Jakob Lorber: 'Die geistige Sonne' (Band 2)


Kapitelinhalt 11. Kapitel: Das ganze Universum und der Himmel ist in euch!

(Am 17. Mai 1843, von Nachmittags 4 1/2 - 6 3/4 Uhr.)

Originaltext 1. Auflage 1870 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 6. Auflage 1976 Lorber-Verlag

01] Vermöget ihr hier Etwas zu denken? - Ihr bejahet Solches. - So denket euch denn einen Gegenstand, was immer euch beliebt; suchet nicht lange, sondern nehmet das nächste Beste. Wenn ihr aber den Gedanken habt, da haltet ihn fest und lasset ihn nicht weiter.

02] Ihr habt einen Gedanken gefaßt; was ist sein Bild? - Ihr saget: es ist ein einziger Stern, den wir uns jetzt denken. Gut, sage ich euch; stellet euch den Stern so recht lebendig vor, lasset ihn nicht aus, und saget mir dann, wie euch der Stern vorkommt?

03] Ihr sprechet: Je fester wir ihn fassen, desto größer und leuchtender kommt er uns vor. - Wieder gut, sage ich euch; fasset ihn noch tüchtiger und fixirt ihn mit den Blicken eurer inneren Sehe noch fester. - Was sehet ihr jetzt?

04] Ihr saget: Lieber Freund und Bruder, es kommt uns vor, als finge der Stern an auseinander zu gehen, gleich einer Blüthenknospe im Frühjahre, sein Licht wird noch stärker und mächtiger, und es kommt uns vor, als gewänne der Stern an seinem Flächenraume, und ist schon meßbar.

05] Abermals gut, sage ich euch; - vertiefet euch aber nur noch inniger, machet eure Blicke groß und fest, und wollet fest in euch den Stern näher entwickelt haben, und saget mir, wie euch nach dieser Betrachtung der Stern vorkommt?

06] Ihr saget: Lieber Freund und Bruder, der Stern hat bereits Mondesgröße bekommen, und sein Licht blendet schon nahe die Sehe unseres Geistes!

07] Wieder gut, sage ich euch. Es ist also: Denn ich ersehe den Strahlenglanz eures Sternes ja schon aus euren Augen. Ich aber sage euch nun weiter: Lasset ja den Stern nicht aus, sondern betrachtet ihn inniger und inniger und fester und fester, und werdet mächtiger in eurem Wollen, so wird sich der Stern alsbald nach der Macht eueres Wollens undSchauens richten. Was erschauet ihr nun?

08] Ich sehe schon, wie ihr voll Erstaunens werdet; denn ihr sehet eueren Stern schon so erweitert und vergrößert vor euch, daß ihr mit leichter Mühe große erhabene Einzelnheiten desselben ausnehmet. Nun bemerket ihr schon sogar Bewegungen auf der Oberfläche dieses groß gewordenen Sternes. Ihr möchtet zwar schon im Voraus wissen, was diese Bewegungen sind und was sich da bewegt? Ich aber sage euch nichts; denn nun müßt ihr selbst Alles finden.

09] Fixirt eueren Stern nur noch fester und stärker, und mächtiger euer Wollen, und es soll sich sogleich zeigen, was diese Bewegungen sind und was sich da bewegt. Was habt ihr denn für Gedanken bei diesen erschauten Bewegungen?

10] Ihr saget: Wir denken dabei an Wolken und an ein wogendes Meer.

11] Ich sage euch: Haltet jetzt auf dem Sterne, den ihr nicht mehr verlieren könnet, auch diese Gedanken fest, und saget mir dann, was ihr erschauet?

12] Ihr fraget nun: Lieber Freund und Bruder im Herrn! Wir erschauen nun im Ernste, wie über uns schon sehr nahe stehende Weltflächen Wolken hin und her ziehen, und zwischen den großen Landflächen entdecken wir noch größere Flächen wogenden Meeres. Wir sehen auch schon große Unebenheiten der weitgedehnten Ländereien, und ersehen leuchtende Inseln inmitten der großen Meeresflächen; aber weiter können wir noch nichts ausnehmen.

13] Gut, sage ich euch; ziehet euch nun die großen Ländereien und die großen Meeresflächen dieses eueres Sternes nur näher, und ihr werdet gleich Mehreres darauf erschauen. Ich merke schon aus euren Augen, daß ihr meinen Rath befolgt. - Nun, was erschauet ihr denn?

