Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


58. Kapitel: Maronius Pillas Verteidigungsrede und guter Entschluß. Joseph als Schiedsrichter. Des Cyrenius edles Urteil. (02.11.1843)

01] Maronius aber sagte darauf zu Cyrenius: »Konsulische, kaiserliche Hoheit! Wie wohl soll ich nun noch ein staatsverdächtiger Anhänger des Herodes sein?!

02] Denn ich erkenne es ja nun, daß dieser Wüterich nach der Alleinherrschaft von Asien strebt!

03] Sollte ich ihm dazu etwa behilflich sein?! Wie wäre da solches möglich?! Mit der Handvoll Jerusalemer könnte sich Herodes höchstens über die Kinder der Juden wagen!

04] Und diese Gewalttat hat ihm schon eine solche Schlappe beigebracht, daß er ein ähnliches Unternehmen für alle Zeiten der Zeiten unterlassen wird!

05] Ich aber war ja ohnehin ein Werkzeug der Not und mußte handeln nach dem Willen dieses Wüterichs, weil er mir mit Rom drohte!

06] Da ich aber nun von dir aus ganz klar weiß, wie die Sachen stehen, und zudem auch keine Macht in meinen Händen habe und auch keine mehr haben will,

07] so sehe ich fürwahr nicht ein, wie und auf welche Art ich noch ein staatsgefährlicher Mensch sein sollte?!

08] Behalte du mich bei dir als ewige Geisel meiner Treue für Rom, und du machst mich glücklicher, als wenn du mich wieder zum Landpfleger von Palästina und Judäa machst!«

09] Diese Worte sprach Maronius ganz ernstlich, und es war seiner Rede keine Zweideutigkeit zu entnehmen.

10] Darum sprach Cyrenius zu ihm: »Gut, mein Bruder, ich will dir glauben, was du geredet hast; denn ich habe in deinen Worten nun viel Ernst gefunden!

11] Aber eines geht mir zur vollsten Bekräftigung der Wahrheit deiner Worte noch ab, und das ist das Urteil jenes weisen Mannes, dessen ich dir schon in Tyrus erwähnt habe.

12] Und siehe, dieser Mann, dieses Orakel aller Orakel, steht vor uns hier!

13] Dieser Mann hat dich bis in die innerste Gedankenregung durchschaut; darum wollen wir nun ihn fragen, was er von dir hält!

14] Und dir soll nach seinem Ausspruche geschehen! Setzt er dich wieder zum Landpfleger in Jerusalem ein, so bist du heute noch zum Landpfleger von Jerusalem ernannt;

15] tut er aber das aus höchst weisen und guten Gründen nicht, so bleibst du meine Geisel!«

16] Hier wurde Joseph darum gefragt, und er sprach: »Edelster Freund Cyrenius! Von mir aus ist Maronius nun rein, und du kannst ihm wieder seine Stelle geben ohne Bedenken!

17] Wir aber stehen in der Hand des allmächtigen, ewigen Gottes, welche Macht soll sich da gegen uns auflehnen können?!«

18] Hier hob Cyrenius seine Hand auf und sprach: »So schwöre ich denn auch dir, Maronius Pilla, beim lebendigen Gotte dieses Weisen, daß du von nun an wieder Landpfleger von Jerusalem bist!«

19] Maronius aber sprach: »Gib dies Amt jemand anderem, und behalte mich als deinen Freund bei dir; denn das macht mich glücklicher!«

20] Und Cyrenius sprach: »So sei denn mein Amtsgefährte, solange Herodes leben wird, und dann erst Oberpfleger vom ganzen Judenlande!« - Und der Maronius nahm diesen Antrag dankbar an.



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