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Kapitelinhalt 169. Kapitel: Höllischer Sturm gegen den Himmel. Jesu Warnung vor Ärgernis. Friedensgeister in der Höhe. Fruchtbare Wendung für die Scharen der Finsternis. (Am 18. Febr. 1850)

Originaltext 1. Auflage 1898 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 2. Auflage 1929 Lorber-Verlag
Versnummerierung nach 3. Aufl. 1963, Lorber-Verlag

01] Ciprian wendet nun kein Auge ab von der Szene; und Ich gebe Meinen Dienern einen Wink, und diese verstehen, was sie zu thun haben.

02] Nach einer kurzen Weile sagt Ciprian ganz ängstlich: Herr! wir werden uns am Ende dennoch zu einer Retirade bequemen müssen; denn die Hölle scheint nun alle ihre viele tausend Jahre alten Gefangenen frei zu lassen, auf daß sie wahrscheinlich mit vereinten Kräften Dich samt dem ganzen Himmel in den Beschlag zu nehmen vermöchten. Sie wandern nun ganz keck auf uns los, und die Gestalten, wahrlich, mitunter lächerlich-gräßlich. Wie sich einige aufblähen, und bald darauf wieder zusammensinken bis zur Größe eines kleinsten Affen. Ah, das ist doch alles, was man sagen kann; auch allerlei Waffen fange ich an zu entdecken; Spieße, Lanzen, Schwerter, und Schießgewehre aller Art und Gattung. Das geht ja auf einen ordentlichen Krieg los; aber gegen wen denn? gegen uns ja etwa doch nicht? Sehen sie uns denn auch, weil sie sich gerade gegen uns herrichten?"

03] Sage Ich: „Freilich gilt der Krieg von seiten der Hölle allzeit, und somit auch jetzt uns. Aber sehen können sie uns nimmer; wohl aber vermuthen sie uns hier, weil sie an der Stelle gegen uns her, die eigentlich der geistige Mittag ist, eine Art Helle wahrnehmen. Aber sie mühen sich vergeblich ab uns näher zu kommen; sie meinen es wohl, daß sie vorwärts gehen; aber ihr scheinbares Vorwärtsgehen ist ein Rückgehen, und ein sich stets mehr Entfernen von uns. Daher lassen wir sie auch traben und sich bewegen, da wir wissen, wie weit, und wohin sie mit dieser Bewegung kommen können und werden.

04] Sie werden aber mit der Weile inne, daß sie um nichts vorwärts kommen trotz alles ihres Mühens; und dieß Innewerden wird das Signal zum Ausbruche ihrer inneren Wuth sein, in der sie sich selbst gegenseitig anfallen werden, und sich zerreißen gleich wildesten Bestien ohne alle Schonung. Gebe nun nur recht, und ganz besonders auf ihre Bewegung acht!"

05] Der Ciprian giebt nun sehr wohl acht auf alles, was sich in der Bewegung der Höllenrotte ergiebt; der Miklosch und der Graf B. aber sagen einstimmig: „Herr! wohl übergroß ist Deine Langmuth und Geduld, daß Du solchem Treiben noch stets mit aller Deiner sanftmüthigsten Gelassenheit zusehen kannst! So es auf uns ankäme, so würden wir diesem Gesindel einen ganz kuriosen Ernst entgegensenden, der es sicher für ewig gehörig demüthigen solle. Nein! solch eine Efrontrie, Dir entgegenstürmen zu wollen, ja dich sogar gänzlich zu vernichten, so es natürlich möglich wäre. Nein, nein, das ist zu über- oder zu unterhöllisch arg! Solch ein Gedanke würde von uns aus schon einer ewigen Züchtigung werth sein, geschweige erst eine unternommene Handlung in solch einer allerhöllischesten Absicht."