14] Ihr sprechet: Siehe da, das Land ist uns schon äußerst nahe gekommen; wir entdecken nun schon weitgedehnte Wälder, auch eine Menge zerstreuter Wohnhäuser von einer sehr seltsamen Form, auch große Flüsse. Und siehe, nun können wir auch schon kleine Bäche ausnehmen, und an den Ufern des großen Meeres entdecken wir auch hier und da wie Städte errichtet; auch Bewegungen auf der Oberfläche des Gewässers wie von allerlei Schiffen können wir entnehmen.

15] Nun gut; was meint ihr wohl, woher dieses Alles kommt? - Ihr sprechet: Lieber Freund und Bruder, wir wissen es nicht. - Ich aber frage euch: Woher kam denn der Stern? - Ihr saget: Diesen dachten wir, und hielten ihn dann fest in unseren Gedanken.

16] Nun, wenn der Stern aus euch kam, woher sollte denn seine Entwicklung anders kommen, denn von euch? - Denn als der Stern durch euer Festhalten größer und größer ward, so entwickelte er durch seine Größe in euch den mit der Begierde gefüllten Gedanken, an dem Sterne selbst eine Welt zu erschauen. Diesen Gedanken hieltet ihr dann unwillkürlich mit dem Sterne selbst fest, und waret dadurch Schöpfer alles Dessen, was ihr nun auf der weitgedehnten Oberfläche dieses Sternes erblicket.

17] Ihr wisset aber, daß ohne Kraft und Gegenkraft ewig nie an eine Wirkung gedacht werden kann. Also sage ich zu euch, und frage euch: Warum konntet ihr denn einen Stern Anfangs denken? - Ihr seht mich groß an; ich aber sage euch: Weil nicht nur ein, sondern gar viele Sterne in eurem Geiste in kleinster Abbildgestalt zu Grunde liegen. - Aus diesen vielen Sternen habt ihr ein Exemplar aus euch genommen und es euch stets näher und näher beschaulich vorgestellt.

18] Wie war aber die Vergrößerung dieses kleinsten Abbildes möglich in euerem Geiste? - Hier kommt es auf die Kraft und Gegenkraft an. - Die Kraft liegt in euch; die Gegenkraft ist geschaffen und ewig gefestet von Gott. Wenn ihr die Kraft in euch hervor rufet, was ist da wohl natürlicher, als daß diese in dem Augenblicke des Hervorrufens mit der entsprechenden Gegenkraft aus Gott nach euerem Wollen stets mehr und mehr zusammenstoßen muß? Denn die Kraft liegt in euch; die Gegenkraft ist außer euch; und Alles, was ihr demnach in euch hervor rufet, muß dann in Gott seinen ewig vorbildlichen Gegensatz finden. Der Stern als Gegensatz ist erschaffen von Gott, wie er ist in seiner Ordnung, Form und Gestalt; dessen vollkommen ebenmäßiges Abbild aber ist auch als abgeleitete Kraft in euch gelegt, weil euer Geist selbst ein Abbild Gottes ist.

19] Nun, wisset ihr aber, auf welche Weise alle Dinge beschauet werden? - Ihr saget: Durch das Licht. - Gut, sage ich euch; das Licht fällt auch irdischer Maßen genommen zum größten Theile hinaus in den unendlich großen freien Raum. Was erblicket ihr aber bei einem heiteren Tage in der wohlerleuchteten blauen Atmosphäre? - Ihr saget: Da erblicken wir nichts, außer die blaue Farbe der Luft. - Ich aber frage euch: Warum erblicket ihr da nichts? - Ihr saget: Weil es da keinen Gegenstand giebt. - Was versteht ihr aber unter einem Gegenstande? Warum saget ihr nicht lieber Vorstand, als Gegenstand? - Ihr wisset nicht, was ihr sagen sollet; ich aber sage euch: Wenn ihr ein Ding beschauet nach seiner Form, so ist das Ding doch offenbar Etwas, das euch gegenüber steht, also ein Gegenstand. - Wenn aber Etwas zwischen das Ding und euch gestellt würde, als etwa eine Wand, ein Schleier, eine Wolke, so würdet ihr doch sicher sagen: Dieses steht uns vor dem Gegenstande, den wir beschauen möchten, und ist somit ein offenbarer Vorstand oder ein hindernder Vorgegenstand. Wenn ihr aber nun zufolge eines solchen Vorstandes den eigentlichen Gegenstand nicht erschauen möget, was wird davon wohl der Grund sein? - Sehet, nichts Anderes, als daß euch die vom Gegenstande zurückgeworfenen Strahlen nicht begegnen können, und somit auch nicht das in euch zu Grunde liegende Bild belebend hervorzurufen vermögen.

