Schlaf
Im Bändchen "Die Fliege" wird in Kapitel 5 die rhetorische Frage "Warum wird der Mensch natürlicherweise zur Nachtzeit schläfrig und nicht also am Tage?" wie folgt beantwortet: "Die Ursache ist zwar ganz natürlich, aber da viele das Gebiet der natürlichen Sphäre noch nicht erkannt haben, ist ihnen auch zumeist die Ursache des natürlilchen Schlafes unbekannt." Dann heißt es: "Wenn das Licht der Sonne als der positiv-polarische Teil des natürlichen Lebens seine Strahlen auf die eine oder die andere Erdhälfte nicht mehr spendet, so wechselt auf der Erde die Polarität auch immerwährend, und zwar so, daß, sooft für einen Teil der Erde die Sonne untergegangen ist, derselbe sogleich anfängt, negativ polarisch zu werden. Der negative Pol des Lebens aber entspricht vollkommen dem gleichen der Erde. Wie dieser aber an sich der natürlichen Lebenstätigkeit widerstrebt, so auch der entsprechende im Menschen, indem er die positive Elektrizität im Menschen mehr und mehr aufzehrt, und dieser somit die äußere Lebenstätigkeit auch mehr und mehr verliert, - bei welcher Gelegenheit dann jene zarten, beweglichen Teile. z. B. die Augenlider, dieses Nachlassen zuerst verspüren und sich darum auch nicht mehr aufrechtzuerhalten vermögen. Bald nach ihnen gehen auch alle anderen Teile des Leibes in denselben geschwächten Zustand über, welcher Zustand dann den natürlichen nächtlichen Schlaf bei den Menschen ausmacht. Fängt dann wieder der Morgen und der Aufgang der Sonne sich zu nähern an, so vermehrt sich auch und wird stets stärker der positive Pol, und der Mensch wird geweckter und geweckter, d. h. sein Schlafzustand wird schwächer, welches Abnehmen der negativen Polarität und verhältnismäßige Zunehmen der positiven so lange andauert, bis der Mensch vollkommen wach wird."
Diesem natürlichen nächtlichen Schlaf ganz entgegengesetzt ist der Tagesschlaf, der besonders "an einem schwülen Nachmittag" bejahrte Menschen befällt, "deren Glieder ... steifer, mühseliger und schläfriger geworden sind. Ermangelt die sie umgebende Luft an einem solchen Tage des Lebensstoffes in Hinsicht auf ihren Bedarf, so tritt dann auch bald die erwähnte Schläfrigkeit ein, und ein solcher Mensch vermag sich da nicht aufrechtzuerhalten".
"Dieser Tagesschlaf rührt nicht von einer Abnahme der positiven Elektrizität her, sondern nur von der Übersättigung mit derselben. Übersättigung aus dem Grunde, weil ein weniger regsamer Körper die aufgenommene Elektrizität nicht mehr aufzuzehren oder vielmehr auszutauschen vermag in die gerechte Vielheit der negativen. Wenn sonach das Positive anfängt zu überwiegen, so fängt dann auch das Negative in demselben Verhältnisse an, sich zu vermindern." Es ist das, als würden zwei ungleich kräftige Menschen miteinander ringen: "Je schwächer der Schwächere wird, desto mehr Gewalt bekommt der Stärkere über ihn; ist aber einmal der Schwache vollends besiegt, so hat es auch mit der Stärke des Stärkeren ein Ende, da er nichts mehr hat, auf das er seine überwiegenden Kräfte stützen könnte. Jede Kraft ist aber so gut wie keine Kraft, Sobald sie keinen Stützpunkt hat, oder nichts, an das sie sich lehnen könnte." -
Das Nachteilige eines solchen Tagesschlafes an einem mit Elektrizität überfüllten, schwülen Sommertage ist es daher, daß der Mensch in dem Augenblick sein natürliches Leben verlöre, sobald die positive Elektrizität die negative in seinem Organismus gänzlich besiegt hätte. Im Zusammenhang mit dieser gefährlichen Situation für den Menschen wird in diesem Kapitel 5 die Fliege in ihrer polarisch-elektrischen Ausgleichs-Funktion gezeigt und somit, gegebenenfalls, als Lebensretterin des Menschen im wörtlichen Sinne sowie, in jedem Falle, als Erhalterin der gesunden Luft.
Jakob Lorber | Werke Lorbers | EBooks - Lorber-Themenbearbeitungen