06] Rede Ich: „Meine lieben Kindlein, lasset bei Seite, was nur immer den Namen Aerger hat; denn sehet, aller noch so geringe Aerger entstammt der Hölle, und verträgt sich nie mit der reinsten Natur Meiner himmlischen, noch kleinen Kindlein, als wie ihr es nun noch seid. Ihr müsset euch überhaupt über gar keine Erscheinung, wie böse sie auch immer aussehen möge, auch nur im geringsten ärgern; denn das Aergern der Kinder der Himmel verleiht der Hölle einen Vorschub, und giebt ihr Stoff zum Wiederärger, den sie nur zu leicht und zu bald vergrößert und in einen neuen Effektivstand setzt. Denket aber dafür in eurem Herzen, daß dieß alles also geschehen muß, so in jene Grotte auch einmal ein sanfteres Licht dringen solle; denket, daß die ganze Hölle aus Wesen bestehet, die gewisserart theils wohl durch ihre Geschichte und zum Theile durch die Geschichte der Weltgroßen zu solchen Teufeln geworden sind, und ihr geistiges Leben gänzlich verwirket haben. Sie sind nun unendlich unglücklich, und werden noch stets unglücklicher werden. An uns aber, die wir alle Macht inne haben, liegt es nun - ihnen so viel als möglich zu helfen, und zwar durch jedes Mittel, durch das eine Hülfe noch als möglich erscheint.

07] „Dieser nun bevorstehende Kampf, den sie gegen uns unternehmen, setzt ihr mattestes Scheinleben in eine größere Thätigkeit, durch die sie vor der totalen Auflösung geschützet werden; durch den fehlgeschlagenen Versuch werden sie dann wieder in die Kenntniß gesetzt, daß sie gegen Gott nichts vermögen, und es werden dann Viele aus ihrer Rotte bescheidener werden, und sich bei einer ähnlichen künftigen Unternehmung nicht mehr betheiligen; und das ist dann ein wirklicher Vorschritt dieser verlorenen Schafe; und für sie stehen uns dann schon wieder eine zahllose Menge der wirksamsten Mittel zu Gebote, sie in eine hellere Belebung zu leiten, ohne sich direkt an ihrem freien Willen, der ihr Leben ist, zu vergreifen; daß aber derlei Bäume nicht mit einem Hiebe gefällt werden dürfen, das werdet ihr hoffentlich einsehen?"

08] Spr. der Miklosch: „O ja, Herr und Vater! nun ist uns schon wieder alles klar, und es ist alles gut, was Du, o Herr, anordnest. Aber nun entdecke ich, daß auf den Spitzen der überhohen Gebirge sich auch lichte Geister stets mehr und mehr anzuhäufen beginnen; auch auf der höchsten Spitze stehen neben den zwei ersten eine Menge anderer uns ganz unbekannter kräftigster Engel; und da, da seht in die Lüfte empor! ungeheure Schaaren schweben in wohlgeordneten Reihen, und haben ein scharfes Auge auf die Bewegungen der höllischen Rotte; und die Höllrotten scheinen sie zu bemerken, weil sie nun auf einmal ihre allergrimmigsten Gesichter aufwärts richten, und ihre Wurfgeschütze aufwärts zu richten beginnen."

09] Spricht Ciprian: „Ja, ja, Bruder Miklosch, hast recht; dort nahe an der wahren Teufelsgrotte habe ich schon eine Art Raketen in die Höhe steigen gesehen, die aber nicht bis zur Achtelhöhe des Gebirgs gekommen sind; auch sehe ich nun, wie ganze Massen an den schwarzgrauen Felswänden aufwärts zu klimmen anfangen, aber ganz verzweifelt schlechte Fortschritte machen; von unten her werden sie ganz entsetzlich bedroht, und zum weitern Emporklimmen scheinen sie auch keine bedeutende Lust zu haben. Nein, die Geschichte fängt an ein ganz entsetzlich tragisches Aussehen zu bekommen. O Million! nun ist eine ganze Rotte über eine sehr hohe und steile Wand herabgestürzt, und wird nun sogleich wieder angetrieben, neu aufwärts zu klimmen anzufangen, und sie sträubt sich, indem sie an die Unmöglichkeit hinweiset; aber man fängt an, sie mit glühenden Spießen zu touchiren. Ah, das ist schauderhaft!"

10] Rede Ich: „Gebet nun nur Alle genau Acht; denn nun beginnt die eigentliche Hetze. Nun solle aber der Miklosch, der mehr gelassenen Geistes ist, die Szene weiter erzählen, gerade wie sie vor sich geht, und zwar ohne alle verwunderlichen Nebenexklamationen; also sei es!"