20] Wisset ihr, so ihr nicht in euch hättet die Sonne, und brenneten deren Millionen am Himmel, so möchtet ihr nicht eine erschauen! - Und hättet ihr nicht in euch die Erde und Alles, was in ihr und aus ihr ist vom Atome angefangen bis zur größten allgemeinen Form hinüber vollkommen, so könntet ihr nicht Eines der Dinge erschauen, und keines derselben denken und dasselbe im Worte aussprechen.

21] Und hättet ihr ferner nicht das ganze Universum in euch, da wäre sternlos der ganze Himmel für euer Auge. - Und hättet ihr also nicht in euch das geistige Reich der Himmel, und das ewige Leben aus dem Herrn, wahrlich, ihr könntet dasselbe weder denken, noch aussprechen. - Wie sich aber dieses Alles verhält, also ist es zu nehmen mit der Kraft und Gegenkraft.

22] Auf der naturmäßigen Welt ruft der von Außen in euch fallende Strahl das in euch ruhende Ebenmaß hervor, und ihr erschauet durch die Wirkung der Gegenkraft und der Kraft in euch den also beschauten Gegenstand.

23] Wie geht denn Solches im Geiste vor sich? - Wie ist das rechte geistige Schauen bestellt? - Gerade umgekehrt. Ihr nehmet ein Abbild aus euch; dieses Abbild findet aber sobald seinen Gegensatz, als es in euch fest hervor gerufen wird. Je mehr ihr nun den in euch gefaßten Gegenstand festhaltet, desto mehr strebt dieser seinen ewig gestellten Gegensatz an, entwickelt ihn mehr und mehr, und macht ihn eben also auch stets beschaulicher.

24] Wenn ihr, wie durch eueren vorliegenden Stern, es mit der inneren Beschauung so weit gebracht habt, daß er sich euch schon sehr ausgebreitet und enthüllt darstellt, so müßt ihr nicht denken, Solches sei etwa ein Werk einer leeren Phantasie. O nein! das ist es nicht im geringsten, sondern es ist volle Wirklichkeit; aber nur ist sie euch noch unbekannt in ihrem Grunde, woher sie ist, und wo sie ruht. - Kann man denn Solches nicht erfahren? - O sicher; denn wo die Wirklichkeit ruht, da ruht auch ihr Name, ihre Ordnung, ihr Wirkungskreis und ihr Standort!

25] Es heißt aber im Worte des Herrn: „Aus den Früchten möget ihr den Baum erkennen." - Wenn wir Solches wissen, da wird es doch wohl nicht schwer sein, auf die Wirklichkeit Dessen zu kommen, was sich nun vor eueren Blicken schon so nahe entwickelt hat. - Daher versuchet euch in der erhöhten Thätigkeit eueres Geistes; beschauet die vorliegende Welt genauer, bringet sie euch näher und näher, bis sie euch so nahe wird, daß ihr euere Füße auf den Boden derselben setzen möget.

26] Ist Solches geschehen, so habt ihr euch mit diesem Gegenstande in eine lebendige Verbindung gesetzt; er wird euch zur Grundlage, und ihr werdet auf dieser Grundlage thätig werden können. Wenn ihr in dieser Thätigkeit es so weit werdet gebracht haben, daß ihr darin den mächtigen Zug der Liebe des Herrn in euch verspüren werdet, und diese Liebe heißer und heißer sich entzünden wird in helle Flammen übergehend, so wird dadurch eure Unterlage in allen ihren Theilen, da ihr nur immer hinblicken werdet, in selbst lebendige Formen sich auflösen nach der Art, wie sie in euch abbildlich vorhanden sind; und diese Formen werden dann rückwirkend die in euch zu Grunde liegenden belebend hervor rufen und euch selbst kund geben, wer und wo eure Grundlage ist.

