Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


18] Wer dieses von euch noch nie sollte empfunden haben, weil er noch nie aufmerksam darauf gemacht wurde, der mache sich nur einmal die Mühe und gehe oder fahre von hier aus nur zwei Stunden weit gegen Süden, z.B. nach dem sogenannten »Feldkirchen« oder »Straßgang« oder »Fernitz«, und kehre dann wieder zurück und notiere sich die Gefühle, die ihm dabei vorgekommen sind sich seiner bemeisternd, als er sein Gemach wieder betrat. Am nächsten Tage aber mache er die entgegengesetzte Reise, kehre zurück und tue in seinem Gemache dasselbe, und er wird gewiß recht gewaltigen Unterschied in feinen Gefühlen bemerken.

19] Nun aber fragt sich, worin denn der Grund solcher Erscheinungen liegt? Die Beantwortung dieser Frage ist der eigentliche Hebel auf eine höhere Stufe. - Seht, so wie ihr bei irgendeinem Unterrichte, je nachdem derselbe geartet war (da sein Stoff entweder ein geschichtlicher ein technischer, ein geologischer, ein mathematischer, ein religiöser war) - allezeit gewiß anders denken und empfinden werdet, so ist dieses um so mehr der Fall, wenn ihr in Meiner großen Unterrichtssphäre wandelt, denn da rede Ich durch alle die vorbenannten und noch tausend andere Erscheinungen beständig zu eurem Geiste.

20] Allein, wie ihr schon wisst, ist den Tauben und Blinden hart predigen; denn diese empfinden höchstens den Geruch der Speise, wie aber die Speise aussieht, das sehen sie nicht. Und wenn man ihnen sagt, woraus und wie sie verfertigt ist, so hören sie das nicht, weil sie taub sind. - Seht, so sind auch alle diese Erscheinungen zahllose, wohl zubereitete Speisen für den Geist! Aber in diesen vorbenannten Gefühls-Modifikationen empfindet ihr nur den Geruch dieser Speisen, aber sehen könnt ihr sie nicht, da ihr ebenfalls noch blind seid. Und wie sie zubereitet sind, das könntet ihr ebenfalls nicht vernehmen, der noch obwaltenden großen Taubheit wegen.

21] Das aber ist die höhere Stufe, daß Ich euch in dieser Vorbetrachtung eine kleine Augensalbe gebe, vermöge welcher ihr ein wenig sehend werden sollt, und zwar in eurem Herzen, um hernach aus diesen Erscheinungen verständig in der Mitte eures Herzens zu denken, daß dergleichen Dinge nicht geschehen ihrer selbst willen, sondern so, wie ein Professor nicht seiner selbst willen auf den Katheder tritt, sondern seiner Schüler wegen.



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