11] Spricht der Miklosch: „Herr und Vater! ich armes sündiges Wesen danke Dir aus aller Tiefe meines Herzens für diesen herrlichen und großen Auftrag - den Bruder Ciprian abzulösen, in diesem wahrlich nicht wenig sicher jeden auch noch so standhaften Geistes seienden Beobachter höchst in den Anspruch nehmenden Geschäfte; aber ich muß es danebst aber auch sogleich offen bekennen, daß es mir dabei um nichts besser gehen wird; denn die Erfolge jener höllischen Mühen sind eben für die Hölle und ihre Streiter zu grell und allen möglichen Schauder erregend, als daß selbst das beherzteste und gelassenste Gemüth dabei ohne alle Erschütterung bestehen könnte. Daher bitte ich Dich zu diesem Zwecke wohl um eine ganz besondere Stärkung, so ich da mitten in der Nacherzählung des Geschauten nicht schon beim dritten Satze solle stecken bleiben. In Deinem allmächtigsten und heiligsten Namen will ich's dann versuchen, wie es mir mit dem Nacherzählen gehen wird.

12] Soeben stürzt eine ganze große Felswand über eine große Menge, die hinaufzuklimmen genöthigt wurden, ein, und begräbt und zerschlägt eine große Masse der höllischen Streiter, und hinter der eingestürzten Wand ergießt sich lichterlohe eine gräßlich brausende und zischende Lavafluth, und begräbt in ihrem raschen Vordrange beiweitem mehrere, als ehedem die eingestürzte Wand. Nun erseh' ich auch wieder den schon sehr verunstalteten Kado und dessen Prinzipal; sie scheinen im Vordergrunde Rath zu halten, was da weiters zu thun und zu unternehmen sein wird, indem da, wie es scheint, kein Teufel mehr eine Lust zeigt, über die schroffsten und steilsten Felsenabhänge hinauf für nichts und wieder nichts zu klettern; die mächtigeren Teufel treiben die schwächeren wohl noch sehr echt höllisch energisch an; aber wie ich es merke, so ist da von irgend einer Obedienz gar keine Rede mehr, und ein jeder vor dem Lavastrome fliehend scheint nun allein nur dem eigenen Willen zu gehorchen. Welch ein gräßliches Jammergeschrei, welch ein Elend, welch eine namenlose Noth! Es brechen nun aus mehreren Ritzen und Spalten des Gebirgs glühende Lavaergüsse hervor, und stürzen gleich gewaltigsten Wasserfällen in die Tiefe herab; dort mehr rechts über eine ungeheure Felsenwand stürzt gleich einem Niagara-Falle in Nordamerika eine allerfurchtbarst große Masse des glühendsten geschmolznen Erzes unter dem furchtbarsten Krachen und Donnern in die Tiefe herab, und die Rotten groß und klein fliehen vor den gegen sie herwogenden Feuerfluthen, und heulen und fluchen ganz entsetzlich.

13] Kado und sein Prinzipal machen auch eine ziemlich schnelle Bewegung mehr gegen uns her, und klimmen nun auf einen mäßig hohen Hügel, der sich zu unserer Linken befindet; und der Kado macht dem Prinzipale, wie ich's nun recht deutlich vernehme, recht scharfe Vorwürfe ob dessen von ihm zum Voraus bestens eingesehener und abgerathener Ausführbarkeit eines allerwahnsinnigsten Planes, die allmächtigste Gottheit besiegen zu wollen. Nun habe er den Sieg vor seinen dummsten Krokodilsaugen! Er solle nun die Löcher zustopfen gehen, damit die Gottheit über ihn und sein über alle Begriffe maltraitirtes Heer so reichlichst aus allen tausend Schlünden des unersteigbar hohen und steilsten Gebirges so ganz mir und dir nichts Feuerfluthen hervorsprudeln läßt, und solle auch die Begrabenen hervorholen. Aber der Prinzipal macht ihm die Bemerkung, daß dieß alles blos nur so ein blinder Lärm wäre, und diese Feuerfluth bald erschöpft sein werde.