27] Sehet, also ist alles Erkennen eine Folge des vorhergehenden Erschauens; das Erschauen aber die Folge des Strahlens undGegenstrahlens, oder die Folge der Kraft in euch und der Gegenkraft außer euch. - Wir haben unsere Welt uns auf diese Weise schon sehr nahe gebracht; also nur noch einen kräftigen Zug im Geiste, und wir werden uns sogleich mit unseren Füßen aus der aus euch hervorgehenden Welt befinden!

01] Johannes: Vermöget ihr hier etwas zu denken? Ihr bejahet solches. So denkt euch denn einen Gegenstand, was immer euch beliebt; suchet nicht lange, sondern nehmt das nächste beste. Wenn ihr aber den Gedanken habt, da haltet ihn fest und laßt ihn nicht weiter.

02] Ihr habt einen Gedanken gefaßt; was ist sein Bild? Ihr sagt: Es ist ein einziger Stern, den wir uns jetzt denken. Gut, sage ich euch; stellt euch den Stern so recht lebendig vor, laßt ihn nicht aus und sagt mir dann, wie euch der Stern vorkommt.

03] Ihr sprechet: Je fester wir ihn fassen, desto größer und leuchtender kommt er uns vor. Wieder gut, sage ich euch; fasset ihn noch tüchtiger und fixieret ihn mit den Blicken eurer inneren Sehe noch fester. Was seht ihr jetzt?

04] Ihr sagt: Lieber Freund und Bruder, es kommt uns vor, als finge der Stern an auseinanderzugehen gleich einer Blüteknospe im Frühjahre, sein Licht wird noch stärker und mächtiger, und es kommt uns vor, als gewönne der Stern an seinem Flächenraume und ist schon meßbar.

05] Abermals gut, sage ich euch; vertiefet euch aber nur noch inniger, macht eure Blicke groß und fest und wollt fest in euch den Stern näher entwickelt haben; dann sagt mir, wie euch nach dieser Betrachtung der Stern vorkommt.

06] Ihr sagt: Lieber Freund und Bruder, der Stern hat bereits Mondesgröße bekommen, und sein Licht blendet schon nahe die Sehe unseres Geistes!

07] Wieder gut, sage ich euch. Es ist also; denn ich ersehe den Strahlenglanz eures Sternes ja schon aus euren Augen. Ich aber sage euch nun weiter: Laßt ja den Stern nicht aus, sondern betrachtet ihn inniger und inniger und fester und fester und werdet mächtiger in eurem Wollen, so wird sich der Stern alsbald nach der Macht eures Wollens und Schauens richten. Was erschaut ihr nun?

08] Ich sehe schon, wie ihr voll Erstaunens werdet, denn ihr seht euren Stern schon so erweitert und vergrößert vor euch, daß ihr mit leichter Mühe große, erhabene Einzelheiten desselben ausnehmt. Nun bemerkt ihr sogar schon Bewegungen auf der Oberfläche dieses groß gewordenen Sternes. Ihr möchtet zwar schon im voraus wissen, was diese Bewegungen sind und was sich da bewegt. Ich aber sage euch nichts; denn nun sollt ihr selbst alles finden.

09] Fixieret euren Stern nur noch fester und stärker und mächtige euer Wollen, und es soll sich sogleich zeigen, was diese Bewegungen sind und was sich da bewegt. Was habt ihr denn für Gedanken bei diesen erschauten Bewegungen?

10] Ihr sagt: Wir denken dabei an Wolken und an ein wogendes Meer.

11] Ich sage euch: Haltet jetzt auf dem Sterne, den ihr nicht mehr verlieren könnt, auch diese Gedanken fest und sagt mir dann, was ihr erschaut.

12] Ihr fragt nun: Lieber Freund und Bruder im Herrn! Wir erschauen nun im Ernste, wie über uns schon sehr nahe stehenden Weltflächen Wolken hin und her ziehen, und zwischen den großen Landflächen entdecken wir noch größere Flächen wogenden Meeres. Wir sehen auch schon große Unebenheiten der weitgedehnten Ländereien und ersehen leuchtende Inseln inmitten der großen Meeresflächen; aber weiter können wir noch nichts ausnehmen.

13] Gut, sage ich euch; ziehet euch nun die großen Ländereien und die großen Meeresflächen dieses eures Sternes nur näher, und ihr werdet gleich mehreres darauf erschauen. Ich merke schon aus euren Augen, daß ihr meinen Rat befolgt. Nun, was erschaut ihr denn nun?

