Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


59. Kapitel: Josephs Frage nach Herodes. Maronius Pillas Antwort. Die Leidenskrone und das schreckliche Ende des Herodes. (03.11.1843)

01] Nach dem aber sprach Joseph zu Maronius: »Da ich nun durch die große Gnade meines Gottes und meines Herrn dich erkannt habe, daß in dir keine arger Wille mehr haftet,

02] so gib du mir kund, wie du es wahrgenommen wirst haben, wie da des Herodes Herz beschaffen ist gegen die Kinder, die er gemordet hat wegen des neuen Königs der Juden!

03] Ist es nicht erweicht worden durch das unschuldigste Blut der Kinder, durch das Wehklagen der Mütter?

04] Was würde er tun, so er durch eine neue Nachricht erführe, daß er unter den vielen gemordeten Kindern dennoch das rechte nicht ermordet hat?

05] Wenn er erführe, daß das rechte Kind ganz wohlbehalten irgendwo in Judäa oder Palästina noch lebe?«

06] Hier sah Maronius den Joseph ganz verdutzt an und sprach nach einer Weile:

07] »Wahrhaft tiefweisester Mann, da kann ich dir nichts anderes sagen als:

08] So du von deiner Weisheit den allerübelsten Gebrauch machen möchtest und vom Herodes zehntausend Pfund Goldes verlangen gegen dem, daß du ihm mit Bestimmtheit das rechte Kind verrietest,

09] fürwahr, du würdest diese enorme Geldsumme im voraus erhalten!

10] Denn das Gold ist dem Wüterich nichts gegen seine Herrschlust.

11] Da er des Goldes so viel hat, daß er Häuser aus purem Golde bauen könnte, so achtet er es kaum; aber wenn er sich den Thron sichern könnte, da möchte er all sein Gold ins Meer werfen und dafür eine Welt voll Menschen erschlagen!

12] Siehe, auch mich wollte er anfangs schwer bestechen mit Gold, Diamanten, Rubinen und größten Perlen:

13] allein meine echt römische Patriziertugend verwies solches streng dem alten Bluthunde.

14] Das entflammte aber seinen Zorn noch mehr, und er drohte mir dann aus seinem patriotischen Scheingrunde mit Rom.

15] Dann erst mußte ich tun, was er wollte, und es war mir kein Ausweg möglich; denn er gab mir aus eigener Hand eine Urkunde, laut welcher er die ganze Rechnung mit Rom auf sich nahm.

16] Darum war ich gezwungen zu handeln, wie es dir sicher bekannt ist.

17] Daß aber demnach von seinem Herzen bis zur Stunde nichts Gutes zu erwarten ist, des kannst du völlig versichert sein!

18] Ich glaube, mehr brauche ich dir, der du ein so tiefst Weiser bist, kaum kundzugeben von diesem wahren Könige aller Furien, von diesem lebendigen Medusenhaupte!«

19] Und Joseph sagte: »Der ewig einige, wahre Gott segne dich für diese getreuen Worte!

20] »Glaube es mir, du wirst dich überzeugen: Gott, der ewig Gerechte, wird diesem Auswurfe der Menschen noch auf der Welt eine Krone, nach der er so blutdürstig ist, aufs Haupt setzen, vor der sich alle Welt wundern wird!«

21] Hier hob das Kindlein Seine Hand hoch auf und sprach wieder ganz deutlich: »Herodes, Herodes, Ich habe keinen Fluch für dich; aber eine Krone auf dieser Welt sollst du tragen, die dir zur großen Qual wird und schmerzlicher denn die Last des Goldes, die du nach Rom zahlen mußtest!«

22] Zur Zeit, als das Kindlein dieses in Ägypten ausgesprochen hatte, ward Herodes mit Läusen übersät, und sein Gesinde hatte durch das noch übrige Leben des Herodes nichts zu tun, als ihn von den Läusen zu reinigen, die sich stets mehrten und endlich auch seines Leibes Tod herbeiführte.



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