14] Der Kado lacht dazu gräßlich höhnisch und sagt: »O du verflucht dümmster Teufel! da sieh ein wenig hinauf, wie da stets neue allergewaltigste Quellen sich aufthun, und wie die rasche Glühfluth auch in wenig Augenblicken unsern Hügel, der uns bis jetzt noch schützt, umspielen wird, und du wirst es leicht gewahren, wie bald nach deiner dummsten Idee der Gottheit Zornquellen versiegen werden. Da sieh' hin gegen die Grotte, deren löbliches Innere wahrscheinlich deine Königswohnung ist; sie ist bereits voll des glühendst fließenden Erzes, über dessen wogenden und dampfenden Spiegel sich ganze Schaaren deiner mächtigsten Kämpfer allerschaudererregendst schwimmend befinden, und mit des Feuerstromes breiter und rascher Fluth höchst wahrscheinlich in einen endlosen Abgrund hinabgeschwemmt werden. Das wäre mir ein Sieg, ganz gehorsamer Diener! Ich hoffe, du wirst doch wieder bald einen Feldzug gegen die Gottheit unternehmen! O Herr Je-! die Fluth hat bereits auch unsern Hügel erreicht, nun heißt es weiter fliehen, sonst werden auch wir Beide in diese Schwimmanstalt der Gottheit aufgenommen werden.« - Der Prinzipal ersieht nun die höchste Gefahr und schreit: »Dorthin gen Abend, wo einige tapferste meiner Kämpen hinfliehen, fliehen auch wir, aber nur eiligst, sonst sind wir verloren.«

15] Spricht Kado: »Schöne Tapferkeit bei einem so gräßlichen Fersengeld?! O, ich war ein großer Esel und überdummster Teufel! Zwei so grundehrliche Boten hatte die Gottheit an mich schlechtestes Luder abgesandt, und ich verschmähte sie; nun sehe ich meinen allergräßlichsten Untergang, und kein Retter mehr naht sich mir.« - Schreiet der Prinzipal: »Fliehe! sonst bist du verloren; denn diese Fluth ist arg, den sie begräbt, der ist begraben für ewig! Ich fliehe nun!« - Mit diesen Worten stürzt nun der Prinzipal jählings den Hügel hinab;

16] der Kado aber bleibet, und schreiet dem Prinzipal nach: »Fliehe nur, Satan! Der ewigen allmächtigen Gottheit wirst du ebensowenig entfliehen, als wie ich, der ich gar nicht fliehen will. Wir Beide haben dieß Loos wohl verdient; daher werden wir ihm auch nicht entfliehen; denn der Gottheit Rachefinger umspannet die Unendlichkeit.«

01] Cyprian wendet nun kein Auge ab von der Szene. - Ich aber gebe Meinen Dienern einen Wink, und diese verstehen, was sie zu tun haben.

02] Nach einer kurzen Weile sagt Cyprian ganz ängstlich: "Herr, wir werden uns am Ende dennoch zu einem Rückzuge bequemen müssen; denn die Hölle scheint nun alle ihre viele tausend Jahre alten Gefangenen freizulassen, auf daß sie wahrscheinlich mit vereinten Kräften Dich samt dem ganzen Himmel in Beschlag zu nehmen vermöchten. Sie wandern nun ganz keck auf uns los! Und diese Gestalten - wahrlich mitunter lächerlich gräßlich! Wie sich einige aufblähen und bald darauf wieder zusammensinken bis zur Größe eines kleinsten Affen! Ah, das ist doch alles, was man sagen kann! Auch allerlei Waffen fange ich an zu entdecken! Spieße, Lanzen, Schwerter und Schießgewehre aller Art und Gattung! Das geht ja auf einen ordentlichen Krieg los! Aber gegen wen denn? Gegen uns ja etwa doch nicht? Sehen sie uns denn auch, weil sie sich gerade gegen uns her richten?"

03] Sage Ich: "Freilich gilt der Krieg von seiten der Hölle allzeit und somit auch jetzt - uns! Aber sehen können sie uns nimmer; wohl aber vermuten sie uns hier, weil sie an der Stelle gegen uns her, die eigentlich der geistige Mittag ist, eine Art Helle wahrnehmen. Aber sie mühen sich vergeblich ab, uns näher zu kommen. Sie meinen wohl, daß sie vorwärts gehen; aber ihr scheinbares Vorwärtsgehen ist ein Rückgehen und ein stets mehr sichentfernen von uns. Daher lassen wir sie auch traben und sich bewegen, da wir wissen, wie weit und wohin sie mit dieser Bewegung kommen können und werden.