14] Ihr sprechet: Siehe da, das Land ist uns schon äußerst nahe gekommen. Wir entdecken nun schon weitgedehnte Wälder, auch eine Menge zerstreuter Wohnhäuser von einer sehr seltsamen Form sowie große Flüsse. Und siehe, nun können wir auch schon kleinere Bäche ausnehmen, und an den Ufern des großen Meeres entdecken wir auch hier und da wie Städte errichtet; auch Bewegungen auf der Oberfläche des Gewässers wie von allerlei Schiffen können wir entnehmen.

15] Nun gut; was meint ihr wohl, woher dieses alles kommt? Ihr sprechet: Lieber Frevnd und Bruder, wir wissen es nicht. Ich aber frage euch: Woher kam denn der Stern? Ihr sagt: Diesen dachten wir und hielten ihn dann fest in unseren Gedanken.

16] Nun, wenn der Stern aus euch kam, woher sollte denn seine Entwicklung anders kommen als von euch? Denn als der Stern durch euer Festhalten größer und größer ward, da entwickelte er durch seine Größe in euch den mit der Begierde gefüllten Gedanken, an dem Sterne selbst eine Welt zu erschauen. Diesen Gedanken hieltet ihr dann unwillkürlich mit dem Sterne selbst fest und waret dadurch Schöpfer alles dessen, was ihr nun auf der weitgedehnten Oberfläche dieses Sternes erblicket.

17] Ihr wißt aber, daß ohne Kraft und Gegenkraft ewig nie an eine Wirkung gedacht werden kann. Also sage ich zu euch und frage euch: Warum konntet ihr denn einen Stern anfangs denken? Ihr seht mich groß an; ich aber sage euch: Weil nicht nur ein sondern gar viele Sterne in eurem Geiste in kleinster Abbildgestalt zugrunde liegen. Aus diesen vielen Sternen habt ihr ein Exemplar aus euch genommen und es euch stets näher und näher beschaullich vorgestellt.

18] Wie war aber die Vergrößerung dieses kleinsten Abbildes möglich in euerem Geiste? Hier kommt es auf die Kraft und Gegenkraft an. Die Kraft liegt in euch, die Gegenkraft ist geschaffen und ewig gefestet von Gott. Wenn ihr die Kraft in euch hervorrufet, was ist da wohl natürlicher, als daß diese in dem Augenblicke des Hervorrufens mit der entsprechenden Gegenkraft aus Gott nach eurem Wollen stets mehr und mehr zusammenstoßen muß? Denn die Kraft liegt in euch; die Gegenkraft ist außer euch; und alles, was ihr demnach in euch hervorrufet, muß dann in Gott seinen ewig vorbildlichen Gegensatz finden. Der Stern als Gegensatz ist erschaffen von Gott, wie er ist in seiner Ordnung, Form und Gestalt; dessen vollkommen ebenmäßiges Abbild aber ist auch als abgeleitere Kraft in euch gelegt, weil euer Geist selbst ein Abbild Gottes ist.

19] Nun, wißt ihr aber, auf welche Weise alle Dinge beschaut werden? Ihr sagt: Durch das Licht. Gut, sage ich euch; das Licht fällt auch irdischermaßen genommen zum größten Teile hinaus in den unendlich großen freien Raum. Was erblicket ihr aber bei einem heiteren Tage in der wohlbeleuchteten blauen Atmosphäre? Ihr sagt: Da erblicken wir nichts, außer die blaue Farbe der Luft. Ich aber frage euch: Warum erblicket ihr da nichts? Ihr sagt: Weil es da keinen Gegenstand gibt. Was versteht ihr aber unter einem Gegenstande? Warum sagt ihr nicht lieber Vorstand als Gegenstand? Ihr wißt nicht, was ihr da sagen sollet; ich aber sage euch: Wenn ihr ein Ding beschaut nach seiner Form, so ist das Ding doch offenbar etwas, das euch gegenübersteht, also ein Gegen-stand. Wenn aber etwas zwischen das Ding und euch gestellt würde, etwa eine Wand, ein Schleier, eine Wolke, so würdet ihr doch sicher sagen: Dieses steht uns vor dem Gegenstande, den wir beschauen möchten, und ist somit ein offenbarer Vorstand oder ein hindernder Vorgegenstand. Wenn ihr aber nun zufolge eines solchen Vorstandes den eigentlichen Gegenstand nicht erschauen möget, was wird davon wohl der Grund sein? Seht, nichts anderes, als daß euch die vom Gegenstande zurückgeworfenen Strahlen nicht begegnen können, und somit auch nicht das in euch schon zugrunde liegende Vorbild belebend hervorzurufen vermögen.

