Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


07] Desgleichen sollt auch ihr tun und nicht eher nach der Weisheit trachten, sondern nach der wahren, reinen Liebe, die da entspricht Meinen Füßen und daraus zunächst (nach der Läuterung) eurer Liebe, die in ihrer größten Reinheit doch noch immer etwas Sinnliches an sich hat (und demnach ist gleich den 'Füßen' aus Mir, auf welchen allein ihr zum Leben eingeben könnt). Daher soll auch euch vorderhand nicht gestattet sein, Meine Weisheit 'anzurühren', bevor nicht Meine Füße in aller Liebe erfaßt worden sind.

08] So ihr aber sagt: »Herr, wie ist hernach die Antastung des Thomas zu verstehen?« - Da sage Ich: Auch er mußte seine Blicke an die Wundmale der Füße und Hände richten, bevor Ich ihn hieß anzurühren Meine breite und weite Wunde der Brust. - Damit aber dir, Frager, dein eigener Widerspruch klarer werde, so will Ich dir noch einen Grund davon zeigen, warum Ich zu Magdalena vorerst sagte: »Rühre Mich nicht an!« und hernach aber doch zuließ, daß sie mit den übrigen Meine Füße umklammerte.

09] Siehe, Magdalena war auch sinnlich in Mich bis zur Eifersucht verliebt und hielt Mich förmlich für ihren einzig erwählten Liebhaber. Sie hatte von Mir nur die Meinung, daß Ich ein großer Prophet sei, aber Meine Göttlichkeit war ihr noch fremd. In Anbetracht ihres verliebten Herzens hatte somit durch Mein Leiden und Sterben auch niemand so viel verloren wie gerade sie, da sie nicht nur ihren Retter, Herrn und Meister, sondern im Ernste ihres Herzens auch ihren einzigen Geliebten verloren hatte; daher sie auch untröstlich war.

10] Seht, daher kam's denn auch, daß sie die erste war, die sich nach Mir erkundigte im Beisein der übrigen, die ebendasselbe mehr aus andächtiger Trauer als aus solch unbesiegbarer Liebe taten.

11] Als sie Mich, ihren verlorenen Geliebten, nun auf einmal vor sich stehen sah, da war ihr Herz aus allen Fesseln gehoben. Sie schrie auf und wollte alsogleich im Ausbruch ihrer leidenschaftlichen Liebe auf Mich losstürzen. Nun aber bedenke, (wer und was) Ich bin -so wird dir klar das »Nolo me trangere! - Bedenken sollst du aber auch Magdalenas starke Liebe, und dir wird klar die Umfassung Meiner Füße.

12] Und denke noch hinzu, daß Mein Liebling Johannes Mir aus der Seele, Matthäus aber aus Meinen »Füßen« schrieb, so wird dir alles dieses noch klarer werden - und begreiflich auch die große Buße der Magdalena nach Meiner vollen Auffahrt, da sie erst dadurch erfahren hat, wer eigentlich hinter ihrem vermeinten Geliebten war, worauf sie Mich dann erst durch ihre große Buße im Geiste der Demut und dadurch in aller Wahrheit hat zu lieben angefangen.



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