04] Sie werden aber mit der Weile inne, daß sie um nichts vorwärtskommen, trotz all ihres Mühens. Und dies Innewerden wird das Zeichen zum Ausbruche ihrer inneren Wut sein, in der sie sich selbst gegenseitig ohne alle Schonung anfallen und zerreißen werden gleich wilden Bestien. Gebe jetzt nur recht acht, ganz besonders auf ihre Bewegung!"

05] Cyprian gibt nun sehr wohl acht auf alles, was sich in der Bewegung der Höllenrotte ergibt. Miklosch und der Graf Bathianyi aber sagen einstimmig: "Herr, wohl übergroß ist Deine Langmut und Geduld, daß Du solchem Treiben noch stets mit all Deiner sanftmütigsten Gelassenheit zusehen kannst! So es auf uns ankäme, so würden wir diesem Gesindel einen ganz kuriosen Ernst entgegensenden, der es sicher für ewig gehörig demütigen sollte. Nein, solch eine Frechheit, sich Dir entgegenstemmen zu wollen, ja Dich sogar, so es möglich wäre, gänzlich zu vernichten! Nein, nein, das ist zu über- oder zu unterhöllisch arg! Solch ein Gedanke würde von uns aus schon einer ewigen Züchtigung wert sein, geschweige erst eine unternommene Handlung in solch einer allerhöllischesten Absicht."

06] Rede Ich: "Meine lieben Kindlein, lasset beiseite, was nur immer den Namen Ärger hat! Denn sehet, aller noch so geringer Ärger entstammt der Hölle und verträgt sich nie mit der reinen Natur Meiner himmlischen, noch kleinen Kindlein, als wie ihr es nun noch seid. Ihr müsset euch überhaupt über gar keine Erscheinung, wie böse sie auch immer aussehen möge, auch nur im geringsten ärgern. Denn das Ärgern der Kinder der Himmel verleiht der Hölle einen Vorschub und gibt ihr Stoff zum Wiederärger, den sie nur zu leicht und zu bald vergrößert und in einen neuen Wirkungsstand setzt. Denket aber dafür in euerm Herzen, daß dies alles also geschehen muß, so in jene Grotte auch einmal ein sanfteres Licht dringen soll! Denket, daß die ganze Hölle aus Wesen besteht, die gewisserart teils wohl durch ihre Geschichte und zum Teile durch die Geschichte der Weltgroßen zu solchen Teufeln geworden sind und ihr geistiges Leben gänzlich verwirkt haben. Sie sind nun unendlich unglücklich und werden noch stets unglücklicher werden. An uns aber, die wir alle Macht innehaben, liegt es nun - ihnen so viel als möglich zu helfen, und zwar durch jedes Mittel, durch das eine Hilfe noch als möglich erscheint.

07] Dieser nun bevorstehende Kampf, den sie gegen uns unternehmen, setzt ihr mattes Scheinleben in eine größere Tätigkeit, durch die sie vor der völligen Auflösung geschützt werden. Durch den fehlgeschlagenen Versuch werden sie dann wieder in Kenntnis gesetzt, daß sie gegen Gott nichts vermögen; und es werden dann viele aus ihrer Rotte bescheidener werden und sich bei einer ähnlichen künftigen Unternehmung nicht mehr beteiligen. Und das ist dann ein wirklicher Fortschritt dieser verlorenen Schafe. Für sie stehen uns dann schon wieder eine zahllose Menge der wirksamsten Mittel zu Gebote, sie in eine etwas hellere Belebung zu leiten, ohne uns direkt an ihrem freien Willen, der ihr Leben ist, zu vergreifen. Daß aber derlei Bäume nicht mit einem Hiebe gefällt werden dürfen, das werdet ihr hoffentlich einsehen?"