20] Wißt, so ihr nicht in euch hättet die Sonne, und brenneten deren Millionen am Himmel, so möchtet ihr nicht eine erschauen! Und hättet ihr nicht in euch die Erde und alles, was in ihr und auf ihr ist vom Atome angefangen bis zur größten allgemeinen Form hinüber vollkommen, so könntet ihr nicht eines der Dinge erschauen und keines derselben denken und dasselbe im Worte aussprechen.

21] Und hättet ihr ferner nicht das ganze Universum in euch, da wäre sternlos der ganze Himmel für euer Auge. Und hättet ihr also nicht in euch das geistige Reich der Himmel und das ewige Leben aus dem Herrn, wahrlich, ihr könntet dasselbe weder denken noch aussprechen. - Wie sich aber dieses alles verhält, also ist es zu nehmen mit der Kraft und Gegenkraft.

22] Auf der naturmäßigen Welt ruft der von außen in euch fallende Strahl das in euch ruhende Ebenmaß hervor, und ihr erschaut durch die Wirkung der Gegenkraft und der Kraft in euch den also beschauten Gegenstand.

23] Wie geht denn solches im Geiste vor sich? Wie ist das rechte geistige Schauen bestellt? Gerade umgekehrt. Ihr nehmet ein Abbild aus euch. Dieses Abbild findet aber sobald seinen Gegensatz, wenn es in euch fest hervorgerufen wird. Je mehr ihr nun den in euch gefaßten Gegenstand festhaltet, desto mehr strebt dieser seinen ewig gestellten Gegensatz an, entwickelt ihn mehr und mehr und macht ihn eben also auch stets beschaulicher.

24] Wenn ihr wie durch euren vorliegenden Stern es mit der inneren Bschauung so weit gebracht habt, daß er sich euch schon sehr ausgebreitet und enthüllt darstellt, so sollt ihr nicht denken, solches sei etwa ein Werk einer leeren Phantasie. O nein! Das ist es nicht im geringsten, sondern es ist volle Wirklichkeit. Aber nur ist sie noch unbekannt in ihrem Grunde, woher sie ist und wo sie ruht. Kann man denn solches nicht erfahren? O sicher; denn wo die Wirklichkeit ruht, da ruht auch ihr Name, ihre Ordnung, ihr Wirkungskreis und ihr Standort.

25] Es heißt aber im Worte des Herrn: »Aus den Früchten möget ihr den Baum erkennen.« Wenn wir solches wissen, da wird es wohl nicht schwer sein, auf die Wirklichkeit dessen zu kommen, was sich nun vor euren Blicken schon so nahe entwickelt hat. Daher versuchet euch in der erhöhten Tätigkeit eures Geistes: Beschaut die vorliegende Welt genauer, bringt sie euch näher und näher, bis sie euch so nahe wird, daß ihr eure Füße auf den Boden derselben setzen möget.

26] Ist solches geschehen, so habt ihr euch mit diesem Gegenstande in eine lebendige Verbindung gesetzt; er wird euch zur Grundlage, und ihr werdet auf dieser Grundlage tätig werden können. Wenn ihr es in dieser Tätigkeit werdet so weit gebracht haben, daß ihr darin den mächtigen Zug der Liebe des Herrn in euch verspüren werdet, und diese Liebe heißer und heißer wird und wird sich entzünden, in helle Flammen übergehend, so wird dadurch eure Unterlage in allen ihren Teilen, wo ihr nur immer hinblicken werdet, in selbst lebendige Formen sich auflösen nach der Art, wie sie in euch abbildlich vorhanden sind. Diese Formen werden dann rückwirkend die in euch zugrunde liegenden belebend hervorrufen und werden euch selbst kundgeben, wer und wo eure Grundlage ist.

27] Seht, also ist alles Erkennen eine Folge des vorhergehenden Erschauens; das Erschauen aber die Folge des Strahlens und Gegenstrahlens oder die Folge der Kraft in euch und der Gegenkraft außer euch. - Wir haben unsere Welt uns auf diese Weise schon sehr nahe gebracht; also nur noch einen kräftigen Zug im Geiste, und wir werden uns sogleich mit unseren Füßen auf der aus euch hervorgehenden Welt befinden!

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