrunde gehen! Möglich, daß das Schiff, das den Obersten trägt, weil es gut gezimmert und wohl gedeckt ist, am jenseitigen Ufer irgend scheitert; aber die vier offenen Schiffe versinken ohne Rettung!«

13] Und also geschah es auch: Die vier offenen Schiffe mit hundertdreißig herodischen Kriegsknechten verschlang das Meer schon nach einer viertelstunde Zeit; nur das Schiff des Obersten gelangte nach zwei Stunden Zeit zu uns herüber, und das nur darum, weil Ich es also haben wollte.



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