08] Spricht Miklosch: "O ja, Herr und Vater! Nun ist uns schon wieder alles klar, und es ist alles gut, was Du, o Herr, anordnest! - Aber nun entdecke ich, daß aus den Spitzen der überhohen Gebirge sich auch lichte Geister stets mehr und mehr anzuhäufen beginnen. Auch auf der höchsten Spitze stehen neben den zwei ersten eine Menge anderer uns ganz unbekannter kräftigster Engel! - Und da, da seht in die Lüfte empor! Ungeheure Scharen schweben in wohlgeordneten Reihen und haben ein scharfes Auge auf die Bewegungen der höllischen Rotte. Und die Höllenrotten scheinen sie zu bemerken, weil sie nun aus einmal ihre allergrimmigsten Gesichter erheben und ihre Wurfgeschütze aufwärts zu richten beginnen."

09] Spricht Cyprian: "Ja, ja, Bruder Miklosch, hast recht! Dort nahe an der wahren Teufelsgrotte habe ich schon eine Art Raketen in die Höhe steigen gesehen, die aber nicht bis zur Achtelhöhe des Gebirges gekommen sind. Auch sehe ich nun, wie ganze Massen an den schwarzgrauen Felswänden auswärts zu klimmen anfangen, aber ganz verzweifelt schlechte Forschritte machen. Von unten her werden sie ganz entsetzlich bedroht, und zum weiteren Emporklimmen scheinen sie auch keine bedeutende Lust zu haben. Nein, die Geschichte fängt an, ein ganz entsetzlich tragisches Aussehen zu bekommen! - O Million! Nun ist eine ganze Rotte über eine sehr hohe und steile Wand herabgestürzt und wird nun sogleich wieder angetrieben, neu auswärts zu klimmen. Sie sträubt sich, indem sie auf die Unmöglichkeit hinweist; aber man fängt an, sie mit glühenden Spießen zu bearbeiten. Ah, das ist schauderhaft!"

10] Rede Ich: "Gebet jetzt nur alle genau acht; denn nun beginnt die eigentliche Hetze! - Nun soll aber der Miklosch, der mehr gelassenen Geistes ist, die Szene weiter erzählen, gerade wie sie vor sich geht - und zwar ohne alle verwunderlichen Zwischenrufe! - Also sei es!"

11] Spricht Miklosch: "Herr und Vater! Ich armes, sündiges Wesen danke Dir aus aller Tiefe meines Herzens für diesen herrlichen und großen Auftrag, den Bruder Cyprian abzulösen in diesem wahrlich jeden noch so standhaften Beobachter höchst in Anspruch nehmenden Geschäfte. Aber ich muß es danebst auch sogleich offen bekennen, daß es mir dabei um nichts besser gehen wird. Denn die Erfolge jener höllischen Mühen sind selbst für die Hölle und ihre Streiter zu grell und schaudererregend, als daß selbst das beherzteste Gemüt dabei ohne Erschütterung bestehen könnte. Daher bitte ich Dich zu diesem Zwecke wohl um eine ganz besondere Stärkung, so ich da nicht mitten in der Nacherzählung des Geschauten schon beim dritten Satze steckenbleiben soll. In Deinem allmächtigsten und heiligsten Namen will ich dann versuchen, wie es mir mit dem Nacherzählen gehen wird.

12] Soeben stürzt eine ganze große Felswand über eine große Menge, die hinaufzuklimmen genötigt wurden, und begräbt und zerschlägt eine große Masse der höllischen Streiter. Und hinter der eingestürzten Wand ergießt sich lichterloh eine gräßlich brausende und zischende Lavaflut und begräbt in ihrem raschen Vordringen bei weitem mehrere als eheden die eingestürzte Wand. Nun ersehe ich auch wieder den schon sehr verunstalteten Cado und dessen Häuptling. Sie scheinen im Vordergrunde Rat zu halten, was da weiteres zu tun und zu unternehmen sei, da, wie es scheint, kein Teufel mehr eine Lust zeigt, über die schroffen und steilen Felsenhänge für nichts und wieder nichts hinaufzuklettern. Die mächtigeren Teufel treiben die schwächeren wohl noch echt höllisch-energisch an; aber wie ich merke, so ist da von irgendeinem Gehorsam gar keine Rede mehr, und ein jeder, vor dem Lavastrome fliehend, scheint nun allein nur dem eigenen Willen zu gehorchen. Welch ein gräßliches Jammergeschrei, welch ein Elend, welch eine namenlose Not! Es brechen nun aus mehreren Ritzen und Spalten des Gebirges glühende Lavaergüsse hervor und stürzen gleich gewaltigsten Wasserfällen in die Tiefe herab. Dort, mehr rechts, über eine ungeheure Felsenwand, stürzt gleich einem Niagarafalle in Nordamerika eine ungeheuer große Masse des glühenden, geschmolzenen Erzes unter dem furchtbarsten Krachen und Donnern in die Tiefe hinab. Und die Rotten, groß und klein, fliehen vor den gegen sie herwogenden Feuerfluten und heulen und fluchen ganz entsetzlich.

13] Cado und sein Häuptling machen ebenfalls eine ziemlich schnelle Bewegung mehr gegen uns her und klimmen nun auf einen mäßig hohen Hügel, der sich zu unserer Linken befindet. Cado macht dem Häuptlinge, wie ich nun recht deutlich vernehme, recht scharfe Vorwürfe ob dessen von ihm, Cado, zum voraus als unausführbar widerratenen allerwahnsinnigsten Planes, die allmächtige Gottheit besiegen zu wollen. Nun habe er den Sieg vor seinen dümmsten Krokodilsaugen! Er solle nun die Löcher zustopfen, aus denen die Gottheit über ihn und sein über alle Begriffe mißhandeltes Heer so reichlich Feuerfluten hervorsprudeln läßt, und soll auch die Begrabenen hervorholen. Aber der Häuptling macht ihm die Bemerkung, daß dies alles bloß nur so ein blinder Lärm sei und diese Feuerflut bald erschöpft sein werde.


14] Cado lacht dazu gräßlich höhnisch und sagt: »O du verflucht dümmster Teufel! Da sieh ein wenig hinaus, wie da stets neue, allergewaltigste Quellen sich auftun und wie die rasche Glühflut in wenig Augenblicken auch unsern Hügel, der uns bis jetzt noch schützt, umspülen wird, und du wirst leicht gewahren, wie bald (nach deiner dümmsten Idee!) der Gottheit Zornquellen versiegen werden! Da sieh hin gegen die Grotte, deren löbliches Innere wahrscheinlich deine Königswohnung ist, sie ist bereits voll des glühend fließenden Erzes, auf dessen wogendem und dampfendem Spiegel ganze Scharen deiner mächtigsten Kämpfer schaudererregend schwimmen und mit des Feuerstromes breiter und rascher Flut höchstwahrscheinlich in einen endlosen Abgrund hinabgeschwemmt werden. Das wäre mir ein Sieg, ganz gehorsamer Diener! Ich hoffe, du wirst doch wieder bald einen Feldzug gegen die Gottheit unternehmen!? O herrje - ! Die Flut hat bereits auch unsern Hügel erreicht, nun heißt es weiter fliehen, sonst werden auch wir beide in diese Schwimmanstalt der Gottheit aufgenommen werden!« Der Häuptling ersieht nun die höchste Gefahr und schreit: "Dorthin, gen Abend, wo einige tapferste meiner Kämpen hinfliehen, fliehen auch wir! Aber nur eiligst, sonst sind wir verloren!«


15] Spricht Cado: »Schöne Tapferkeit bei einem so gräßlichen Fersengelde! - Oh, ich war ein großer Esel und überdümmster Teufel! Zwei so grundehrliche Boten hatte die Gottheit an mich schlechtestes Luder abgesandt, und ich verschmähte sie! Nun sehe ich meinen allergräßlichten Untergang, und kein Retter mehr naht sich mir!« - Schreit der Häuptling: "Fliehe, sonst bist du verloren! Denn diese Flut ist arg! Wen sie begräbt, der ist begraben für ewig! - Ich fliehe nun!« - Mit diesen Worten stürzt der Häuptling jählings den Hügel hinab.

16] der Kado aber bleibt, und schreit dem Prinzipal nach: »Fliehe nur, Satan! Der ewigen allmächtigen Gottheit wirst du ebensowenig entfliehen, als wie ich, der ich gar nicht fliehen will. Wir beide haben dieß Los wohl verdient; daher werden wir ihm auch nicht entfliehen; denn der Gottheit Rachefinger umspannt die Unendlichkeit.«

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